Demain est à nous Morgen gehört uns
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Morgen gehört uns

Inhalt / Kritik

Morgen gehoert uns
„Morgen gehört uns“ // Deutschland-Start: 15. Juli 2021 (Kino) // 9. Dezember 2021 (DVD)

Es gehörte sicherlich zu den bemerkenswertesten Urteilen des Verfassungsgerichtes der letzten Jahre: Das Klimaschutzgesetz sei verfassungswidrig, hieß es im April 2021, da es nicht weit genug in die Zukunft geregelt war und die Lasten des Klimawandels unverhältnismäßig künftigen Generationen aufbürde. Damit wurde zumindest implizit jedem das Recht auf eine Zukunft zugestanden. Dass dies nicht selbstverständlich ist, ist zuletzt immer wieder deutlich geworden, nicht nur beim Themenkomplex Klimaschutz. Zu oft verschleppen Politik und Wirtschaft notwendige Änderungen, weil sie die Kosten, Mühen oder Reaktionen scheuen. Im Zweifelsfall heißt es: Nach mir die Sintflut, sollen doch die anderen schauen, wie sie das regeln.

Kampf für die eigene Zukunft

Doch seit einiger Zeit regt sich Widerstand gegen diese Bevormundung und Gleichgültigkeit. Die von Greta Thunberg gestartete Fridays for Future Bewegung ging um die Welt, zeigte wie sich junge Menschen dafür einsetzen, dass ihnen eine zumindest noch funktionierende Welt hinterlassen wird. Auch in Morgen gehört uns hat die schwedische Aktivistin einen Auftritt. Sie ist aber nur eines von vielen Beispielen dafür, wie Kinder die Sache selbst in die Hand nehmen und für Verbesserungen eintreten. Der Klimaschutz ist auch nur eines von mehreren Themengebieten, die in dem Dokumentarfilm angesprochen werden. Denn so wichtig dieses zweifelsfrei ist: In der Gesellschaft läuft noch deutlich mehr schief, gibt es deutlich mehr Probleme, die dringend gelöst werden müssen.

Beispiel Obdachlosigkeit. Der zehnjährige Arthur verkauft selbstgemalte Bilder, um von dem Erlös Kleidung, Nahrung und andere lebensnotwendige Dinge für Obdachlose kaufen zu können. Das beschert dem Publikum einige der emotionalsten Momente in Morgen gehört uns: Ein kleiner Junge in Nordfrankreich, der sich um die Leute kümmert, die von allen anderen vergessen oder ausgestoßen wurden, das geht schon zu Herzen. Die Betroffenen nehmen diese Geschenke auch dankbar an, sind gerührt von der ungewohnten Erfahrung, wieder als Menschen wahrgenommen zu werden. Gleichzeitig sind die Szenen ernüchternd. Nicht nur, dass es eigentlich nicht Arthurs Aufgabe wäre, den Leuten zu helfen. Es ist auch keine nachhaltige Hilfe. Was wenn der Junge irgendwann nicht mehr seine Bilder verkaufen kann oder ein eigenes Leben beginnt?

Kein Film zum reinen Wohlfühlen

Auch andere Beispiele lassen einen mit gemischten Gefühlen zurück. So macht Regisseur Gilles de Maistre (Mia und der weiße Löwe) bei seiner Weltreise auch in Bolivien Halt, wo er Kevin, Jocelyn und Peter trifft. Die haben zusammen eine eigene Gewerkschaft gegründet, welche sich um die Rechte der über eine Million Kinder kümmert, die in dem südamerikanischen Land arbeiten. Dabei liegt der Fokus nicht darauf, wie man aus europäischer Sicht denken könnte, auf ein Ende der Kinderarbeit hinzuwirken. Denn die ist dort notwendig, damit die oft in extremer Armut lebenden Familien überhaupt über die Runden kommen. In Morgen gehört uns erzählen sie, dass sie vielmehr die Bedingungen verbessern wollen: Wenn schon kein Weg an der Kinderarbeit vorbeiführt, dann solle diese wenigstens geregelt sein.

Einen reinen Wohlfühlfilm hat de Maistre damit nicht gedreht. Hier kann man sich nicht im Anschluss zurücklehnen, in der Annahme, dass jetzt alles gut wird. Stattdessen zeigt Morgen gehört uns eine interessante Mischung von Themen und eine Vielfalt teils unerwarteter Antworten, welche die Kinder auf diese finden. Denn deren Vorteil ist, dass keine Gremien gebildet werden müssen. Es gibt keine Interessen von Wählern oder der Wirtschaft, die es zu berücksichtigen gilt. Stattdessen können sie sich einfach ausprobieren, auf der Suche nach einer passenden und funktionierenden Strategie: eine Mischung aus unbürokratischem Pragmatismus und vom Herzen kommenden Idealismus.

Verblüffend und hoffnungsvoll

Zum Teil ist das sehr beeindruckend. Vor allem die von dem 13-jährigen Peruaner José Adolfo gegründete Umweltbank, die aus Recycling ein Geschäft gemacht hat, verblüfft mit ihrer Effizienz und Professionalität. Abgerundet wird der Film durch die 12-jährige Aïssatou, die in ihrer Heimat Guinea gegen Kinderehen kämpft, sowie die 11-jährige Heena, die ein Magazin für indische Straßenkinder herausgibt und sich dafür einsetzt, dass jedes Schreiben und Lesen lernt. Denn wie der Titel Morgen gehört uns schon ankündigt, geht es darum, sich und anderen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Wo die Erwachsenen noch zögern, mauern oder diskutieren, da werden hier auf bewundernswerte Weise Tatsachen geschaffen, die einen bei all den Problemen doch auch irgendwie hoffnungsvoll stimmen.

Credits

OT: „Demain est à nous“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Gilles de Maistre
Musik: Marc Demais

Bilder

Trailer

Interview

Demain est à nous Morgen gehört unsWas hat ihn zu Morgen gehört uns inspiriert? Und was können wir von den Kindern lernen, die wir in dem Film sehen? Diese und weitere Fragen haben wir Regisseur Gilles de Maistre in unserem Interview zur Dokumentation gestellt.

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„Morgen gehört uns“ folgt einer Reihe von Kindern, die sich weltweit für eine Verbesserung von Lebensbedingungen einsetzen. Die Themen reichen dabei von Klimaschutz über Kinderarbeit bis zur Obdachlosigkeit. Die Maßnahmen verblüffen, machen teils betroffen und stimmen zugleich hoffnungsvoll, wenn hier im Kleinen etwas geschaffen wird, was im Großen zu oft untergeht.