Der einzige Zeuge Witness
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Der einzige Zeuge

Inhalt / Kritik

Der einzige Zeuge Witness
„Der einzige Zeuge“ // Deutschland-Start: 24. Mai 1985 (Kino) // 5. Juli 2006 (DVD)

Auf einer Reise zu seiner Tante sieht der achtjährige Jacob (Lukas Haas) durch Zufall einen Mord in einer Bahnhofstoilette. Der ermittelnde Beamte John Book (Harrison Ford) vernimmt den Jungen und seine Mutter Rachel (Kelly McGillis), die nun die einzigen Zeugen sind und ihm Hinweise auf die Identität der Täter geben können. Da es sich bei dem Opfer ebenfalls um einen Polizeibeamten handelt, soll der Fall schnell und gründlich aufgeklärt werden, weshalb Book und sein Partner in der Unterwelt der Stadt einige der üblichen Verdächtigen vernehmen und dem Jungen vorführen, ohne allerdings ein nennenswertes Ergebnis zu erzielen. Erst durch einen Zufall kommt Book einer wahren Sensation auf die Spur, denn anhand eines Fotos auf dem Polizeirevier identifiziert Jacob einen der Mörder: einen hochdekorierten Detective aus der Drogenfahndung. Doch diese Neuigkeit bleibt im Revier nicht geheim, sodass schon bald einige korrupte Kollegen auf Book Jagd machen sowie auf Jacob und seine Mutter, die John in letzter Minute in Sicherheit bringen kann. Erschöpft und angeschossen gelingt es Book, sie in ihrer Heimat, einer Gemeinde der Amischen in Lancaster, Pennsylvania.

Von Rachel und ihrer Familie wird Book schließlich gepflegt und kommt wieder auf die Beine, während in Philadelphia sein Partner und seine Familie von den korrupten Polizisten hinter dem Mord unter Druck gesetzt werden. Für Book ist klar, dass er Zeit braucht und untertauchen muss, wobei die Gesellschaft der Amischen durch ihren Verzicht auf moderne Gerätschaften die ideale Lösung sind. Jedoch erkennen auch die Ältesten der Gemeinde die Gefahr, die von dem Fremden ausgeht und welches mögliche Unheil er mit sich bringen könnte, auch wenn sich Book schon nach kurzer Zeit versucht bei ihnen als nützlich zu erweisen sowie der Gemeinde hilft. Es ist aber trotzdem nur eine Frage der Zeit, bis die Killer zu Book aufschließen.

Leben in Unschuld

Wie viele Drehbücher und Geschichten war auch Der einzige Zeuge schon durch viele Hände von Produzenten gewandert, ohne dass sich jemand ernsthaft für das Projekt der beiden Autoren Earl W. Wallace oder William Kelley interessierte, die auf die Idee wegen ihrer Mitarbeit an einer Westernshow gekommen waren. Schließlich fand die Geschichte nicht nur einen Produzenten, sondern in Peter Weir (Picknick am Valentinstag, Master and Commander – Bis ans Ende der Welt) letztlich auch einen Regisseur, der zwar zunächst abgesagt hatte wegen anderen Verpflichtungen, doch dann zusagte, sodass Der einzige Zeuge sein erster Film in Hollywood wurde. Die Mischung aus Thriller und Drama verbindet zum einen die Elemente des Neo-Noir in seiner Figurenzeichung wie auch der Welt, in der die Geschichte, doch zum anderen Themen wie Fremdheit, Freiheit und Gemeinschaft, welche sich im Gesamtwerk des Regisseurs wiederfinden.

Auch wenn im Gegensatz zum ursprünglichen Drehbuch die Aspekte der Gemeinde der Amischen heruntergefahren wurden, machen diese doch nach wie vor einen bedeutenden und wichtigen Teil der Handlung aus. Wie für den Zuschauer ist das Eintauchen in deren Kultur und Lebensweise für den Polizisten John Book eine Fremdheitserfahrung, vor allem, da ihn sein Beruf noch zusätzlich als Außenseiter brandmarkt, da die Amischen Gewalt strikt ablehnen. Wenn Book in einer Szene auf einmal in der traditionellen Tracht ihrer Kultur vor Rachel und ihrem Sohn posiert ist dies mehr als nur ein Kleiderwechsel, sondern ein Versuch der Integration, den die Kamera minutiös begleitet, sodass man bisweilen tatsächlich die Thrillerhandlung vergisst. Durch die Augen Books wie auch die Inszenierung Weirs wird die Welt der Amischen zu einer der Unschuld, die sie sich bewahren und welche im krassen Kontrast zu der übrigen Welt steht.

Gegensätzliche Welten

Von diesem Gegensatz aus verstärken sich gewissermaßen die Noir-Elemente der Geschichte. Eine Pistole wirkt auf den Zuschauer in diesem Kontext ebenso verstörend und irritierend wie auf die Bauern und Landarbeiter, was die Brutalität des Finales noch einmal besonders betont. Jene Gewalt und Verdorbenheit, welche die Amischen als Facetten der Welt „da draußen“ betrachten, bildet mehr als nur einen Kontrast, sondern führt in einer Figur wie Book zu einer Art Umdenken und einem noch viel gründlicheren Hinterfragen der eigenen Lebenswirklichkeit, was sich in dem sensiblen Spiel Harrison Fords deutlich zeigt.

Auch in der Bildsprache zeigt sich dieses Spiel mit Gegensätzen deutlich. Während in der Großstadt die dunklen Töne dominieren und das Labyrinthische zu Vorschein kommt, ist die Welt der Amischen hell, lichtdurchflutet, aber auch überschaubar und klein. Weirs Inszenierung idealisiert deren Welt nicht, zeigt ihre Grenzen auf, doch ist nicht unempfindlich, wenn es darum geht, von ihr fasziniert zu sein. Dies kommt auch in den Bildern von Kameramann John Seale deutlich zum Vorschein, der sowohl die Ursprünglichkeit wie auch die Verschlossenheit dieses Mikrokosmos hervorhebt.

Credits

OT: „Witness“
Land: USA
Jahr: 1985
Regie: Peter Weir
Drehbuch: Earl W. Wallace, William Kelley
Musik: Maurice Jarre
Kamera: John Seale
Besetzung: Harrison Ford, Kelly McGillis, Lukas Haas, Jan Rubeš, Josef Sommer, Alexander Godunov, Danny Glover

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1986 Bester Film Nominierung
Beste Regie Peter Weir Nominierung
Bester Hauptdarsteller Harrison Ford Nominierung
Bestes Original-Drehbuch Earl W. Wallace, William Kelley Sieg
Beste Musik Maurice Jarre Nominierung
Beste Kamera John Seale Nominierung
Bester Schnitt Thom Noble Sieg
Bestes Szenenbild Stan Jolley, John H. Anderson Nominierung
BAFTA Awards 1986 Bester Film Nominierung
Bester Hauptdarsteller Harrison Ford Nominierung
Beste Hauptdarstellerin Kelly McGillis Nominierung
Bestes Original-Drehbuch Earl W. Wallace, William Kelley Nominierung
Beste Musik Maurice Jarre Sieg
Beste Kamera John Seale Nominierung
Bester Schnitt Thom Noble Nominierung
Golden Globes 1986 Bester Film (Drama) Nominierung
Beste Regie Peter Weir Nominierung
Bester Hauptdarsteller (Drama) Harrison Ford Nominierung
Beste Nebendarstellerin Kelly McGillis Nominierung
Bestes Drehbuch Earl W. Wallace, William Kelley Nominierung
Beste Musik Maurice Jarre Nominierung

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"Der einzige Zeuge" ist ein Neo-Noir Drama über Wahrheit, Fremdheit und Unschuld. Neben seinen guten Darstellern beweist Regisseur Peter Weir sein Gespür für fremde, ungewohnte Welt, zeigt, wie sie funktionieren und was sie ausmacht, was teils mehr fasziniert als die Thrillerhandlung.
8
von 10