Cryptozoo

Inhalt / Kritik

Cryptozoo
„Cryptozoo“ // Deutschland-Start: 22. Oktober 2021 (MUBI)

Lauren Grey hat einen Traum: Sie möchte Fabelwesen aufspüren und in Sicherheit bringen. Denn während die meisten Menschen Einhörner oder Zentauren für Erfindungen halten, weiß die Tierärztin nur zu gut, dass sie real sind. Gemeinsam mit Phoebe, einer als Mensch getarnten Gorgonen, reist sie deshalb umher, immer auf der Suche nach neuen Kreaturen, die sie in ihrem geplanten Zoo unterbringen kann. Nur ist sie dabei nicht die einzige. So sind auch die Regierung und das Militär auf der Jagd nach dem sagenumwobene Baku, welches die Fähigkeit hat, die Träume der Menschen zu fressen. Anders als Lauren jedoch, die diese Kryptiden ausstellen und versorgen möchte, hat der Staat eine ganz andere Idee, was er mit dem Baku anfangen kann…

Die Fantasie der Gegenwart

Vier Jahre ist es her, dass Dash Shaw mit seinem ungewöhnlichen Animationsfilm My Entire High School Sinking into the Sea auf sich aufmerksam machte. Darin erzählte der US-Amerikaner mit viel Humor und absurden Einfällen, wie eine Schule aufgrund eines Erdbebens im Meer versinkt. Bei seinem zweiten Film Cryptozoo geht es nicht weniger eigenwillig bis apokalyptisch zu. Wo Shaw beim letzten Mal aber noch einigermaßen in der Realität verhaften blieb, da lässt er 2021 seiner Fantasie freien Lauf. Zumindest bei den Kreaturen ist alles erlaubt, was sich die Menschheit in den letzten paar Jahrtausenden so ausgedacht hat – und noch ein bisschen mehr.

Das soll jedoch nicht bedeuten, dass Cryptozoo reiner Eskapismus ist. Stärker als bei seinem Debüt hat Shaw sogar eine ganze Menge über diese Welt zu sagen. Äußerst zwiespältig ist dabei beispielsweise die Hauptfigur. Die will einerseits den Fabelwesen helfen und sie vor der Menschheit beschützen. Nur will sie das eben in Form eines Zoos tun. Der hat dann zwar weniger mit Gitterstäben zu tun, dafür laufen zu viele der Kryptide frei herum. Dafür ist er gnadenlos auf Kommerzialität getrimmt. Überall gibt es Merchandising zu den Wesen zu kaufen. Nicht nur Phoebe, die dem Konzept skeptisch gegenübersteht, auch das Publikum darf sich an der Stelle fragen, ob die Einrichtung tatsächlich dem Schutz der Ausstellungsstücke dient oder letztendlich doch nur ein Geschäft mit dem Exotischen darstellt.

Ein Herz fürs Andersartige

Viel Zeit zum Vertiefen dieser Diskussion oder auch der satirischen Tendenzen allgemein bleibt leider nicht. Denn die Ambivalenz wird dann doch vergleichsweise schnell beiseitegeschoben, um den eindeutig Bösen Platz zu machen: dem Militär. Eine Abwägung zwischen diesem und Ökoaktivisten hätte sicherlich ebenfalls interessant werden können. Cryptozoo ist dann aber doch ein eher konventionelles Abenteuer, das weniger durch neuartige Einfälle im Gedächtnis bleibt als durch die Darstellung der sonderbaren Wesen. Welche Seite die richtige ist, daran gibt es keinen Zweifel. Das Publikum soll hier zu jeder Zeit wissen, wen es anzufeuern hat.

Sympathisch ist der Einsatz für das Andersartige aber natürlich schon. Er ist auch reizvoll umgesetzt. Shaw verwendet hier erneut eine im Grunde sehr simple 2D-Optik, die so gar nichts mit dem zu tun hat, was die großen US-Studios so produzieren. Die Animationen sind spärlich, die Farbpalette eingeschränkt. Und doch hat das psychedelische Indiewerk, das auf dem Sundance Film Festival 2021 Weltpremiere hatte, seinen ganz eigenen Charme, der vor allem auf den ungewöhnlichen Designs basiert. Bei Cryptozoo ist alles irgendwie schräg und sonderbar. Selbst die aus Legenden und Märchen bekannten Wesen sehen nicht so aus, wie man das vielleicht in Erinnerung hatte. Wer selbst eine Vorliebe für das Kuriose hat, sollte sich diesen Animationsfilm daher einmal anschauen und eine Welt kennenlernen, die gleichzeitig fremd und vertraut ist.

Credits

OT: „Cryptozoo“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Dash Shaw
Drehbuch: Dash Shaw
Musik: John Carroll Kirby

Bilder

Trailer

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In „Cryptozoo“ möchte eine Frau Fabelwesen an einem Ort sammeln, um diese dort zu schützen. Der Film beginnt als Satire auf kommerzialisierte Aktivisten, wird dann aber zu einem vergleichsweise konventionellen Abenteuer. Sehenswert ist das trotz allem, vor allem dank der eigenwilligen Optik und den diversen Kryptiden, die hier so auftauchen.
7
von 10