My Entire High School Sinking Into the Sea

My Entire High School Sinking into the Sea

(OT: „My Entire High School Sinking into the Sea“, Regie: Dash Shaw, USA, 2017)

My Entire High School Sinking Into the Sea
„My Entire High School Sinking into the Sea“ läuft im Rahmen des 8. /slash Filmfestivals (21. September bis 1. Oktober 2017)

Dash und Assaf sind die allerbesten Freunde. Oder sie waren es zumindest bis vor kurzem. Wäre da nur nicht die verdammte Schulzeitung. Beide schreiben sie dafür, sehr begeistert sogar. Die Begeisterung der anderen Schüler hält sich jedoch in Grenzen. Als Dash nach einem Streit üble Gerüchte über Assaf in Umlauf bringt, wird er prompt aus der Zeitung verbannt. Und das ist schlimm, denn ohne sein Schreiben und ohne Assaf bleibt ihm nicht mehr sehr viel im Leben. Da stolpert er zufällig über ein brisantes Dokument, welches belegt, dass seine Schule nicht den Sicherheitsansprüchen im Falle eines Erdbebens genügt. Glauben will ihm das natürlich niemand. Bis der Unglücksfall kurze Zeit darauf tatsächlich eintritt und die Schule im Meer versinkt. Nun müssen die beiden Freunde sowie eine Handvoll anderer versuchen, der Hölle noch einmal lebend zu entkommen.

Und es gibt sie doch noch, die Ausnahmen im Animationsbereich. Derzeit teilen sich die Platzhirsche um Pixar, Disney, Illumination, DreamWorks Animation und einige weitere den immer fetteren Kuchen auf. Fast wöchentlich kommen inzwischen neue Werke nach, sei es im Kino oder für den Heimmarkt. Die wenigen Lücken, welche die Großen noch lassen? Werden gleich von den lauernden Kleineren geschlossen. Das ist auf der einen Seite schön, gerade als Animationsfan, über mangelnden Nachschub muss sich keiner mehr Gedanken machen. Traurig dabei ist jedoch, wie sehr sie alle in dieselbe Richtung rennen – inhaltlich wie visuell. Qualitätsunterschiede gibt es natürlich. Aber selten versuchen die Studios noch, eigene Spuren zu hinterlassen, zu verführerisch sind die Einspielergebnisse der Blockbuster.

Mainstream geht anders

Dash Shaw hat daran offensichtlich nur wenig Interesse. Der Comic Artist, der hier auch ein eigenes Werk für die große Leinwand adaptiert, zeigt schon in den ersten Minuten, dass seine Inspirationen ganz woanders liegen. Bunt ist sein Film mit dem ewig langen Titel. Das sind Animationsfilme natürlich meistens. Selten scherte man sich dabei aber derart wenig darum, wie die Welt da draußen normalerweise aussieht. In My Entire High School Sinking into the Sea nehmen Figuren und Hintergründe Farben an, von denen man gar nicht wusste, dass es sie gibt. Psychedelische Sequenzen treffen da auf abstrakte Kunst, limited Animation auf schwindelerregende Perspektiven. Alles ist verzerrt, schief, irgendwie komisch. Das ist technisch nicht makellos, soll es auch gar nicht sein. Erinnerungen an frühere MTV-Zeichentrickserien oder auch die Werke von Bill Plympton (Idiots and Angels, Mutant Aliens) werden wach.

Mit diesen teilt Shaw auch die Ausrichtung auf ein älteres Publikum. Das betrifft zum einen die Gewalt. Sobald die Schule erst einmal unter Wasser ist, werden alle zu Freiwild. Da schwimmen plötzlich Haie fröhlich umher, im Eifer des Gefechts können die unglücklich Gefangenen aber auch auf andere Weisen ums Leben kommen. Gleichzeitig ist My Entire High School Sinking into the Sea aber auch eine Abrechnung mit dem Leben an einer High School. Der Senioritätskult wird ebenso auf die Schippe genommen wie diverse Klischees und Stereotypen aus dieser Zeit. Shaw spart sich selbst – die Hauptfigur trägt seinen Namen – aber nicht aus, hat auch hier keine Angst vor Hässlichkeit.

Sympathisch, aber nicht ganz überzeugend

Das ist sympathisch, weil wohltuend anders. Die absurde Mischung aus Schulsatire und Katastrophenfilmen à la Die Höllenfahrt der Poseidon trägt das Herz am rechten Fleck und beglückt auch mit dem einen oder anderen verrückten Einfall. Im Vergleich zur wild-kreativen, betont groben Optik ist der Inhalt dennoch eine ganze Klasse weiter unten angesiedelt. Obwohl der Beitrag vom 8. /slash Filmfestivals nur rund 70 Minuten lang ist, verliert er später doch deutlich an Fahrt, findet keine wirklich neuen Themen mehr. Dafür gibt es jedoch einige engagierte und indieerfahrene Synchronschauspieler. Vor allem Susan Sarandon als grimmige Kampf-Köchin trägt maßgeblich dazu bei, dass man der Chaostruppe bis zum Ende treu bleibt.



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Der visuelle Stil ist grob und kreativ, die Geschichte völlig verrückt: In Zeiten immer gleichförmiger werdenden Animationsfilmen ist „My Entire High School Sinking into the Sea“ eine wohltuend andere Seherfahrung. Während die wild-psychedelischen Bilder Eindruck hinterlassen, ist die Mischung aus Schulsatire und Katastrophenfilm inhaltlich weniger bemerkenswert. Die Längen werden zumindest teilweise durch die engagierten Sprecher aber wieder aufgefangen.
6
von 10