1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte
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1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte

Inhalt / Kritik

1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte
„1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte“ // Deutschland-Start: 21. Mai 2021 (Apple TV+)

Als sich 1969 das Ende der Hippie-Ära abzeichnete, sich die Beatles auflösten und der Vietnamkrieg noch immer andauerte, trotz vieler weltweiter Proteste, war es Zeit für eine Ära des Umdenkens. Kaum ein Jahrzehnt hatte so viel Gewalt und Unruhe verursacht wie die 60er Jahre, zumindest in der USA, was nicht alleine am Krieg in Südostasien lag, sondern an den Attentaten auf Martin Luther King, John F. Kennedy und Robert F. Kennedy sowie den heftigen Widerstand, auf den beispielsweise die Bürgerrechtsbewegung und wenig später auch die Frauenrechtsbewegung stießen.

Jedoch machte sich bei all diesen dunklen und teils sehr beunruhigenden Signalen auch das Bewusstsein breit, dass etwas im Gange war, in der Gesellschaft, in der Politik und vor allem in der Kultur, welche im letzten Jahrzehnt bereist in allen Bereichen gezeigt hatte, nicht nur mit welchem Ausmaß an kreativer Energie die Themen der Zeit aufgegriffen wurden, sondern auch, dass sie bereit war, einen neuen Weg zu beschreiten. Während sich in der Filmindustrie das New Hollywood formierte, war es zunächst die Musik, in der sich jene Wandlung widerspiegelte sowie eine neue Wahrnehmung der Person des Künstlers, der nicht mehr länger nur auf soziale oder politische Prozesse reagierte, sondern diese durch seien Kunst aktiv mitgestaltete.

In diesem Kontext gilt das Jahr 1971 als ein besonderer Punkt in der Musikgeschichte, formierten sich doch gerade zu dieser Zeit jene kreativen Kräfte, welche aus heutiger Sicht Wegbereiter für eine neue Sprache, eine neue Art des Ausdrucks und eine neue Definition des Künstlers überhaupt standen. Die in Zusammenarbeit mit Universal Music entstandene Serie 1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte, inszeniert und produziert von Asif Kapadia (Senna, Amy) und James Gray-Rees (Banksy – Exit Through The Gift Shop), beschreibt die Besonderheit dieses Jahres anhand einer Vielzahl von Archivmaterial, Interviews und nicht zuletzt von Musikstücken aus dieser Zeit. Die acht Folgen der Serie, welche auf Apple TV+ zu sehen ist, ist unterteilt in verschiedene Themenfelder, die sich, ausgehend von Musik oder Künstlern mit Aspekten wie dem sich verändernden Frauenbild, der LGBTQ-Bewegung sowie der Politik des Jahres 1971 befassen.

Das Monster ist verletzt und es schwächelt

Bereits nach wenigen Minuten wird in der ersten Folge der Serie am Beispiel von Marvin Gayes What’s going on und Inner City Blues ein wichtiges Element der Musik dieser Zeit eingeführt. Die schöne, melodiöse Stimme Gayes spricht von Ungleichheit, Armut, Polizeigewalt und von dem generellen Unverständnis für einen Krieg, der immer weniger Anhänger fand in der jüngeren Generation. Politik oder generell Haltungen wurden mittels der Musik, die eine Art „trojanisches Pferd“ war, mittransportiert, nicht etwa als eine um Sensation bemühte Oberfläche, sondern vielmehr als eine Frage an den Zuhörer gerichtet, selbst eine Haltung einzunehmen. Die Zeiten und die Umstände, wie es John Lennon in einem Interviewmitschnitt zu verstehen gibt, verlangen nach einem besonderen Engagement, was die Figur des Künstlers natürlich miteinbezieht und eine neue Herangehensweise an die Kunst von diesem verlangt.

Gerade dieser Facettenreichtum macht den Reiz von 1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte aus, als Dokument der Zeitgeschichte wie auch der Kultur. Wie in einem hermeneutischen Zirkel befassen sich die einzelnen Episoden mit Künstlern wie John Lennon, The Doors, David Bowie, T. Rex, Alice Cooper, Joni Mitchell oder Carole King in einem Kontext, der die Musik in einem viel weiteren, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Kontext sieht. Neben seiner Stellung als Künstler repräsentieren Elton John, Curtis Mayfield oder Aretha Franklin auch einen Aspekt dieses Übergangsjahres, der zum einen für die ungeheure Produktivität der Musikindustrie steht, sondern auch inwiefern sie Themen wie die Stellung von Schwulen und Afroamerikanern widerspiegelte. Durch Hinzuziehen anderer Dokumente und Ereignisse, wie beispielsweise der reichen Welt der Untergrund-Presse im Vereinigten Königreich, die Reportagen eines Hunter S. Thompson oder die Diskussion um Germaine Greers Sachbuch The Female Eunuch wird dem Zuschauer die Dimension dieses Wandels und nicht zuletzt auch die Ambition dieser Serie mehr als deutlich.

Credits

OT: „1971: The Year That Music Changed Everything“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Asif Kapadia, Danielle Peck, James Rogan

Bilder

Trailer

Interview

Mit Regisseur James Rogan und Produzent James Gay-Rees sprechen wir in unserem Interview zu 1971 über das Konzept ihrer Serie und welche Bedeutung Musik im gesellschaftlichen Diskurs hat.

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"1971: Das Jahr, in dem die Musik alles veränderte" ist eine informative, extensiv recherchierte Dokumentation über ein entscheidendes Jahr des Wandels und wie es sich in der Musik widerspiegelte. Sehr unterhaltsam, facettenreich und erhellend sind die einzelnen Episoden, die Auswahl des Materials wie auch der Musik, sodass man als heutiger Zuschauer vor allem Lust bekommt, diese Zeit und diese Künstler für sich zu entdecken.