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Them – Staffel 1

Inhalt / Kritik

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„Them – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 9. April 2021 (Amazon Prime Video)

Im Jahre 1953 erfüllt sich für die Emorys ein Traum, als sie von North Carolina nach Los Angeles ziehen, genauer gesagt in die kleine Gemeinde Compton. Für Henry (Ashley Thomas) bedeutet der Umzug einen Neubeginn, denn nicht nur tritt er eine finanziell lukrative Stelle als Ingenieur an, sondern er und seine Frau Livia (Deborah Ayorinde), genannt „Lucky“, sowie ihre beiden Töchter Ruby Lee (Shahadi Wright Joseph) und Gracie (Melody Hurd) können dem Rassismus sowie einem Trauma, was ihnen in ihrer alten Heimat widerfuhr, den Rücken kehren. Jedoch zeigt sich die Nachbarschaft, allen voran Betty Wendell (Allison Pill), alles andere al erfreut über die Neuzugänge auf ihrer Straße und es kommt schon kurz nach Einzug der Emorys zu ersten Animositäten. Während Henry versucht optimistisch zu sein und den Umzug als Chance betrachtet, ist vor allem seine Frau sehr skeptisch, wenn ihr Mann sagt, die Nachbarn würden schon nach einiger Zeit das Interesse verlieren und sie akzeptieren. Jedoch sind Leute wie Betty nicht das einzige Problem, denn Livia und später auch ihre beiden Töchter vermuten, dass sich ein ungebetener Gast im Haus befindet, eine Art Präsenz, die sie in Angst und Schrecken versetzt.

Auch der Rassismus holt die Familienmitglieder wiederholt heim, denn während Henry aus der Arbeit von seinem Vorgesetzten schikaniert wird, sieht sich Ruby Lee Mobbingattacken ihrer Mitschüler ausgesetzt, wobei ihr die Freundschaft zu einer anderen Schülerin zumindest etwas Halt gibt. Daheim fühlt sich Livia zu jeder Zeit beobachtet und es dauert nicht lange, bis die ersten Attacken der Nachbarn auf ihre Familie niederprasseln, nach denen sie sich wünscht, wieder umzuziehen. Während Henry versucht die Wogen zu glätten, werden die Attacken immer schlimmer und auch die unheimliche Präsenz im Haus gewinnt an Einfluss, was die Familie, vor allem aber Livia, zwingt, sich mit dem Trauma zu befassen, was nach wie vor ihre Träume und Gedanken beherrscht.

Eine Episode des Krieges

Mit Them kreierten Produzenten Little Marvin und Lena Waithe den ersten Teil einer Anthologie, die sich mit dem Terror in den Vereinigten Staaten befasst. In der ersten Staffel, welche den Untertitel „Covenant“ (Pakt) trägt, geht es um eine Episode in der US-amerikanischen Geschichte, während der sich viele vor allem afroamerikanische Familien im Nordosten, Westen oder Mittleren Westen niederließen, um dem rassistischen Terror im Süden zu entkommen. Inspiriert von den Geschichten vieler Familien zu dieser Zeit sowie den Kontroversen bezüglich Polizeigewalt in den USA, welche in den letzten Jahren durch die Medien gingen und den Grundstein für Bewegungen wie Black Lives Matter legten, brachten Marvin und Waithe dazu, sich näher mit der Geschichte des Terrors in ihrer Heimat zu befassen und inwiefern dieser die USA eigentlich nie verlassen hat.

Über weite Strecken wird sich der Zuschauer bei Them an die Filme von Jordan Peeles (Get Out, Wir) erinnert fühlen, welche ebenfalls Themen wie Rassismus innerhalb des Horrorgenres behandeln. Jedoch ist die Nähe zu diesem Genre nicht immer so eindeutig in den einzelnen Episoden der Serie, denn in erster Linie geht es um nicht bewältigte Traumata auf beiden Seiten, bei der afroamerikanischen Familie wie auch den weißen Nachbarn, sowie einen nach wie vor herrschenden Krieg, welcher in der Mitte der Gesellschaft ausgetragen wird. Der Amerikanische Traum oder vielmehr dessen Exklusivität wie auch dessen enge Verbundenheit mit der Idee von Besitz ist für die Weißen in Gefahr geraten, während er für die Emorys zum Greifen nah scheint. In der Fehde um diesen wird er von Folge zu Folge zu einem Albtraum für beide Seiten.

Vieles in Them, vor allem die Erlebnisse, welche die einzelnen Figuren teilen oder welche sich mit der Zeit erst dem Zuschauer erschließen, haben Ähnlichkeit mit dem Trauma von Kriegsflüchtlingen. Auch die Rhetorik, die Idee eines „Angriffs“, der Verteidigung „ihrer“ Stadt und „ihrer Familien, wie es beispielsweise die von Allison Pill gespielte Betty beschreibt, erinnert bisweilen sehr an einen militärischen Befehlshaber, der seine Truppen zum Angriff motiviert. Die Unterscheidung von „uns“ und „ihnen“, „us“ und „them“, der schon in Peeles Wir eine Rolle spielte und in jeder Episode der zehnteiligen Serie eine Rolle spielt, weist auf eine Demarkationslinie hin, die sich mitten durch die US-amerikanische Gesellschaft zieht und welche sowohl erzählerisch wie auch ästhetisch, wie beispielsweise durch die Architektur der Häuser und der Straßen in Them, deren Unüberwindbarkeit betont.

Der Horror des weißen Amerika

Der Horror, der von Folge zu Folge stärker in Erscheinung tritt, ist die Konsequenz dieses Traumas und der Erfahrung von Ablehnung wie auch des omnipräsenten Hasses. Die Anspannung, die für den Zuschauer von den ersten Minuten an spürbar ist, steigert sich und entlädt sich schließlich in einzelnen Episoden der Gewalt und des Terrors, welche, egal ob eher subtil oder eher weniger, unerträglich und verstörend wirken. In diesem Zusammenhang eine schauspielerische Leistung zu nennen würde die Leistung des beeindruckenden Ensembles, welches Little Marvin und Lena Waithe in der Serie versammelten, vielleicht etwas schmälern, wobei jedoch Allison Pill wie auch Deborah Ayorinde aufgrund der Entwicklung ihrer Figuren bisweilen den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen. Gerade das Trauma, welches Livia begleitet, darf wohl als die grausamste Episode innerhalb einer Serie betrachtet werden, die sich generell in Sache Gewalt einiges traut.

Neben der Kameraarbeit Checco Vareses sowie der Musik Mark Korven sei neben dem Schauspielerensemble auch die verschiedenen, teils im Horrorgenre sehr erfahrenen, Regisseure zu nennen, von denen der deutsche Daniel Stamm (Der letzte Exorzismus) sowie der US-Amerikaner Ti West (The Sacrament, The Innkeepers) zu den bekanntesten gehören. In der Inszenierung wie auch den Drehbüchern merkt man nicht nur die Nähe zum Genre, sondern auch die bewusste Nähe zur amerikanischen Geschichte oder vielmehr zu Realitäten, die bis heute (leider) noch eine Rolle spielen und auf ein Trauma hindeuten, was noch lange nicht überwunden ist.

Credits

OT: „Them“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Nelson Cragg, Craig William Macneill, Ti West, Janicza Bravo, Daniel Stamm
Drehbuch: Little Marvin, Christina Ham, Francine Volpe, Dominic Orlando, Seth Zvi Rosenfeld
Musik: Mark Korven
Kamera: Checco Varese
Besetzung: Deborah Aorinde, Ashley Thomas, Alison Pill, Shahadi Wright Joseph, Melody Hurd, Ryan Kwanten, Liam McIntyre

Bilder

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„Them“ ist eine Serie, die sich zwischen Horror und Drama bewegt. Verstörend und teils auch sehr brutal widmen sich die einzelnen Episoden dem rassistischen Terror in den USA, einem nach wie vor existierenden Kriegszustand, der auf beiden Seite Opfer fordert. Vielleicht nicht immer subtil, aber immer wieder mit originellen Wendungen und Überraschungen schafft es „Them“ eine Geschichte zu erzählen, die aufgrund ihrer starken Bildsprache wie auch ihre Charaktere zu überzeugen weiß.
8
von 10