Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück Kholop
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Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück

Inhalt / Kritik

Der Knecht
„Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück“ // Deutschland-Start: 8. April 2021 (DVD)

Bescheidenheit? Respekt? Das sind Eigenschaften, mit denen Grischa (Milos Bikovic) nicht ausgestattet ist. Dafür hat er Geld, genauer seine Familie. Und damit kauft sich der arrogante junge Mann alles und jeden, sind Menschen für ihn doch nur eine Ware. Als er sich mal wieder mit der Polizei anlegt und im Gefängnis landet, reicht es seinem Vater (Aleksandr Samoylenko). Irgendwie muss es doch möglich sein, den verwöhnten Schnösel etwas Benimm beizubringen. Da hat seine Freundin Anastasiya (Mariya Mironova) eine Idee, kennt sie doch einen Psychologen (Ivan Okhlobystin), der mit unorthodoxen Methoden Menschen umerziehen möchte. Kurze Zeit später wird Grischa in einen Unfall verwickelt. Als er wieder zu sich kommt, kann er seinen Augen kaum glauben, befindet er sich doch plötzlich im Jahr 1890 wieder und muss als Leibeigener einem Grundbesitzer dienen …

Russland als filmische Exportnation

In den letzten Jahren hat es hierzulande einen kleinen Run auf russische Filme gegeben. Inzwischen werden alle möglichen Genres bei uns veröffentlicht, vom Sportdrama (Rivalinnen – Duell auf der Klinge) über Science-Fiction (Attraction) bis hin zu Horrortiteln (Baba Yaga). Ein Genre war bislang aber auffallend abwesend: das der Komödie. Ob das nun an der selektiven Wahrnehmung hiesiger Verleiher lag oder ob in Russland tatsächlich so wenig Komisches produziert wird, sei mal dahin gestellt. So oder so ist es schön, dass mit Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück tatsächlich mal ein Film von dort den Weg zu uns schafft, dessen oberstes Ziel es ist, das Publikum zum Lachen zu bringen.

Die Chancen, dass das hier gelingt, stehen so schlecht nicht. Zum Teil zumindest ist der Film, der in Russland zu einem Kassenschlager wurde, tatsächlich ganz amüsant. Es dauert aber eine Weile, bis man an diesem Punkt ankommt. Knapp ein Drittel von Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück dient dazu, erst einmal den jungen Protagonisten in all seiner Widerlichkeit darzustellen. Das gelingt Hauptdarsteller Milos Bikovic (Coma) auch ganz gut, der hier einen verwöhnten Sohn verkörpert, der meint, sich mit dem Geld des Vaters alles kaufen zu können. Sympathiepunkte sammelt er auf diese Weise nicht. Soll er aber auch gar nicht. Ihn zu einer derart furchtbaren Person zu machen, muss schließlich später als Begründung herhalten, ihn auf seinen Zeitreise-Lehrtrip zu schicken.

Amüsanter Blick hinter die Kulissen

Dass dieser äußerst fragwürdig ist, versteht sich von selbst. Jemanden durch Zwang, teils Gewalt umerziehen zu wollen, ist nicht gerade Ausdruck eines modernen Menschenverständnisses. Sofern man davon abstrahieren kann, bringt aber eben diese Behandlung noch den meisten Spaß. Teils ist das sicherlich mit einer gewissen Schadenfreude und Genugtuung verbunden, wenn der selbstverliebte Tunichtgut durch den Dreck gezogen wird. Gleichzeitig setzt Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück aber auch darauf, dass es dem Publikum einen enormen Wissensvorsprung mitgibt. Wenn Grischa als einziger keine Ahnung hat, was genau da gespielt wird, wir regelmäßig vom vermeintlich alten Dorf in die Kontrollzentrale wechseln, dann hat das schon Unterhaltungswert.

Leider hat dieser aber auch nur eine begrenzte Halbwertszeit. Zum einen liegt das daran, dass die Situation bald schon festgefahren ist und dem Drehbuchteam nicht viel mehr einfällt als Variationen ein und derselben Witze. Hinzu kommt, dass die obligatorische Läuterung des fehlgeleiteten jungen Mannes einfach nicht interessant ist. Grischa ist so stereotyp gezeichnet, dass man weder vor noch nach dem Sinneswandel unbedingt Zeit mit ihm verbringen möchte. Das wird vor allem im letzten Drittel ein Problem, wenn dieser massiv im Vordergrund steht und mit Liza (Aleksandra Bortich) noch unbedingt eine Liebesgeschichte eingebaut werden musste. Begegnet Mann erst der richtigen Frau, so wird impliziert, dann wird er praktisch automatisch zu einem besseren Menschen.

Nett, aber oberflächlich

Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit der im Grunde interessanten Frage, ob man Menschen von außen ändern kann und soll, findet daher nicht statt. Vielmehr hat Regisseur Klim Shipenko (Salyut-7) hier eine letztendlich belanglose Komödie gedreht, welche ihre gelegentlichen Spitzen zugunsten von Wohlfühlberieselung aufgibt. Das kann man nun schön finden oder sich über den mangelnden Biss und Mut ärgern. Von dem satirischen Spaß eines The Cabin in the Woods, bei dem ebenfalls vor versteckter Kamera mit ahnungslosen Figuren gespielt wurde, ist man hier weit entfernt. Doch trotz des nie ganz ausgenutzten Potenzials ist Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück eine doch recht nette Angelegenheit, mit der man die Zeit totschlagen kann – sei es nun eine vergangene oder eine gegenwärtige. Als Einführung in die russische Komödie passt das.

Credits

OT: „Kholop“
Land: Russland
Jahr: 2019
Regie: Klim Shipenko
Drehbuch: Darya Gratsevich, Anton Morozenko, Dmitry Permyakov
Musik: Ivan Burlyaev, Dmitriy Noskov
Vorlage: Yuriy Nikogosov
Besetzung: Milos Bikovic, Aleksandra Bortich, Aleksandr Samoylenko, Ivan Okhlobystin, Kirill Nagiev

Bilder

Trailer

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In „Der Knecht – Einmal Mittelalter und zurück“ wird ein verwöhnter Sohn in ein vorgetäuschtes historisches Szenario geschickt, damit er als Knecht zu einem besseren Menschen wird. Das ist zwar fragwürdig, zumindest anfangs aber durchaus spaßig. Gerade die Wechsel vom inszenierten Dorf zu den Leuten hinter den Kulissen sind gelungen. Später verlässt das Kreativteam aber der Mut, das Potenzial wird nie ganz genutzt.
6
von 10