Lucky Chan-sil

Lucky Chan-sil

Kritik

Lucky Chan-sil
„Lucky Chan-sil“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Ihr ganzes Leben hatte Chan-sil (Mal-geum Kang) dem Film gewidmet, als Produzentin an so vielen Titeln gearbeitet, dass ihr nie die Zeit geblieben ist, zu heiraten oder eine Familie zu gründen. Doch das ist nun vorbei, zwangsläufig, als der Regisseur plötzlich stirbt, mit dem sie viele Jahre zusammengearbeitet hat. Aufträge hat sie nun keine mehr, aber auch keine finanziellen Reserven. Also bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich anderweitig über Wasser zu halten und als Putzfrau bei der jungen Schauspielerin Sophie (Seung-ah Yoon) zu arbeiten. Dabei läuft sie Kim-young (Yoo-ram Bae) über den Weg, der Französisch unterrichtet, aber lieber selbst Filme gedreht hätte und für den sie bald Gefühle entwickelt …

Ein Leben für die Kunst
Filmproduzentin? Was soll das denn sein? Als Chan-sil ihrer älteren Vermieterin (Yuh-jung Youn) zu erklären versucht, was sie genau in ihrem Leben gearbeitet hat, stößt sie schnell an ihre Grenzen. Es ist nur eine kurze Szene, irgendwo zwischen Tür und Angel, welche keine weitere Auswirkung auf die Handlung hat. Aber sie ist doch typisch für Lucky Chan-sil, ein Film, der mit Momentaufnahmen ein ganzes Leben infrage gestellt, welches der Kunst gewidmet war. Nicht nur die Titelfigur selbst, auch das Publikum darf an diesen Stellen zweifeln, ob es das wert war, so viel Zeit und Mühe in etwas zu investieren, was am Ende kaum jemanden interessierte, keinen Ruhm oder Geld brachte, dafür aber ein nennenswertes Privatleben verhinderte.

Dass das eine oder andere davon autobiografisch sein könnte, liegt bei dem Film auf der Hand. Schließlich handelt es sich um das Regie- und Drehbuchdebüt von Cho-hee Kim, die selbst jahrelang als Produzentin von Arthouse-Filmen arbeitete, zuletzt an Right Now, Wrong Then. Ähnlich wie die Werke dessen Regisseurs Sang-soo Hong, mit dem Kim mehrfach zusammen gearbeitet hatte, ist auch Lucky Chan-sil ein leiser Film, der sich viel mit dem Zwischenmenschlichen auseinandersetzt. Obwohl die Titelfigur in einer echten Krise steckt, Perspektiven auf ein besseres Leben Mangelware, wird hier nie auf die Tränendrüse gedrückt oder verzweifelt geschrien. Vielmehr sind es kleine Hindernisse und Enttäuschungen, die sich auf dem Weg finden lassen, der zwar steinig, aber nicht außergewöhnlich ist.

Zwischen Tragik und Humor
Wobei Kim durchaus diese Alltäglichkeit des Öfteren mit Humor durchbricht. So taucht beispielsweise regelmäßig ein Geist auf, der vorzugsweise in Unterwäsche durch die Wohnung läuft und sich nach dem Schauspieler Leslie Cheung benennt, den Chan-sil früher sehr gerne sah. Und auch sonst gibt es für sie keine Möglichkeit, weder ihrer Vergangenheit, noch dem Filmgeschäft zu entkommen. Nahezu alle Figuren haben etwas mit Letzterem zu tun, auch wenn sie nicht immer einer Meinung sind. Eine der witzigsten Szenen betrifft ein Streitgespräch zwischen Chan-sil und Kim-young über die jeweiligen Lieblingsfilme, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.

Überhaupt ist Lucky Chan-sil zu weiten Teilen ein Film über Filme oder das Filmemachen. Immer wieder baut Kim Anspielungen oder Verweise auf, lässt über Wert und Nutzen von Filmen diskutieren, zeigt eine Welt, die Spiegel sein will und doch irgendwie in sich geschlossen ist. Ein solches Werk ist natürlich in erster Linie für ein Publikum interessant, das selbst große Liebe für dieses Medium empfindet. Aber selbst als unbeteiligter Zuschauer gibt es hier einiges, welches einen Blick wert ist. So ist die bislang eher weniger in Erscheinung getretene Mal-geum Kang eine echte Entdeckung. Die Geschichte einer Midlife-Crisis, wenn auf einmal alles neu überdacht werden muss, dürfte zudem bei vielen auf Resonanz stoßen. Am Ende ist das Leben eine Abfolge von Träumen und Enttäuschungen, von Kompromissen und Herausforderungen, während wir weiter nach dem Glück suchen. Und das dürfte den meisten sehr bekannt vorkommen.

Credits

OT: „Chansilineun Bokdo Manji“
Land: Südkorea
Jahr: 2019
Regie: Cho-hee Kim
Drehbuch: Cho-hee Kim
Musik: Jung-yeop Jeong
Kamera: Sang-bin Ji
Besetzung: Mal-geum Kang, Yuh-jung Youn, Young-min Kim, Seung-ah Yoon, Yoo-ram Bae

Bilder

Trailer

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In „Lucky Chan-sil“ wird das Leben einer Filmproduzentin ins Chaos gestürzt, als ein Regisseur plötzlich stirbt und sie ohne etwas dasteht. Das Ergebnis ist ein leiser, zuweilen skurriler Film über die Suche nach dem Glück und sich selbst, Krisen als Moment des Neuanfangs, aber auch ein von persönlicher Leidenschaft getragener Film über das Filmemachen.
7
von 10