You Don't Nomi
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You Don’t Nomi

Kritik

Showgirls
„You Don’t Nomi“ // Deutschland-Start: 30. Oktober 2020 (DVD/Blu-ray)

„Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“ – ein Sprichwort, das auf Paul Verhoevens Showgirls passt, wie die Faust auf’s Auge. 1992 wurden Verhoeven und sein Drehbuchautor Joe Eszterhas schlagartig in den Superstardom Hollywoods katapultiert. Während Eszterhas schon vorher kein Unbekannter in der Stadt der Träume war und neben dem Überraschungs-Hit Flashdance hochbezahlter Autor zahlreicher unverfilmter Drehbücher war, war Verhoeven vor allem dank seines letzten Films Total Recall – Die totale Erinnerung in aller Munde. Doch wie das so ist; Drehbuchautoren werden meist unter „ferner liefen“ geführt und Regisseure – heißen sie jetzt nicht Steven Spielberg oder James Cameron – sollen Stars gut aussehen lassen. Total Recall war eindeutig ein Arnold Schwarzenegger-Vehikel und Verhoeven zwar der crazy dude aus Holland, aber doch eher ein Liebling der Filmnerds als ein Mann der breiten Masse. Doch Basic Instinct ging als Kulturereignis in die Kinogeschichte ein; ein Thriller voller Gewalt und Sex und noch dazu unmoralisch in vielerlei Hinsicht. Und dieser Film rauscht in aller Herren Länder auf die Pole Position der Kinocharts und spielt am Ende über 350 Millionen ein. Und das trotz gefürchtetem R-Rating in den USA, was unter 17 Jährige nur in den Film lässt, wenn sie ein Erwachsener begleitet. Das muss einem erst mal jemand nachmachen.

Der tiefe Fall
Und so kam es, dass Verhoeven und Eszterhas die Könige von Hollywood wurden – zumindest für kurze Zeit. Als sie ihre nächste gemeinsame Arbeit bekannt gaben, war das also ein sicherer Hit, begleitet von gehörigem Medienecho. Kein Wunder, dass beide fürstliche Gagen erhielten. Und dann kam doch alles anders und Showgirls wurde zum schlechtesten Film aller Zeiten gekürt. You Don’t Nomi erzählt, warum…

In You Don’t Nomi kommen viele Menschen zu Wort; Kritiker, Fans, Nerds. Von den direkt am Film Beteiligten hatte jedoch offenbar niemand wirklich Lust, etwas beizutragen. Sämtliche Kommentare von Mitarbeitern oder Schauspielern wurden offenbar älteren Interviews entnommen. Was schade ist, aber auch verständlich. Manche Menschen möchten nicht pausenlos an ihre größte Schmach erinnert werden. Und Showgirls war genau das für viele – besonders für Hauptdarstellerin Elizabeth Berkley. Versprach sich die junge Schauspielerin damals doch den großen Sprung vom TV-Sternchen auf die Kinoleinwand. Doch der große Durchbruch wurde gleichzeitig ihre Beerdigung. Zu groß der Flop, zu übertrieben ihre Darstellung und – nun ja – vielleicht auch zu wenig Talent.

Bunter Mix aus Archivmaterial und Interviews
Regisseur Jeffrey McHale beleuchtet in den 90 Minuten die Entstehung des Films von Anfang an, sein grandioses Scheitern und die Auferstehung als Video Nasty und Guilty Pleasure unzähliger Filmfans. Viele Gespräche und Interviews werden mit Archivmaterial aus Making ofs, Behind the Scenes, Panels und Fernsehsendungen unterlegt. So entsteht zwar keine richtige Kohärenz und alles wirkt gehetzt, doch der Informationsgehalt ist immens. Aber es wird auch viel spekuliert und interpretiert. Da wird über Symbolismus fabuliert („Die Unterhaltung von Nomi und Cristal über Hundefutter muss dieses oder jenes bedeuten…“) und über Berkleys Rollennamen Nomi laut nachgedacht wird („Nomi könnte ‚Know me‘ bedeuten, aber auch ‚Not me‘“). Auch Paul Verhoevens Karriere wird (überraschend detailliert) beleuchtet, die Merkmale, die sich durch alle seine Filme ziehen, von den frühen niederländischen Produktionen wie Spetters (1980) über die Hollywood-Jahre, bis zu den letzten Produktionen zurück in Europa. Und man muss ehrlich sein; wie man den Holländer da am Set, umringt von halbnackten Darstellerinnen und beim Choreographie-Training sieht, hat er etwas creepy-schlüpfriges an sich. Er kichert mit tief aufgeknöpftem Hemd vor sich hin, sucht Körperkontakt und macht einfach den Eindruck eines gruseligen Onkels…

Erst über die Jahre gelang es Showgirls im Heimkino einen gewissen Kultstatus zu erlangen. Bis heute ist der Film ein Bestseller und hat über 100 Millionen Dollar allein mit Videos, DVDs und Streaming gemacht. Zu Recht, will man sagen, denn Showgirls macht großen Spaß und darf vor allem nicht ernst genommen werden.

Credits

OT: „You Don’t Nomi“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: Jeffrey McHale
Musik: Mark De Gli Antoni

Trailer

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Die Doku „You Don’t Nomi“ ist ein Sammelsurium von Kommentaren, Ausschnitten und Ansichten und beleuchtet detailreich die Entstehung und das Scheitern eines der größten, schlüpfrigen Hollywoodwerke. Doch trotz der tiefen Einblicke ist vieles nur Spekulation und Interpretation.