Book Paper Scissors

Book – Paper – Scissors

Kritik

Book Paper Scissors
„Book–Paper–Scissors“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Nicht immer zeigt sich dem Betrachter Kunst als solche. Auf der einen Seite mag dies an den individuellen Vorstellungen davon liegen, was man als solche definiert, aber andererseits können auch andere Umstände den Blick verstellen, dass man ein Kunstwerk nicht als solches wahrnimmt oder dieses, weil es im Kontext von etwas anderem gesehen wird, schlicht untergeht. Alleine im Bereich der Werbung verschwindet der Anspruch Kunst zu sein in der unübersichtlichen Fülle von Spots, Slogans oder Anzeigen, die letztlich in den Augen vieler Teil des Produkts sind, nicht aber von diesem getrennt werden können. Von daher wird man bisweilen auf Unverständnis stoßen, wenn man als Kunst betrachten will, was für manche nur Teil des Kommerzes ist und keine Aussage außerhalb des Kaufanreizes beinhaltet.

Auch innerhalb der Buchbranche gibt es solche Erscheinungen, betrachtet man nur einmal die Aufmachung eines Buches, egal aus welchem Genre. Was sich uns im Laden als eine raffinierte Aneinanderreihung verschiedener Titel, präsentiert durch Farben, verschiedene Schriftzüge und teils auch Fotos oder Zeichnungen präsentiert, ist nichts anderes als eine Kunst für sich. Auch wenn sie im Kontext einer Kampagne für das Werk gesehen wird, gerade, wenn es sich um ein bekanntes handelt oder eines, von dem man sich hohe Verkaufszahlen verspricht. In ihrer Dokumentation Book–Paper–Scissors wirft die Dokumentarfilmerin Hirose Nanako einen Blick auf das Buchhandwerk in ihrem Heimatland, genauer gesagt auf das Leben und Werk von Nobuyoshi Kikuchi, und zeigt dem Zuschauer die Abläufe und die Kunst hinter diesem Handwerk.

Die Wörter sind lebendig
Die Dokumentation, die ihre Europapremiere auf der 62. DOK Leipzig feierte und nun im Programm der 20. Ausgabe der Nippon Connection gezeigt wird, ist unterteilt in sieben Kapitel, welche die Arbeitsabläufe Kikuchis von der Idee bis hin zum fertigen Werk begleiten. Neben seinen vielen Weggefährten, zu denen unter anderem Mitarbeiter, Lektoren und Herausgeber zählen, erhält man auch Einblicke in die Philosophie Kikuchis, nicht nur in Bezug auf seine Kunst, sondern auf den Stellenwert generell sowie auf ein Berufsfeld, welches alleine durch die fortschreitende Digitalisierung in einem Umbruch begriffen ist.

Neben seiner Tätigkeit als Buchdesigner, der er bereits seit über 50 Jahren nachgeht, hat sich Kikuchi in seiner Heimat auch einen Namen gemacht als Autor, der sich in seinen Essays über Themen wie Essen, Kunst, aber auch über seinen Alltag auslässt. In einem lockeren Gespräch mit seinem Herausgeber, mit dem ihn eine lange Freundschaft verbindet, bekommt man, wie an vielen Stellen des Films, einen Einblick in die Gedankenwelt dieses lebensfrohen, tiefsinnigen Mannes, als dieser davon spricht, wie Worte auch außerhalb der Literatur und der Menschen existieren. Wörter sind für ihn lebendige Wesen, was sich zunächst abstrakt anhören mag, aber in Verbindung mit seiner Kunst nachvollziehbar wird.

Lachend erzählt Kikuchi, er habe bereits über 10.000 Bücher entworfen über die Jahre und fühle sich mittlerweile etwas „leer“, wie er es ausdrückt. Ausgehend von solchen Aussagen Kikuchis verfolgt Nanakos Kamera immer wieder, wie die Rollen des Menschen Kikuchis mit der des Künstlers zusammenfällt, der genau beobachtet, wie es immer neue Kämpfe mit Autoren und Verlagen gibt, wie man ein Buch entwirft, welches Design tatsächlich ein solches widerspiegelt und was als solches bloßes Werbung ist. Gerade in Kikuchis Belehrungen gegenüber seinem ehemaligen Lehrling Isao Mitobe wird deutlich, wie eine neue Generation langsam aber sicher das Ruder in die Hand nimmt, was Kikuchi einerseits begrüßt, aber auch mit einer Mischung aus Melancholie und Nostalgie für die alte Zeit betrachtet.

Auffällig ist dies nicht zuletzt, wenn Hiroses Kamera die Arbeitsprozesse der beiden vergleicht. Während der eine mit diversen Musterkatalogen, Metermaßen und Schriftarten eine Vision verfolgt, „experimentiert“ der andere lieber vor dem Computer, wenn es sein muss stundenlang. Auch wenn diese Bilder das eher trockene Handwerk dieser beiden Männer zeigt, so überträgt sich auf den Zuschauer bisweilen auch eine gewisse Faszination, die vor allem in der Aufgeschlossenheit und Intelligenz ihrer Gesprächspartner begründet liegt, die den Zuschauer bereitwillig an ihren Gedanken teilhaben lassen.

Credits

OT: „Book–Paper–Scissors“
Land: Japan
Jahr: 2019
Regie: Hirose Nanako
Musik: biobiopatata, Tsunekuchi Suzuki
Kamera: Hirose Nanako

Trailer

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„Book–Paper–Scissors“ ist eine sehr interessante Dokumentation über die Kunst des Buchdesigns, dessen Abläufe und Philosophie. Dank ihrer sympathischen und offenen Gesprächspartner erhält der Zuschauer einen anregenden Einblick in diese Kunstform sowie die Veränderungen, denen sie, wie jedes Handwerk und jede Kunst, unterworfen ist.