Trolls World Tour
© Universal Pictures

Kritik

Trolls World Tour
„Trolls World Tour“ // Deutschland-Start: 23. April 2020 (VoD) // 6. August 2020 (DVD/Blu-ray/3D Blu-ray)

Als Königin hat man es gar nicht so leicht, wie Poppy inzwischen festgestellt hat. Ständig gibt es hohe Erwartungen, die sie zu erfüllen hat, neue Aufgaben, bei denen sie noch nicht so recht weiter weiß. Da trifft es sich gut, als eine unerwartete Nachricht ins Haus flattert: Anders als gedacht leben auch außerhalb ihres Königreiches Trolls, jedes Volk mit einer eigenen Musik. Und eben diese Völker will Queen Barb nun vereinen. Für Poppy, die für jede Party und jede Gemeinsamkeit zu haben ist, ist das natürlich ein absoluter Traum. Andere, etwa ihr Vater Peppy und ihr Freund Branch, sind da schon misstrauischer. Und sie sollen Recht behalten, denn Barb verfolgt insgeheim das Ziel, alle Musikrichtungen außer des Rocks zu vernichten und Alleinherrscherin über die Trolls zu werden …

Ein bisschen Skepsis war im Vorfeld auf jeden Fall angebracht, als bekannt wurde, dass ein Animationsfilm über die Trolls-Puppen produziert wurde. Nicht dass es unerhört war, Spielzeugmarken für animierte Geschichten zu verwenden. Seit den 80er Jahren ist das Fernsehen voller Serien, bei denen man irgendwann gar nicht mehr sagen konnte, was zuerst kam: das Spielzeug oder die Serie. Und die Trolls sind ja nicht irgendwer. Seit 1959 gab es die Puppen mit dem charakteristischen Haarschopf bereits. Allerdings waren die schwer aus der Mode gekommen, was die Entscheidung, sie zum Mittelpunkt eines teuren Films zu machen, zumindest etwas fragwürdig machte.

Bekannte Stimmen + bekannte Lieder
Doch der Plan ging auf: Trolls war ein durchaus solider Film für eine jüngere Zielgruppe, auch die Einspielergebnisse stimmten. Es folgte anschließend ein TV-Special plus die Serie Trolls – Die Party geht weiter. Fans des Kinoabenteuers mussten zwar auf die bekannten Stimmen von Anna Kendrick, Justin Timberlake und weiterer prominenter Sprecher*innen verzichten, statt Hollywood-Prominenz gab es routinierte Studioarbeit. Das schien aber niemanden zu stören, sechs Staffeln sind bislang erschienen. Nun gibt es ein Wiedersehen sowie ein Wiederhören mit den Original-Sprechern. Sie haben auch Unterstützung mitgebracht, unter anderem leihen Sam Rockwell, Ozzy Osbourne und Kelly Clarkson den neuen Figuren ihre Stimmen.

Und natürlich ist Trolls World Tour auch mal wieder vollgestopft mit bekannten Liedern. Es sind sogar noch mehr als bei dem in dieser Hinsicht auch schon nicht zurückhaltenden Vorgänger: Da jedes der sechs Königreiche einer anderen Musikrichtung gewidmet ist, müssen diese auch alle irgendwo Berücksichtigung im Soundtrack finden. Sonderlich originell ist die Auswahl dabei nicht. Beethovens fünfte Symphonie für Klassik, Cyndi Laupers Girls Just Wanna Have Fun für Pop, Barracuda von Heart für Rock oder auch Patsy Clines Country-Klassiker I Fall to Pieces, man sucht sich da schon sehr naheliegende Titel aus und warf die einmal in den Mixer. Vom Original bleibt da meist nicht viel, ein paar Sekunden nur, bevor es weiter geht, zum nächsten Lied, zum nächsten Troll. Zuweilen ist Trolls World Tour dann auch weniger ein narratives Werk als vielmehr eine durchgedrehte Jukebox, die im Zufallsverfahren irgendeinen Song ausspuckt.

Ein irrer Trip für alle Altersklassen
Das klingt anstrengend, ist aber doch erstaunlich unterhaltsam – auf mehr als eine Weise. Während das jüngere Zielpublikum sich an flott vorgetragenen Liedern und kuriosen Figuren erfreut, da dürfen die Eltern, eine entsprechende Vorliebe vorausgesetzt, einen ganz besonderen Trip genießen. DreamWorks Animation, die schon beim ersten Film für schöne Bilder sorgten, konnten sich hier mal so richtig austoben. Mehr noch als bei sonstigen CGI-Abenteuern werden hier sämtliche Regeln und Hindernisse außer Kraft gesetzt, die einzige Grenze ist die eigene Fantasie. Schon die Einleitungssequenz ist ein visueller Rausch, auch später gibt es zahlreiche Feste voller Farben, Formen und Effekte, irgendwo zwischen Meditation und Drogentraum.

Leider ist die Geschichte an sich nur teilweise fantasievoll. Das Szenario um eine Hard-Rock-Queen, die andere Musikrichtungen auslöschen will, ist schon irgendwo bizarr. Der eigentliche Ablauf des Abenteuers ist hingegen recht konventionell, ein bisschen langweilig sogar. Die zugrundeliegende Aussage des Films, dass Vielfalt die Schönheit der Welt ausmacht, die ist natürlich mehr als willkommen, wird aber durch das Schlusslied etwas zunichte gemacht, wo dann doch der Konfektionspop mal wieder das Mikro in der Hand hat. Dafür gibt es eine Reihe witziger Szenen, insgesamt hat Trolls World Tour im Vergleich zum Vorgänger sogar die Nase vorne. Wer Stoff für den Nachwuchs braucht, der fährt hiermit in der Summe gar nicht schlecht, auch wenn einem nach der irren Achterbahnfahrt ein wenig schwindlig sein könnte.

Credits

OT: „Trolls World Tour“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Walt Dohrn
Drehbuch: Jonathan Aibel, Glenn Berger, Elizabeth Tippet, Maya Forbes, Wallace Wolodarsky
Musik: Theodore Shapiro
Animation: DreamWorks Animation

Bilder

Trailer

Kaufen/Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

„Trolls World Tour“ nimmt die bekannten Figuren und bastelt eine groteske Geschichte um verschiedene Musikkönigreiche drumherum, die sich im Krieg befinden. Der Mix aus unterschiedlichen Richtungen ist in Verbindung mit der ebenfalls abwechslungsreichen Optik Grund genug, sich auch als Erwachsener diesen irren Trip einmal anzuschauen, selbst wenn der Humor und der Ablauf recht schlicht sind, das Plädoyer für mehr Vielfalt nicht sehr konsequent.
6
von 10