Mrs Doubtfire
© 20th Century Fox

Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen

Kritik

„Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen“ // Deutschland-Start: 27. Januar 1994 (Kino) // 4. Oktober 2018 (DVD/Blu-ray)

Wenn es darum geht, Stimmen zu imitieren, da macht niemand Daniel (Robin Williams) so leicht etwas vor. Ansonsten klappt derzeit jedoch relativ wenig in seinem Leben. Seinen Job als Synchronsprecher ist er nach einem Streit los, auch mit seiner Frau Miranda (Sally Field) gibt es regelmäßig Zoff, weil die genug hat von dem Chaoten. Doch der größte Schlag für Daniel ist, als Miranda sich von ihm scheiden lassen will und er seine Kinder Lydia (Lisa Jakub), Christopher (Matthew Lawrence) und Natalie (Mara Wilson) nur noch einmal die Woche sehen darf. Das ist dem liebenden Familienvater nicht genug. Und so verkleidet er sich als älteres Kindermädchen und nennt sich Mrs. Doubtfire, um auf diese Weise den drei nahe sein zu können, ohne dass es jemand merkt …

Wenn es um das Mainstreamkino der 80er und 90er Jahre geht, führt kaum ein Weg an Chris Columbus vorbei. Erst schrieb er die Drehbücher für die Kulttitel Gremlins – Kleine Monster und Die Goonies, danach führte er bei Kevin – Allein zu Haus Regie. Nahezu ebenso erfolgreich wie letzterer Titel war das 1993 veröffentlichte Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen. Die Geschichte rund um einen Synchronsprecher und Stimmenimitator, der sich seiner Kinder wegen als ältere Dame verkleidet, geht dabei nicht auf den US-Amerikaner zurück. Vielmehr handelt es sich bei der Komödie um eine Adaption eines Romans der englischen Schriftstellerin Anne Fine, die hauptsächlich für Kinder geschrieben hat.

Schau mal, der sieht aus wie eine Frau!
Dass die Zielgruppe etwas niedriger angesetzt ist, das ist bei dem Film unverkennbar. Mrs. Doubtfire vertraut viel auf einen recht simplen Humor, der einerseits auf Situationskomik setzt – ständig bricht hier das Chaos aus –, andererseits auf die groteske Verkleidung von Daniel. Sonderlich glaubwürdig sieht die nicht aus, eher wie die Parodie einer Frau. Aber um Glaubwürdigkeit geht es hier ohnehin nicht, die schnelle Zuneigung, welche Miranda und die Kinder für die ältere Pseudo-Dame entwickeln, ist nie ganz nachvollziehbar. Die Geschichte ist von Anfang bis Ende konstruiert. Vieles von dem, was hier geschieht, ist nur der Anlass, um Gags unterzubringen.

Aber das ist ja nicht automatisch verkehrt, bei einer Komödie sogar nicht unüblich – zumal die Situation so sehr an den Haaren herbeigezogen ist, dass es schon wieder charmant ist. Die eigentlich relevante Frage ist: Macht das auch Spaß? Angesichts des überragenden Erfolgs an den Kinokassen – bei einem Budget von 25 Millionen Dollar spielte Mrs. Doubtfire über 440 Millionen Dollar ein –, dürfte es Unzählige geben, die das bejahen. Es hängt letztendlich aber davon ab, wie hoch die eigenen Ansprüche sind. Wie bei so manch anderen Verkleidungskomödie liegt hier die Annahme zugrunde, dass ein Mann in Frauenkleidung automatisch lustig ist. Das war schon 1993 ein bisschen altbacken, würde heute aufgrund der gewachsenen Gender-Sensibilität so auch kaum mehr akzeptiert. Tatsächlich zeitlos ist der Film daher nicht, auch wenn er gern so bezeichnet wird.

Bühne frei für einen Alleinunterhalter
Aber er ist zumindest streckenweise amüsant. Das ist weniger den Gags an sich zu verdanken, die nicht unbedingt durch Einfallsreichtum glänzen. Vielmehr ist es Robin Williams, der mal wieder beweist, dass der Inhalt eines Witzes nur zum Teil bestimmt, ob er lustig ist. Es kommt eben auch darauf an, wer ihn wie erzählt. Williams hatte sich ein Jahr zuvor durch seine Synchronarbeit in Aladdin unsterblich gemacht, war auch längst als Charakterdarsteller etabliert – gleich drei Mal war er vorher für einen Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert. In Mrs. Doubtfire darf er beides ein wenig machen, als Quatschkopf durch die Gegend rennen und sich um Kopf und Kragen reden, aber auch leisere Momente haben. Denn so überzogen der Film oft ist, am Ende geht es doch um einen Vater, der seine Kinder über alles liebt und unter der Trennung leidet. Ein ernstes Thema also.

Das kann man dann rührend finden oder ziemlich sentimental. Die emotionaleren Momente stehen in einem derart starken Kontrast zum sonstigen Tohuwabohu, dass sie eher aufgesetzt wirken. Ein bisschen Alibi-Funktion haben. Das ist der Nachteil des starken Auftretens von Williams: Mrs. Doubtfire ist über weite Strecken eine One-(Wo)Man-Show, die schlicht keinen Platz für die anderen Figuren hat und damit den Zugang erschwert. Auch wenn im Leben von Daniel die Kinder im Mittelpunkt stehen, der Film interessiert sich nicht sonderlich für sie, ebenso wenig für Miranda. Von dem von Pierce Brosnan verkörperten Nebenbuhler ganz zu schweigen. Das Ergebnis ist eine nette Komödie über eine Familie und für Familien – nicht aber eine mit einer Familie.

Credits

OT: „Mrs. Doubtfire“
Land: USA
Jahr: 1993
Regie: Chris Columbus
Drehbuch: Randi Mayem Singer, Leslie Dixon
Vorlage: Anne Fine
Musik: Howard Shore
Kamera: Donald McAlpine
Besetzung: Robin Williams, Sally Field, Pierce Brosnan, Lisa Jakub, Matthew Lawrence, Mara Wilson

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1994 Beste Maske Sieg
Golden Globe Awards 1994 Bester Film – Musical oder Komödie Sieg
Bester Hauptdarsteller – Musical oder Komödie Robin Williams Sieg

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„Mrs. Doubtfire“ war seinerzeit ein überragender Erfolg an den Kinokassen. Das liegt jedoch weniger an der Geschichte über einen Mann, der sich seiner Kinder wegen als ältere Dame verkleidet. Vielmehr ist es die mitreißende Performance von Robin Williams, die über die eher einfallslosen, altbackenen Gags und die völlig an den Rand gedrängten anderen Figuren hinwegtäuscht.
6
von 10