Das Alibi Spiel der Macht Chappaquiddick
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Das Alibi – Spiel der Macht

Kritik

Das Alibi
„Das Alibi – Spiel der Macht“ // Deutschland-Start: 14. September 2018 (DVD/Blu-ray)

Eigentlich waren Senator Edward Kennedy (Jason Clarke) und Wahlkampfhelferin Mary Jo Kopechne (Kate Mara) schon wieder auf dem Weg zurück von der Party, als ihr Wagen vom Weg abkommt und sie von einer Brücke in den Fluss stürzen. Während sich Kennedy den Weg aus dem Wagen bahnen kann, ist Kopechne darin gefangen. Sein Cousin Joe Gargan (Ed Helms) und Paul F. Markham (Jim Gaffigan), welche er über den Vorfall informiert, drängen ihn dazu, sofort zur Polizei zu gehen. Doch aus Angst vor den Folgen tut er dies erst am nächsten Tag, was seinen Beraterstab in eine tiefe Krise stürzt. Denn jetzt gilt es, seinen Ruf zu verteidigen …

Der Name des Kennedy-Clans ist mit großen politischen Karrieren verknüpft, aber auch mit einer Reihe tragischer Todesfälle – und damit verbundenen Verschwörungstheorien. Am berühmtesten sind natürlich die Morde am Präsidenten John F. Kennedy und dessen Bruder Robert, der zum Zeitpunkt seines Todes selbst Präsidentschaftskandidat war. Edward, von seinem Umfeld Ted genannt, war eine Nummer kleiner, schaffte es aber immerhin zum Senator von Massachusetts. Im Gegensatz zu seinen Brüder war ihm ein langes Leben vergönnt, wenn auch mit vielen Rück- und Schicksalsschlägen verbunden. Einer davon ist der im Film beschriebene Unfall an der Brücke, den er erst am nächsten Tag meldete.

… und was war nach dem Unfall?
Mit dem Unfall an sich hält sich Das Alibi – Spiel der Macht nicht wirklich lange auf.  Zwar gibt uns der Film eine längere Einführung, die sich mit den Umständen von Kennedys Leben befassen. Der Sturz und der Überlebenskampf nimmt aber nur wenig Zeit in Anspruch. Vielmehr ist das von Taylor Allen und Andrew Logan verfasste Drehbuch mit der Frage beschäftigt, was im Anschluss genau passiert ist. Darüber wird bis heute gern spekuliert: Auch wenn die Theorien nicht ganz so weitreichend sind wie bei den ungleich berühmteren Mordanschlägen, so vermutet manch einer, dass es dabei nicht wirklich mit rechten Dingen vor sich ging, ein bisschen was vertuscht werden sollte.

Das Alibi – Spiel der Macht beteiligt sich an diesen Diskussionen, gleichzeitig aber auch wieder nicht. Auf der einen Seite zeigt das Drama, das auf dem Toronto International Film Festival 2017 Premiere hatte, wie hinter den Kulissen die Geschichte fleißig umgeschrieben werden soll. Da werden Erklärungen und Entschuldigen aus dem Hut gezaubert, mithilfe von persönlichen Beziehungen getrickst, teilweise auch ziemlich dreist gelogen, damit Kennedy und seine Partei keinen Schaden erleiden. Wer schon immer dem Staat misstrauisch gegenüber stand und vermutet, dass dieser die Menschen systematisch manipuliert und betrügt, der findet hier eine erschreckende Bestätigung.

Ein Mensch zwischen großen Erwartungen
Dabei zielt der Film weniger darauf ab, den Politikbetrieb zu entlarven und düstere Geheimnisse aufzudecken. Stattdessen wird versucht, Kennedy als Mensch aufzuzeigen. Von Anfang an wird dem Publikum klar gemacht, unter welchem Erwartungsdruck er steht, sowohl von Seiten der Bevölkerung wie auch der Parteifreunde. Und selbst innerhalb der Familie muss er sich ständig mit seinen berühmteren, verstorbenen Brüdern messen, wie die Szenen mit seinem Vater deutlich machen, der von Bruce Dern verkörpert wird. Das Alibi – Spiel der Macht ist deshalb in erster Hinsicht das Porträt eines Mannes, der seine eigene Rolle noch nicht gefunden hat, teilweise die Vorgaben anderer annimmt, teilweise mit ihnen hadert.

Das ist nicht uninteressant, zumal der Film eine Art Zwischenposition einnimmt. Große Sympathiepunkte sammelt Kennedy zunächst nicht, wirkt aufgeblasen und egoistisch. Die Sorge nach dem Unfall gilt erst einmal nur sich selbst, weniger der Verstorbenen und ihrer Familie. Gleichzeitig werden aber auch immer wieder Hinweise gestreut, dass dem Politiker die Ereignisse deutlich nähergehen, als er durchdringen lässt. Und auch Regisseur John Curran (Spuren) beteiligt sich an dem Ratespiel, wenn er und sein Film immer auf Distanz bleiben, uns nie ganz durchlassen zu dem Mensch, der dahinter steckt. Das wird vielleicht nicht für alle befriedigend sein, ist aber ein solider Beitrag über Macht und Moral, Schuld und Selbstfindung.

Credits

OT: „Chappaquiddick“
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: John Curran
Drehbuch: Taylor Allen, Andrew Logan
Musik: Garth Stevenson
Kamera: Maryse Alberti
Besetzung: Jason Clarke, Kate Mara, Ed Helms, Bruce Dern, Jim Gaffigan, Taylor Nichols

Bilder

Trailer

Filmfeste

Toronto International Film Festival 2017

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„Das Alibi – Spiel der Macht“ erzählt, wie der bekannte Politiker Ted Kennedy in einen Unfall verwickelt wurde und den Vorfall einige Stunden verschwieg. Der distanziert auftretende Film ist dabei einerseits ein Beitrag über den zynischen Umgang mit Wahrheit, aber auch das Porträt eines Mannes, der mit so vielen Erwartungen konfrontiert wird, dass er nicht mehr weiß, wer er selbst ist.
6
von 10