Tage des letzten Schnees
Szenenbilder: © ZDF/Marion von der Mehden Artwork: © ZDF/ [F] Marion von der Mehden/ [M] Stefan Laschet/Aaron Rositzka

Tage des letzten Schnees

Kritik

Tage des letzten Schnees
„Tage des letzten Schnees“ // Deutschland-Start: 3. Februar 2020 (TV)

Eigentlich wollte Lars Eckert (Barnaby Metschurat) seine Tochter nur vom Eishockey-Training abholen, so wie immer. Doch auf dem Nachhauseweg kommt es zu einem verheerenden Unfall, den sie nicht überlebt. War da ein anderes Auto, so wie Lars es schildert? Oder hatte er in der dunklen, verschneiten Nacht nur kurz nicht aufgepasst und den Unfall selbst verursacht? Während er und seine Frau Kirsten (Victoria Mayer) nur mühsam den schweren Verlust verarbeiten, suchen die Ermittler Johannes Fischer (Henry Hübchen) und Konstanze Satorius (Victoria Trauttmansdorff) nach dem Mörder einer jungen Studentin (Mercedes Müller) und werden dabei auf den Hamburger Banker Markus Sellin (Bjarne Mädel) aufmerksam …

Eine Tragödie, die zu Herzen geht
Ein kleines Déjà-vu darf man an der Stelle schon haben. Ziemlich genau einen Monat ist es her, dass das ZDF Winterherz – Tod in einer kalten Nacht ausstrahlte. Nun kommt erneut ein Krimidrama auf dem Fernsehsender, in dem ein junger Mensch in einer Winternacht ums Leben kommt, der Täter jedoch Fahrerflucht begangen hat. Ganz deckungsgleich sind die beiden Werke jedoch nicht. Während bei dem Kollegen im letzten Jahr das Publikum genau wusste, was vorgefallen war und die Fragen sich eher darum drehten, wie die Figuren mit dem Vorfall umgehen, da lässt Tage des letzten Schnees lange offen, wie genau es zum Unfall kam – obwohl wir Zeuge davon werden. Zudem kommt mit dem Tod der Studentin noch ein zweiter Fall ins Spiel, der Aufmerksamkeit erfordert.

Am stärksten ist der Film jedoch bei dem Handlungsstrang rund um die verstorbene Jugendliche, auch des Ensembles wegen. Barnaby Metschurat  (L’auberge espagnole – Barcelona für ein Jahr) und Victoria Mayer (Invisible Sue – Plötzlich unsichtbar) geben eine überzeugende, geradezu schmerzhafte Vorstellung von einem Paar ab, das seine Tochter verloren hat. Die hässlichen Momente, wenn alles aus ihnen herausbricht, die Unfähigkeit der Verarbeitung, die sich in bizarren Reaktionen äußert, wann immer Tage des letzten Schnees den Fokus auf die beiden legt, geht einem das als Zuschauer durch Mark und Bein. Auch die psychologische Komponente, als Zweifel an Lars’ Schilderung aufkommen, ist interessant, der Beitrag vom Festival des deutschen Films 2019 stellt zumindest in Frage, ob die Erinnerung nicht Teil einer Schuldverdrängung sein könnte.

Rätseln nicht angedacht
Der parallel erzählte Krimistrang um die Studentin ist im Vergleich weniger erwähnenswert. Mit Bjarne Mädel ist da zwar ebenfalls ein versierter Schauspieler zur Stelle, der inzwischen mehrfach bewiesen hat, dass er über seine Stromberg-Tage als belächelter Büronerd hinausgewachsen ist. Und eine gewisse Tragik liegt den Geschichten um ihn und die Verstorbene auch zugrunde. Es geht einem jedoch nicht annähernd so zu Herzen. Der Fall ist aber auch als reiner Krimi nicht wirklich interessant. Gerade weil er eben nicht im Mittelpunkt steht, sondern nur eines von mehreren Themen ist, fällt die Ermittlung äußerst dünn aus. Anstatt immer tiefer in die Materie einzusteigen und neue Erkenntnisse freizulegen, begnügt sich Tage des letzten Schnees mit einem einzigen Verdächtigen und erzählt lieber, warum der das getan haben könnte.

Enttäuschend ist zudem, dass die Adaption von Jan Costin Wagners gleichnamigen Roman nicht sonderlich viel in die Verknüpfung der Stränge investiert. Dass die zusammenhängen, das ahnt man zwar schon früh. Die tatsächliche Auflösung ist jedoch sehr holprig, hastig, macht es sich gleich auf mehrfache Weise zu einfach. Das ist ausgesprochen schade, da die Spannung zumindest anfangs sehr hoch war. Aufgrund der besagten emotionalen Komponente ist das Krimidrama trotz allem sehenswert, zumal es schön bebildert ist und sich weniger aufdringlich gibt als so mancher Kollege, der das Publikum zur Teilnahme zwingen will. Aber inhaltlich wäre da schon noch mehr drin gewesen.

Credits

OT: „Tage des letzten Schnees“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Lars-Gunnar Lotz
Drehbuch: Nils-Morten Osburg
Vorlage: Jan Costin Wagner
Musik: Daniel Benjamin
Kamera: Jan Prahl
Besetzung: Henry Hübchen, Bjarne Mädel, Barnaby Metschurat, Victoria Mayer, Mercedes Müller, Victoria Trauttmansdorff

Bilder

Kaufen

Bei den Amazon-Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

„Tage des letzten Schnees“ beginnt als herzzerreißendes Drama über ein Paar, das seine Tochter verloren hat, kombiniert das jedoch bald mit einem parallelen Kriminalfall. Der ist leider deutlich weniger interessant, zumal die Buchverfilmung beide Stränge auf eine recht plumpe Weise miteinander verknüpft. Aufgrund des starken Ensembles und der schönen Bilder ist die TV-Produktion dennoch sehenswert.
6
von 10