Le Mystère Henri Pick Der geheime Roman des Monsieur Pick
© Roger Arpajou

Der geheime Roman des Monsieur Pick

Kritik

Der geheime Roman des Monsieur Pick
„Der geheime Roman des Monsieur Pick“ // Deutschland-Start: 26. Dezember 2019 (Kino)

Als die junge Verlegerin Daphné (Alice Isaaz) hört, dass es in einem kleinen Dorf in der Bretagne eine Bibliothek gibt, in der lauter abgelehnte Manuskripte eine Heimat gefunden haben, ist sie Feuer und Flamme: Das muss sie sehen! Tatsächlich wird sie auch bald fündig, eines dieser Manuskripte gefällt ihr so gut, dass sie es unbedingt herausgeben will. Das Buch wird bald zur Sensation und von den Kritikern gefeiert. Nur einer ist misstrauisch: Jean-Michel (Fabrice Luchini), der Moderator einer Literatursendung im Fernsehen. Wie kann es sein, dass der verstorbene Henri Pick, der nie im Leben etwas geschrieben hat und eine kleine Pizzeria führte, ein solches Meisterwerk geschaffen haben soll? Also macht er sich auf die Suche nach Beweisen und wird dabei von Joséphine (Camille Cottin) begleitet, der Tochter des mutmaßlich verkannten Genies …

Es gibt mehr Autoren in Frankreich als Leser, heißt es an einer Stelle von Der geheime Roman des Monsieur Pick. Ein kleiner Satz, etwas beiläufig, der zugleich zwei Themen auf den Punkt bringt, die in dem Film anklingen. Zum einen, dass immer mehr Leute meinen, etwas zu sagen zu haben, was für andere relevant ist. Zum anderen, dass es in dem Wirrwarr aus Stimmen gar nicht mehr darum geht, was wer wie zu sagen hat. Das wird oft zur Nebensache. Wichtiger ist die Inszenierung des Gesagten, die Geschichte um die Geschichte. Gehört wird, wer sich selbst irgendwie interessant machen kann, der eigentliche Inhalt ist Nebensache.

Zwischen Liebeserklärung und Spott
Das könnte man als einen unverhohlenen Angriff auf die ganzen Selbstinszenierer dieser Welt sehen, auf Influencer, die es geschafft haben, sich selbst zur Marke gemacht zu haben, obwohl sie nicht mehr sind als heiße Luft. Doch diese Spitzen sind nur kurz, Der geheime Roman des Monsieur Pick hat gar nicht vor, die Gesellschaft auseinanderzunehmen und sich in elitäre Verachtung zu stürzen. Die Adaption eines Romans von David Foenkinos (Zu Ende ist alles erst am Schluss) macht sich über die Leute lustig, macht sich über das Verlagswesen lustig. Sie macht sich aber auch über Jean-Michel lustig, der ohne Gespür fürs Zwischenmenschliche die Leute vor den Kopf stößt. Gleichzeitig ist der Film aber ein unbeschwerter Spaß, eine Liebeserklärung an das Geschichtenerzählen, an das Lesen und Entdecken.

Interessant ist dabei, wie Regisseur und Co-Autor Rémi Bezançon (Ein freudiges Ereignis) diese Liebeserklärung in Form eines Quasi-Krimis umsetzt. Hier wurde niemand ermordet, es gibt auch kein erkennbares Verbrechen – sofern der Verlag nicht mutwillig die Öffentlichkeit getäuscht hat. Hier geht es „nur“ um die Frage, wer denn wirklich ein Buch geschrieben hat. Das ist strafrechtlich weniger relevant, außer Jean-Michel scheint es auch niemanden zu interessieren, wer der Autor war oder nicht war. Damit wird der Kritiker zu einem dieser Detektive, die sich ganz allein gegen das System stellen, ein aufrechter und einsamer Verteidiger der Wahrheit.

Ja, und was war nun wirklich?
Das Publikum hat er dabei recht schnell auf seiner Seite. Nicht weil er ein so großer Sympathieträger wäre. Er bessert sich zwar mit der Zeit, unter anderem durch den Einfluss von Joséphine. Ein bewundernswerter Held sieht dennoch anders aus. Dafür will man als Zuschauer doch wissen, was hinter all dem steckt, ob er recht hat und wenn ja, wer der mysteriöse Autor denn nun sein kann. Wie in einem klassischen Whodunnit à la Agatha Christie werden Spuren verfolgt, Verdächtige befragt, Orte erkundet und in Archiven gewühlt. Das führt dann oft in eine Sackgasse, vermeintlich sichere Antworten stellen sich als Trugschluss heraus – wie in einem „echten“ Krimi.

Einen solchen sollte man dennoch nicht erwarten. Die Auflösung als solche ist eher schwach, wird dem großen Trubel drumherum kaum gerecht. Es ist vielmehr der Weg dorthin, der die Qualität von Der geheime Roman des Monsieur Pick ausmacht. Bezançon ist geschickt dabei, verschiedenste Elemente zusammenzuführen: Mal ist der Film witzig, mal spannend, zwischendurch auch bewegend. Auch die Kontraste zwischen Paris und der Bretagne – die Geschichte wechselt dauernd zwischen beiden – sorgen für Abwechslung, ohne sich dabei auf die üblichen Culture-Clash-Plattitüden einzulassen. Ein gutes Ensemble rundet den Spaß ab, allen voran natürlich Fabrice Luchini (Das zweite Leben des Monsieur Alain) als verbissener Spürhund, der durch dieses Rätsel einen Zugang zum Leben findet, den er zuvor lange Zeit nicht mehr hatte.

Credits

OT: „Le Mystère Henri Pick“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Rémi Bezançon
Drehbuch: Vanessa Portal, Rémi Bezançon
Vorlage: David Foenkinos
Musik: Laurent Perez del Mar
Kamera: Antoine Monod
Besetzung: Fabrice Luchini, Camille Cottin, Alice Isaaz, Bastien Bouillon

Bilder

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„Der geheime Roman des Monsieur Pick“ erzählt von einem Literaturkritiker, der die Autorenschaft eines Bestsellers anzweifelt. Die Komödie arbeitet mit zahlreichen Krimielementen, ist mal witzig, mal spannend, mal bewegend. Gleichzeitig ist die Romanadaption selbst eine Liebeserklärung an das Geschichtenerzählen, verbindet kleine Spitzen mit Warmherzigkeit.
7
von 10