Ich war noch niemals in New York
© Universal Pictures

Ich war noch niemals in New York

Ich war noch niemals in New York
„Ich war noch niemals in New York“ // Deutschland-Start: 17. Oktober 2019 (Kino)

Eigentlich ist es Lisa Wartberg (Heike Makatsch) gewohnt, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen und gemacht wird, was sie sagt. Doch im Moment läuft so gar nichts, wie sie es sich vorstellt. Als wäre es nicht schon blöd genug, dass die von ihr moderierte Show unter Zuschauerschwund mangelt. Nein, ihre Mutter Maria (Katharina Thalbach) verletzt sich bei einem Sturz, verliert dabei das Gedächtnis und will nun unbedingt per Schiff nach New York. Als Lisa zusammen mit ihrem Maskenbildner Fred (Michael Ostrowski) die alte Dame von Bord holen will, schaffen sie nicht mehr den Absprung und müssen nun wohl oder übel die lange Reise antreten, auf der sie unter anderem dem Witwer Axel (Moritz Bleibtreu), dem Bordzauberer Costa (Pasquale Aleardi) und dem Casanova Otto (Uwe Ochsenknecht) über den Weg laufen …

Die letzten Monate haben eine Reihe von Filmen großer Musiker und Bands gehuldigt. Ob nun die Biopics Bohemian Rhapsody (Queen) oder Rocketman (Elton John) oder auch die Wohlfühl-Komödien Yesterday (Beatles) und Blinded by the Light (Bruce Springsteen), da tummelte sich schon sehr viel musikalische Prominenz auf den deutschen Leinwänden. Nun mag auch Deutschland selbst mitspielen und schickt dafür ein heimisches Schwergewicht an den Start: Udo Jürgens. Der war mit über 100 Millionen verkaufter Tonträger schließlich einer der erfolgreichsten Interpreten des deutschen Sprachraums. Wobei der Vergleich von Ich war noch niemals in New York mit den obigen Titeln hinkt. Denn anders als dort spielt Jürgens selbst hier keine Rolle, er wird lediglich im Abspann gewürdigt.

Hitparade auf hoher See
Dafür stehen die Lieder, die durch ihn bekannt geworden sind, noch deutlich mehr im Vordergrund als bei den anderen. Genauer handelt es sich bei Ich war noch niemals in New York um eine Filmadaption des gleichnamigen Bühnen-Musicals aus dem Jahr 2007. Und wie das bei Musicals nun mal so ist, die Geschichte wird da mitunter zur Nebensache. Sie dient eher als eine Art Bindeglied, um von einem Lied zum nächsten zu wechseln und ihnen eine Art Kontext zu verpassen. So extrem wie hier fällt das aber nur selten auf, man gab sich keine so rechte Mühe, die musikalischen Einlagen sinnvoll in das Geschehen an Bord einzubauen. Wichtiger war es, das Best of Jürgens unterzubringen, egal wie.

Für das Zielpublikum dürfte das aber bereits eingeplant sein. Die wichtigere Frage lautet: Lohnt sich das? Das ist natürlich weitestgehend auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Wer die Schlager des österreichischen Sängers liebt, der hat zwangsläufig deutlich mehr von Ich war noch niemals in New York. Ob nun Griechischer Wein, Mit 66 Jahren oder Vielen Dank für die Blumen, da sind reihenweise Gassenhauer dabei. Aber selbst die Vorliebe für die Lieder vorausgesetzt, wird doch zu schnell deutlich, dass hier Schauspieler vor der Kamera stehen und keine Sänger. Ein paar Lichtblicke gibt es, beispielsweise Marlon Schramm, der den Sohn von Alex verkörpert oder auch die eine oder andere Massenszene. Ansonsten sind die Gesangskünste aber überschaubar.

Bunte Hülle ohne emotionalen Tiefgang
Dafür gibt es einiges zu sehen. Das Kreuzschiff, auf dem Lisa und die anderen ihrem Liebesglück hinterherjagen, sieht zu keinem Zeitpunkt real aus, soll es auch gar nicht. Stattdessen ist es eine knallbunte, als solche auch zu erkennende Kulisse, vor der kräftig gescherzt, getanzt oder geschmachtet wird, oft alles auf einmal. Das hat einen gewissen Charme, auch wenn die in Ich war noch niemals in New York behauptete Romanze zu keinem Zeitpunkt spürbar wird. Nicht dass es an Versuchen mangeln würde, mit gleich drei sich überlappenden Liebesgeschichten ist der Stoff da für große Gefühle. Aber das bringt eben wenig, wenn man weder dem Inhalt noch den Figuren Glauben schenkt. Postkarten ersetzen dann doch eben nicht den persönlichen Besuch eines Ortes.

Nur dann und wann macht dieser Hochsee-Trubel tatsächlich Spaß. Katharina Thalbach (100 Dinge) sieht man bei ihrer Verkörperung der zerstreuten älteren Dame beispielsweise immer wieder gerne zu, zumal ihre Figur eine der wenigen ist, die nicht auf völlig konstruierte Weise dem eigenen Glück im Wege stehen. Oder auch die erwähnten Massenszenen, wenn Dutzende von Menschen ganz altmodisch in den Straßen tanzen oder quer durch die Kulissen springen. Das passiert allerdings zu selten, Ich war noch niemals in New York ist ein ziemlich zäher Film, mit altbackenem Humor und schriller Fröhlichkeit, die schnell langweilt. Daran ändert auch das eigentlich gut aufgelegte und prominente Ensemble nicht, statt der großen Sehnsucht, die der Titel beinhaltet, gibt es hier gekauften Kaffee und Kuchen in Plastikgeschirr.



(Anzeige)

„Ich war noch niemals in New York“ nimmt eine Reihe berühmter Lieder von Udo Jürgens und bastelt notdürftig eine Geschichte um drei Liebespaare auf einem Kreuzfahrtschiff drumherum. Wer die Gassenhauer liebt, hat klar mehr vom Film. Mängel wie fehlende Gesangskünste und die kaum überzeugenden Romanzen bleiben aber auch dann.
4
von 10