Blinded by the Light

Blinded by the Light

Blinded by the Light
„Blinded by the Light“ // Deutschland-Start: 22. August 2019 (Kino)

Seit vielen Jahren schon lebt die Familie von Javed (Viveik Kalra) in der englischen Stadt Luton. Aber so richtig heimisch sind die pakistanischen Auswanderer nie geworden. Mal haben sie mit dem Rassismus der anderen zu kämpfen. Aber auch das Festhalten an alten Traditionen sorgt daheim immer wieder für Ärger. So will der Teenager unbedingt Schriftsteller werden, womit seine konservativen Eltern jedoch wenig anfangen können. Richtig übel wird es jedoch erst, als Javeds Vater Malik (Kulvinder Ghir) seine Arbeit verliert und einfach keine neue findet. Halt gibt dem Jugendlichen die Musik von Bruce Springsteen, die ihm sein Mitschüler Roops (Aaron Phagura) eines Tages mitgibt und die sein Leben verändern wird.

In den letzten Monaten hat es eine ganze Reihe von filmischen Huldigungen an die Großen der Pop- und Rockgeschichte gegeben. Das Queen-Biopic Bohemian Rhapsody schlug wie eine Bombe an den Kinokassen ein, das Elton-John-Musical Rocketman verzückte die Kritiker, auch die ungewöhnliche Beatles-Hymne Yesterday erfreute sich weltweit einer größeren Zahl Fans. Da passt es doch ganz gut, wenn nun auch Blinded by the Light den Weg zu uns findet, eine Ehrung des prototypischen US-Rockers Bruce Springsteen, die wie schon die anderen drei Kollegen den Titel eines Songs für den des Films zweitverwertet.

Zurück in die Vergangenheit
Der Zeitpunkt ist auch ganz gut, das neue Album des Urgesteins war nur wenige Wochen zuvor weltweit ganz vorne in den Charts. Mit dem hat Blinded by the Light jedoch nichts zu tun. Kann auch gar nicht: Der Film ist eigentlich schon einige Monate alt, hatte beim Sundance Film Festival 2019 Weltpremiere. Vor allem aber spielt die Geschichte in den 1980ern, als Springsteens Born in the USA – mit 30 Millionen verkauften Exemplaren eines der erfolgreichsten Alben aller Zeiten – noch vergleichsweise frisch in den Ohren war. Entsprechend groß ist hier der Nostalgiefaktor, wenn Javed und seine Freunde in den damals typischen Klamotten herumlaufen, man Musik noch mittels Kassette hört und Tiffany der letzte Schrei ist – die Sängerin, nicht der Juwelenladen.

Wer auch nur ansatzweise etwas mit der damaligen Zeit anfangen kann, der wird hier gar nicht mehr aus dem Grinsen herauskommen. Aber auch der Rest wird genügend finden, um sich gut zu fühlen und ein bisschen Spaß zu haben. Da wäre, klar, schon einmal der enorme Kontrast zwischen Javed und seinem Idol. Die Verkörperung des hemdsärmeligen amerikanischen Helden und ein pakistanischer Teenager in einer britischen Kleinstadt? Was genau sollen die miteinander gemeinsam haben? So richtig klar wird das auch nie, was der Protagonist genau in der Musik sieht bzw. weshalb er meint, einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Aber es ist schon recht lustig, mit welcher Vehemenz er das behauptet.

Die Freude der Jugend
Vor allem ist es rührend: Auch wenn Blinded by the Light als Zeitporträt und Springsteen-Ode durchgeht, so ist der Film doch in erster Linie eine Liebeserklärung an die Jugend an sich, losgelöst von Zeit und Ort. Natürlich ist es irgendwie peinlich, wenn Javed seinem Idol nacheifert und die Freunde singend auf der Straße laufen, als wäre das hier eigentlich ein Musical. Aber es ist von einer so ehrlichen Gefühlswelle getragen, die sich für nichts geniert, die niemandem gefallen will, dass man selbst davon weggespült wird. Das ist dann vielleicht nicht die ganz große Kunst, der Film neigt dazu, mit der Musik vieles ein bisschen zu überdecken. Roops beispielsweise ist andauernd zu sehen, entwickelt aber in den knapp zwei Stunden so gar keine Persönlichkeit. Er ist lediglich der Überbringer der großen Musikweisheit.

Dabei hat Sarfraz Manzoor, auf dessen Memoiren der Film zurückgeht und der auch am Drehbuch beteiligt war, einiges zu sagen. Er zeigt ein Thatcher-England, das an der eigenen Kälte erfriert, befasst sich mit Themen wie Rassismus und dem Umgang mit Familientraditionen. Auch der Widerstreit von einer künstlerisch orientierten Lebensphilosophie und dem nackten wirtschaftlichen Druck spielt immer wieder hinein. Das Motto: Gedichte sind schön und gut, bezahlen aber nicht Wohnung und Essen. Und auch die Romantik kommt nicht zu kurz, wenn sich Javed in die rebellische Aktivistin Eliza (Nell Williams) verliebt. Wenn überhaupt, dann hat Blinded by the Light zu viele Themen und schafft es nicht, alles so richtig miteinander zu verbinden – einzelne Elemente werden schnell mal vergessen oder nur behelfsmäßig aufgelöst, gerade zum Ende hin. Aber das geschieht hier mit so viel Charme und Freude, auch wegen der umwerfend auftretenden Nachwuchsdarsteller*innen, dass man dem Film das nicht wirklich übel nehmen mag.



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„Blinded by the Light“ erzählt die Geschichte eines jungen Briten mit pakistanischen Wurzeln, der dem Kleinstadtmief und Familientraditionen dank der Musik von Bruce Springsteen entkommt. Der Film funktioniert dabei gleichzeitig als Zeitporträt der späten 80er wie auch als universelle Liebeserklärung an die Jugend und die Kraft der Musik. Das ist charmant und unterhaltsam, auch wenn die Vielzahl der Themen und diverse Figuren eher oberflächlich behandelt werden.
7
von 10