Die Schattenfreundin
© ZDF/ Michael Boehme

Die Schattenfreundin

Die Schattenfreundin
„Die Schattenfreundin“ // Deutschland-Start: 28. Oktober 2019 (TV)

Ein neuer Anfang, als solcher war der Umzug von Familie Ortrup von Frankfurt am Main nach Bonn geplant. Dort sollte Katrin (Miriam Stein), der es zuletzt nicht so gut ging, die Praxis ihres Vaters Franz (Harald Krassnitzer) übernehmen. Doch dann kommt es anders. Franz erleidet einen leichten Herzinfarkt, ihr Mann Thomas (Golo Euler) ist beruflich bedingt ständig unterwegs und deshalb auch keine Hilfe. Immerhin, auf dem Spielplatz lernt sie Tanja (Britta Hammelstein) kennen. Sie sind sich auf Anhieb sympathisch, sehen sich regelmäßig, da Tanja einen Sohn im gleichen Alter hat. Deswegen nimmt sie auch deren Angebot an, sich um Katrins Sohn Leo (David Grüttner) zu kümmern, als ihr mal wieder die Zeit fehlt. Eine Entscheidung, die sie bald bereut, denn kurze Zeit später sind Tanja und Leo spurlos verschwunden …

Es ist ein Albtraum, den man sich als Elternteil gar nicht vorstellen mag: Das eigene Kind ist weg. Man weiß nicht warum, kann nichts dagegen tun, fühlt sich völlig hilflos. Schon vorher gibt sich Die Schattenfreundin große Mühe, Katrin als eine vom Leben überforderte Frau darzustellen. Der Vater ist dominant, der Mann nie da, der Spagat zwischen Beruf und Familie gelingt ihr so gar nicht. Und dann wäre da noch die Zerbrechlichkeit, die schon früh angedeutet, später auch sehr explizit erwähnt wird. Eine Powerfrau sieht anders, die Sympathien für ihre Misere sind ihr auch dann sicher, wenn man selbst keine Kinder hat.

Wenn Alltag zur Ausnahme wird
Daraus hätte man leicht ein Drama über die spezielle Doppelbelastung einer berufstätigen Mutter machen können. Immer mal wieder spricht Die Schattenfreundin dieses Thema auch an, zeigt wie sehr sie sich im Stich gelassen fühlt mit den Anforderungen. Doch Christine Drews, auf deren Roman der Film zurückgeht, nimmt das lediglich zum Anlass, um die Entführung überhaupt zu ermöglichen. Denn auch wenn so manch einer vor dem Fernseher die Hände über den Kopf zusammenschlagen wird bei dem Gedanken, das Kind einer Person anzuvertrauen, die man gerade erst kennengelernt hat, angesichts der Situation ist das hier gar nicht so schrecklich unplausibel.

Nachdem das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen ist, beginnt dann auch der eigentliche Film. Erste Anzeichen, dass es jemand auf die Familie abgesehen hat, die gibt es schon früher. Mit dem Verschwinden von Leo kommen jedoch erst die wirklichen Fragen. Wer ist diese Tanja überhaupt? Warum sollte sie Leo entführen wollen? Wo Krimis üblicherweise darauf aus sind, unter mehreren Möglichkeiten den Täter zu finden, da steht hier die Suche nach dem Motiv im Vordergrund. Da wird dann verzweifelt in der Vergangenheit gesucht nach irgendwelchen Leuten, die ein Problem mit den Ortrups haben, Hypothesen angestellt und das eine oder andere Geheimnis ausgepackt. Irgendwo muss man ja anfangen.

Schnell und irgendwie absurd
Das ist leidlich spannend von Michael Schneider (Die Toten vom Bodensee: Die Meerjungfrau) inszeniert, auch wenn die einzelnen Theorien immer ein bisschen schnell abgehakt werden, das hätte gern ausführlicher passieren dürfen. Zumal nicht alles immer ganz nachvollziehbar ist. Das gilt besonders für die enttäuschende Auflösung, da wurde schon kräftig an den Haaren herbeigezogen. Zum Glück wird die Absurdität der Geschichte etwas durch einen anderen Spannungsfaktor beeinflusst, wenn es nicht mehr um die reine Suche geht, sondern um die Frage: Und was tun wir jetzt? Als wäre die Ausgangssituation nicht auch so schon fies genug gewesen, setzt Drews dem Ganzen gegen Ende noch eins drauf.

Das große Highlight ist Die Schattenfreundin dadurch zwar nicht geworden. Trotz des erhöhten Drucks entsteht nicht wirklich mehr Unterhaltungswert, die over-the-top-Entwicklung macht auch die Figurenzeichnung etwas kaputt. Es reicht aber zumindest für einen genügsamen Abend vor dem Fernseher. Die Romanadaption ist ein solider TV-Thriller, getragen von einer ansehnlichen Darstellung: Miriam Stein (100 Dinge) überzeugt als überforderte Mutter, die mit einer absoluten Ausnahmesituation zurechtkommen muss und dabei auch noch zu lernen hat, dass vieles nicht so ist wie vorgestellt.



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In „Die Schattenfreundin“ überlässt eine überforderte Mutter ihren Sohn einer Bekannten, die daraufhin verschwindet. Die Romanadaption überzeugt zunächst als Charakterdrama, bis der Thrillerpart beginnt. Der ist anfangs durchaus spannend, läuft später aber ziemlich aus dem Ruder, was auch die überzeugend auftretende Hauptdarstellerin nicht verhindern kann.
6
von 10