Drachenzaehmen leicht gemacht 3
Ein Dream-Team von Dreamworks Animation: "Drachenzähmen leicht gemacht" ist eine der erfolgreichsten Animationsreihen überhaupt. Der Schweizer Simon Otto war hier als Head of Character Animation für die Figuren zuständig.

Simon Otto [Interview]

Mehr Multi Kulti als Drachenzähmen leicht gemacht geht gar nicht. Die Trilogie handelt vom Zusammenleben von Wikingern und Drachen. Die literarische Vorlage stammt von der britischen Autorin Cressida Cowell, adaptiert wurde diese in den US-Studios von DreamWorks Animation. Der Head of Character Animation wiederum stammt aus der Schweiz. Wir haben Simon Otto anlässlich des Verkaufsstarts von Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt zu einen Erfahrungen gefragt, aber auch den Herausforderungen beim Animieren von Fantasy-Figuren.

Wie bist du zum Bereich Animation gekommen?
Das war eine sehr lange Reise. Ich bin als Kind natürlich mit Cartoons und den Filmen von Disney aufgewachsen und wollte schon immer auch selbst Animationsfilme machen. Verfolgt habe ich den Traum aber erst nach meiner Ausbildung bei der Bank. Ich bin ja ursprünglich Schweizer, da gehört das einfach dazu. Erst einmal was Solides. Danach habe ich ein Jahr lang Schneeskulpturen in den Ski Resorts der Schweiz gemacht. Von dort ging es weiter zu Kunstschulen und anschließend an eine Schule in Paris, die bekannt ist für Animation. Nach einem Jahr an der Schule bin ich schließlich zusammen mit zwei Kommilitonen von DreamWorks angeheuert worden, um als Animator an Der Prinz von Ägypten zu arbeiten. Das war im Grunde der Beginn meiner Karriere.

Das heißt, du hast noch mit klassischem Zeichentrick begonnen?
Genau. Ich habe so vier bis fünf Zeichentrickfilme gemacht und bin dann zu Computeranimation gewechselt. Vor ungefähr zwölf Jahren wurde ich gefragt, Head of Character Animation bei der Adaption des Buches Drachenzähmen leicht gemacht zu werden. Und diese Position hatte ich dann zwölf Jahre lang.

Was sind die Vor- und Nachteile von Computeranimation im Vergleich zu Zeichentrick?
Du bist letztendlich so etwas wie ein digitaler Puppenspieler. Du hast die Puppe immer vor dir und musst sie nicht jedes Mal vorstellen, wenn du sie zeichnest. Die Genauigkeit der Computer erlaubt dir auch subtilere Bewegungen, die du mit dem Bleistift alleine vermutlich nicht hinbekommen würdest. Du bekommst auf diese Weise realistischere, detailreichere und nuanciertere Darstellungen. Außerdem können Designs auf diese Weise sehr viel komplexer sein. Du kannst einzelne Haare bewegen und Poren zeigen und deinen Figuren damit mehr Dreidimensionalität verleihen. Der Nachteil ist: Es hat sehr lange gedauert, bis wir gelernt haben, etwas auch stilisiert darzustellen. Bei Zeichentrick kannst du leichter betrügen – und das haben wir oft –, um etwas ansprechender zu gestalten. Du konntest Sachen zeichnen, wie sie dir gefallen, auch wenn das bei einem dreidimensionalen keinen Sinn ergeben würde. Und jetzt sind wir langsam auch bei der Computeranimation so weit, dass wir die Dinge tun können, die wir damals beim Zeichentrick getan haben. Ich erwarte und hoffe dann auch, dass computeranimierte Filme mit den neuen Möglichkeiten auch neue Looks ausprobieren werden, anstatt wie bisher auf Realismus zu gehen.

Wie ist es dann für dich, auf deine früheren Arbeiten zurückzublicken, als du diese Möglichkeiten noch nicht hattest?
Wenn ich zurückblicke, dann denke ich vor allem über die Geschichten und die Figuren nach und wie viel Arbeit wir in sie investiert haben. Wie alles zusammengewirkt hat. Mein Lieblingsfilm ist immer noch Drachenzähmen leicht gemacht, weil es das perfekte Zusammenspiel vieler stilistischer Entscheidungen war. Eine universelle Geschichte, die wirklich auf allen Ebenen funktioniert. Darauf bin ich noch immer sehr stolz. Aber visuell haben wir uns natürlich schon sehr stark entwickelt seither. Wir hatten damals nicht die notwendige Technik, um alles so machen, wie wir es gern gemacht hätten. Wir hatten auch nicht die Erfahrung. Manches ist im Vergleich zu heute daher etwas unbeholfen. Heute sind wir in erster Linie durch das Budget beschränkt, nicht durch die Fähigkeiten.

In Drachenzähmen leicht gemacht gibt es unzählige Figuren, sowohl menschliche wie auch Drachen. Was ist einfacher zu animieren: etwas, das auf der realen Welt basiert, oder etwas, das pure Fantasie ist?
Darauf gibt es keine wirkliche Antwort, weil beides auf eine unterschiedliche Weise schwierig ist. Bei Menschen hast du im Grunde naturalistische Figuren, die sich weitestgehend so wie richtige Menschen verhalten. Das Publikum merkt dann sehr schnell, wenn sich eine Figur nicht so verhält wie ein menschliches Wesen. Der Vorteil ist, dass du dich selbst als Referenz hast. Wenn du etwas siehst, das falsch ist, kannst du es aufgrund deiner eigenen Erfahrungen berichtigen. Du kannst zum Beispiel deine Freunde beobachten oder dich selbst im Spiegel. Bei Drachen kannst du das natürlich nicht. Du hast mehr Freiheiten und kannst einige wirklich verrückte Dinge tun. Die Schwierigkeit ist vielmehr, diese Dinge auch erfinden zu müssen. Da ist Kreativität gefordert, nicht allein Umsetzung. Wenn Ohnezahn in Drachenzähmen leicht gemacht den Chicken Walk macht zum Beispiel, um Tagschatten zu beeindrucken, da mussten wir uns in der Natur umsehen und etwas finden, das so abwegig ist, dass es die Leute zum Lachen bringt. Oder eben komplett neu erfinden, weil es kein Pendant in der Natur gibt. Außerdem sind die Drachen technisch deutlich komplexer, da sie vier Beine haben statt zwei, Flügel usw.

Und was macht mehr Spaß beim Animieren, Menschen oder Drachen?
Das ist von Animator zu Animator unterschiedlich. Persönlich machte es mir mehr Spaß, Ohnezahn zu animieren. Ich konnte mich dabei immer von meiner Katze inspirieren lassen. Das Verhältnis, das ich zu Ohnezahn habe, ist das Verhältnis, das ich zu meiner Katze habe. Dadurch war das für mich immer eine Herzensangelegenheit. Andere lieben es hingegen, menschliche Figuren zu animieren mit all den subtilen Ausdrucksmöglichkeiten, und sind dann schon fast mehr Schauspieler als Animator.

Drachenzaehmen leicht gemacht 3
Eine der größten Herausforderungen bei „Drachenzähmen leicht gemacht 3“: Ohne Dialoge die Gefühle der beiden Drachen Ohnezahn und Tagschatten ausdrücken.

Welche ist dann deine Lieblingsfigur? Ohnezahn?
Ja, mit Abstand. Ich habe damals die ersten Zeichnungen gemacht und das Design entwickelt. Später habe ich ihn in allen drei Teilen animiert.

Wie fühlt sich das für dich an, dich von ihm und allen anderen Figuren verabschieden zu müssen?
Das ist wirklich bittersüß für mich. Nach drei Filmen und einer epischen Saga, die es in dieser Form vorher nicht gab bei Animationsfilmen, bin ich schon sehr stolz. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass es an der Zeit ist, etwas Neues auszuprobieren. Und ich bin schon sehr aufgeregt, andere Figuren ganz von vorne zu entwickeln. Aber es geht ja nicht nur um die Figuren im Film. Ich muss mich außerdem von den Menschen verabschieden, mit denen ich die Jahre über zusammengearbeitet habe. Von dem Produzenten, den Special Effects Künstlern. Das Animationsteam war drei Filme durch nahezu identisch. Das verbindet natürlich, während wir jetzt überall verstreut sind.

Gibt es denn schon zukünftige Projekte, von denen du uns erzählen kannst?
Leider noch nicht. Ich entwickle gerade eine Vielzahl von Projekten. Aber in Hollywood weißt du nie, welches nun grünes Licht bekommt. Bislang ist da deshalb auch noch nichts fest, und ich bin auch vorsichtig, womit als nächstes weitermachen werde. Es ist auf jeden Fall eine sehr aufregende Zeit für mich.

Wenn du auf die drei Filme zurückblickst, was war die Szene, die am schwierigsten zu animieren war?
Die ganzen Kampfszenen waren natürlich eine Herausforderung. Für mich persönlich war aber die zweite Szene mit Hicks und Ohnezahn die schwierigste, als sie sich am Strand begegnen und eine Bindung aufbauen. Da gab es schließlich keine Dialoge und du musstest alles durch Mimik ausdrücken. Aber auch die Szene, die ich vorhin meinte, wenn Ohnezahn in Drachenzähmen leicht gemacht 3 um das Tagschatten-Weibchen wirbt, war eine große Herausforderung.

Letzte Frage: Was ist dein liebster Animationstitel aller Zeiten?
Es ist natürlich schwierig, die Filme zu schlagen, mit denen du aufgewachsen bist und die dich beeinflusst haben. Für mich war das Das Dschungelbuch. Das ist vermutlich mein Lieblingsfilm. Der und Aristocats. Aber natürlich kommt jedes Jahr ein neuer Film heraus, bei dem du denkst: Das ist mein neuer Lieblingsfilm! Zuletzt hat mich Spider-Man: A New Universe umgehauen. Die Art und Weise der Umsetzung und die Tiefe der Geschichte, das fühlte sich vollkommen neu an, etwas, das du so noch nie gesehen hast. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein Spider-Man-Film derart neuartig sein kann? Das war ein würdiger Oscar-Gewinner. Aber am Ende kehrst du doch immer wieder zu deiner Kindheit zurück und den Filmen, die dich geprägt haben.

Simon Otto Portraet

Zur Person
Simon Otto wurde am 12. Juni 1973 in Uznach, Schweiz geboren. Er studierte an der Les Gobelins Animation School in Paris, bevor er als Animator bei DreamWorks Animation begann. Er arbeitete dort als Animator und Supervising Animator bei zahlreichen Filmen, sowohl im 2D- wie auch 3D-Bereich. Bei der Trilogie Drachenzähmen leicht gemacht (2010), Drachenzähmen leicht gemacht 2 (2014) und Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt (2019) war er als Head of Character Animation tätig. Otto wohnt mit seiner Familie in den USA.



(Anzeige)