Unser Team Nossa Chape
© ALL RISE

Unser Team – Nossa Chape

Unser Team Nossa Chape
„Unser Team – Nossa Chape“ // Deutschland-Start: 28. März 2019 (Kino)

Nur noch wenige Kilometer waren es bis zum Zielflughafen, ein paar Minuten hätten es sein sollen – so dachten die Passagiere –, bis sie ankamen. Aber sie kamen nicht an. Denn die Fluglinie hatte beim Treibstoff zu knapp kalkuliert, um Kosten zu sparen. 71 Menschen bezahlten dafür mit dem Leben: 19 Spieler des brasilianischen Erstligisten Chapecoense, der auf dem Weg zum Finalhinspiel der Copa Sudamericana nach Kolumbien war. Es wäre das erste Finale eines internationalen Wettbewerbs für den Club gewesen. Aber auch zahlreiche Vereinsmitglieder waren an Bord, Journalisten und die Flugcrew. Verschont wurde kaum einer, gerade einmal sechs Menschen überlebten die Katastrophe. Es war eine Nachricht, die damals um die Welt ging. Die auch Leute erreichte und bewegte, die noch nie etwas von dem Club gehört hatten, die sich für Fußball nicht interessieren.

Das gilt auch für Unser Team – Nossa Chape, das sich des Themas annimmt. Knapp 20 Minuten des Dokumentarfilms sind dabei dem Unglück gewidmet. 20 Minuten, bei denen es schon ein sehr versteinertes Herz braucht, um nicht mitzufühlen. Die Ausführungen der Witwen, aber auch der Frauen der drei überlebenden Spieler. Die Bilder der Trauer, die eine gesamte Stadt lähmte. Die Versuche aller anderen, die Verstorbenen zu ehren. Selten fühlt man sich zu Beginn eines Dokumentarfilms derart stark durch die Mangel genommen.

Was tun nach der Katastrophe?
Der Emotionsfaktor bleibt auch später hoch. Doch die Brüder Jeff und Michael Zimbalist – die beiden Männer hinter dem Film – wollten noch mehr. Unser Team – Nossa Chape ist einerseits Denkmal an die Verstorbenen und schmerzhafter Rückblick. Gleichzeitig erzählen die Regisseure aber auch von dem schwierigen Neuanfang. Wie kann ein Fußballteam weiter bestehen, das auf einen Schlag nahezu alle Spieler verloren hat, obendrein noch diverse Funktionäre? Kann es das überhaupt? Eilig wurden neue Spieler gesucht, ein Trainer, der Vorstand neu zusammengesetzt, nur um irgendwie weitermachen zu können.

Es ist aber nicht allein die organisatorische Herausforderung, die Unser Team spannend macht. Ebenso schwierig zu beantworten: Wie soll das neue Team mit der tragischen Vergangenheit umgehen? Eine Balance musste her zwischen Erinnern und Lösen, zwischen Respekt und Selbstbehauptung. Das klappte in der Folgezeit nicht immer so wie erhofft, individuelle und allgemeine Interessen kollidierten, teils recht heftig. Unter anderem warfen die Witwen dem Verein vor, ihnen nicht genug gezahlt zu haben. Sport lebt dann eben doch nicht allein von großen Worten, die auf Bannern stehen. Sport ist auch ein Geschäft.

Bewegend und etwas manipulativ
Die Zimbalists versuchen zwar ein wenig, zwischen den verschiedenen Seiten zu vermitteln. So zeigen sie durchaus, dass das schwere Erbe der Tragödie den neuen Spielern im Weg stand. Auf wessen Seite sie stehen, daran besteht aber kein Zweifel. Da bleiben dann doch des Öfteren mal Aussagen mitten im Raum stehen, ohne dass es Alternativen zu hören gibt. Ein Beispiel: Die rührend verklärende Behauptung zum Schluss, dass es im Team vorher nur Zusammenhalt gab, was mit Archiv-Aufnahmen aus der Umkleide belegt wird.

Das mit den Zwischentönen ist bei Unser Team – Nossa Chape dann auch so eine Sache, oft gehen sie unter der konstant dramatischen Musik von Alejandro Reyes verloren, der sich für keine Manipulation zu schade ist. Aber auch wenn das manchmal übertrieben ist, auf eine gewisse Weise auch zynisch: Der Dokumentarfilm, der auf dem South by Southwest Filmfest 2018 Premiere feierte, ist ein interessantes Werk über Trauerarbeit und die Schwierigkeiten, nach einem Schicksalsschlag wieder von vorne zu beginnen. Auch da braucht es keine sonderliche Affinität zum Fußball. Es reicht, selbst mit Tragödien konfrontiert worden zu sein. Und wenn der Film mit der Erkenntnis endet, dass Fußball und Arbeit nicht alles sind, dass es Wertvolleres gibt, auf das wir uns konzentrieren sollten, dann dürfen alle im Publikum ein bisschen was mit nach Hause nehmen.



(Anzeige)

„Unser Team – Nossa Chape“ erzählt von der Tragödie, als Ende 2016 ein Flugzeug mit einem beinahe kompletten Fußballteam zerschellte. Der Dokumentarfilm ist dabei gleichzeitig Denkmal an die Verstorbenen wie auch Begleitung während der schwierigen ersten Schritte danach. Das ist manchmal etwas dicker aufgetragen und ohne viel Nuancen, aber doch bewegend genug – selbst für Leute, die mit Fußball nichts anfangen können.