Birds without Names

Birds Without Names

„Kanojo ga Sono Na wo Shiranai Toritachi“, Japan, 2017
Regie: Kazuya Shiraishi; Drehbuch: Taeko Asano; Vorlage: Mahokaru Numata
Darsteller: Yû Aoi, Sadao Abe, Tôri Matsuzaka, Yutaka Takenouchi

Birds without Names
„Birds Without Names“ läuft im Rahmen des 18. Nippon Connection Filmfests in Frankfurt am Main (29. Mai bis 3. Juni 2018)

Liebe? Nein, das empfindet die 33-jährige Towako (Yû Aoi) sicher nicht für den 15 Jahre älteren Jinji (Sadao Abe). Eigentlich verabscheut sie den Bauarbeiter sogar, für seine einfache Art, seine Anhänglichkeit, seine mangelnde Etikette. Aber er bringt Geld nach Hause. Und da Towako nicht vorhat, selbst welches zu verdienen, wohnt sie dann doch eben bei ihm, duldet seine Anwesenheit, ohne ihn aber zu nahe an sich heranzulassen. Dann doch lieber Mizushima (Tôri Matsuzaka), den sie eines Tages kennenlernt, als sie sich mal wieder bei einem Geschäft über den mangelnden Service beklagt. Am liebsten wäre sie jedoch mit Kurosaki (Yutaka Takenouchi) zusammen. Mit ihm hatte sie vor acht Jahren eine Affäre, bevor die Beziehung ein sehr hässliches Ende nahm. Seither haben sie keinen Kontakt mehr. Aber noch immer träumt sie von ihm, bis sie eines Tages wieder bei ihm anruft …

Es dauert lange, bis wir in Birds Without Names einmal die Vögel zu sehen bekommen, die in dem Titel angedeutet werden. Knapp zwei Stunden sind zu dem Zeitpunkt bereits vergangen, als sich der Schwarm erhebt und den ganzen Himmel schwarz färbt, während Towako ihnen nachsieht. Zu sehen gab es davor in dem Drama aber genug. Zu viel sogar für den einen oder anderen. Zumindest für die Leute, die ganz gern noch so ein bisschen an das Gute im Menschen glauben. Denn davon wird am Ende nicht viel übrigbleiben.

Zwischen Drama und Krimi
Wenn überhaupt sind es einige Nebenfiguren, die uns nicht ganz an der menschlichen Natur verzweifeln lassen, Towakos Schwester zum Beispiel oder Kurosakis Frau. Aber die tauchen nur selten auf, haben für den Fortlauf der Geschichte keinen nennenswerten Einfluss. Wobei die Geschichte an sich ohnehin nicht sonderlich nennenswert ist. Der auf einem Roman von Mahokaru Numata basierende Film versucht zwar im weiteren Verlauf, das Drama mit Krimielementen auszubauen. So richtig funktioniert das aber nicht. Die Frage, was mit Kurosaki passiert ist bzw. was genau damals zwischen ihm und Towako vorfiel, die wird nur stiefmütterlich behandelt. Und wenn uns dann doch endlich eine Antwort geliefert wird, dann ist die nicht sonderlich überzeugend.

Sehr viel spannender ist Birds Without Names als Porträt einer kaputten Liebe bzw. als Ansammlung dysfunktionaler Beziehungen. Dabei spielt es erst einmal keine Rolle, ob es nun um die Frauen oder die Männer geht. Towako wird schon in den ersten Minuten als furchtbare Person etabliert, die nicht nur Jinji bei jeder Gelegenheit anschnauzt, sondern auch als Kundin ihre Macht gnadenlos missbraucht. Eigentlich wäre Jinji damit das Mitleid sicher. Ist es zunächst auch. Seine Tollpatschigkeit ist jedoch weniger liebenswert als vielmehr irritierend, ebenso seine starke Unterwürfigkeit und sein eigenwilliger Umgang mit Hygiene. Mizushima und Kurosaki wiederum sind sehr auf ihr Äußeres bedacht, dabei leicht schmierig, chronisch unehrlich. Bei Letzterem kommt noch der Hang zu Gewalt hinzu.

Für Liebhaber schön hässlicher Geschichten
Wenn solche Menschen aufeinandertreffen, ist das unangenehm, manchmal auch etwas anstrengend. Aber doch auch faszinierend: Birds Without Names zeigt zwischenmenschliche Abgründe auf, ohne einem irgendwann einmal ein bisschen Hoffnung zum Ausgleich zu geben. Das ist vor allem der starken Darsteller wegen sehenswert. Allen voran Yû Aoi (Hana & Alice, Over the Fence) brilliert als Frau zwischen Manipulation und Obsession. Eine, die sich Gewalt antun lässt, nur um im nächsten Moment selbst welche zuzufügen. Dafür gab es eine Reihe von Filmpreisen bzw. Nominierungen, unter anderem bei den Japan Academy Awards und den Asian Film Awards. Schön ist das Drama, das auf der Nippon Connection 2018 seine Deutschlandpremiere feiert, natürlich nicht, soll es auch gar nicht sein. Wer jedoch in der Stimmung ist, mal wieder ein wenig im Dreck zu wühlen, der ist hier an einer guten Adresse – auch der düster-heruntergekommenen Bilder wegen, die Osaka nicht unbedingt von der Schokoladenseite zeigen.



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Er liebt sie, sie liebt jemand anderen, der wiederum liebt nur sich selbst: „Birds Without Names“ zeigt ein Liebeskarussell einer etwas anderen Art. Einer sehr hässlichen Art. Sympathieträger sind in dem Film dann auch rar gesät, die Hauptfiguren sind jeder auf seine Weise abstoßend. Das ist als Drama über dysfunktionale Beziehungen stark, auch der Darsteller wegen. Die Krimielemente überzeugen jedoch weniger, so wie die Geschichte insgesamt nicht viel hergibt.
7
von 10