Garten der Sterne
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Garten der Sterne

„Garten der Sterne“, Deutschland, 2016
Regie: Pasquale Plastino, Stephane Riethauser; Musik: Bruno Moretti

Garten der Sterne
„Garten der Sterne“ läuft ab 18. Januar 2018 im Kino

Friedhöfe sind sehr ernste Orte. Orte, an denen man nur mit gesenktem Haupt entlangschleicht, so als wolle man niemanden sehen, nicht gesehen werden. Bernd Boßmann ist da ganz anderer Ansicht. Er war es immer gewohnt, dass man ihn ansah, wenn er als Ichgola Androgyn oder Klär Grube auftrat. Oder als Aktivist für die Schwulenszene. Und auch beim Tod hält er nicht viel davon, verschämt wegzuschauen. Er ist Teil des Lebens und sollte auch als ein solcher behandelt werden. Trauer ja, ist notwendig. Aber auch Kuchen. Tanzen. Lachen. Denn vor dem Tod sind alle gleich.

Letzteres ist die Quintessenz des von der Sängerin und Schauspielerin Zazie de Paris vorgetragenen Grimmschen Märchens „Gevatter Tod“, welche Garten der Sterne seinen Rahmen gibt. Die liegen übrigens auch auf dem Berliner Friedhof begraben, der zum Schauplatz der Dokumentation wird. Wie so viele. „Der Gevatter Tod“ heißt dieses Märchen, wird zu Beginn vorgelesen und immer mal wieder während der folgenden sechzig Minuten aufgegriffen. Es ist so etwas wie die Konstante in einem Film, der gar nicht vor hat, einen roten Faden aufzurollen. Stattdessen wird hier jedes Thema mal angeschnitten, was irgendwie mit dem Friedhof, besagtem Garten oder auch Boßmann selbst zu tun hat.

Ein kleiner Snack zur Trauer gefällig?
Beispiel: das Café. Vorher war in Deutschland noch niemand auf die Idee gekommen, in einem Friedhof ein Café zu eröffnen. Vielleicht war er sogar der erste in Deutschland, mutmaßt Boßmann. Alle hatten ihn auch für verrückt erklärt, als er von diesem Plan erzählte. Aber er musste es tun, das Haus selbst hatte ihn darum gebeten. Und wie sie so dasitzen, die älteren Damen, die nach dem Friedhofsbesuch noch eine kleine Stärkung brauchen oder sich vielleicht auch nur ein bisschen hinsetzen wollten, wer wolle da dem Haus widersprechen?

Beispiel: der Garten der Sterne. Viele Menschen sind natürlich auf dem Friedhof beerdigt. Boßmann betreut hier aber auch Beerdigungen einer etwas anderen Art. Totgeborene Kinder. Auch hier vertritt er die Ansicht, dass die Leute sich offen damit auseinandersetzen müssen. Die Kleinen sollen einen Namen haben, damit sich die Eltern verabschieden können. Und auch Geschwister sollen hier sein, gerade auch weil diese bei der Trauerarbeit oft nicht ernstgenommen werden. Dafür ist der Tod zu ernst. Ein Kind, das umherläuft und singt? Das gehört sich nicht! Doch, tut es, so Boßmann. Kinder trauern ebenfalls, aber auf ihre eigene Weise. Diesen Regeln vorzusetzen, wie und wann sie zu trauern haben, würde weder ihnen, noch der Situation gerecht.

Bunt und abwechslungsreich wie das Leben
Und so ist es dann ein ganzer Strauß an Themen, die wir aus dem Garten der Sterne mit nach Hause nehmen. Das eine ist größer als das andere, bunter auch. Zwischendrin versteckt sich eine Ausführung zur LGBT-Szene, von denen viele auf dem Friedhof ihre letzte Ruhe gefunden haben. Aber es ist eine interessante Mischung, die durch mehrere Faktoren zusammengehalten wird. Das Oberthema Tod. Das Märchen. Der Ort. Und natürlich Boßmann selbst, der als einziger in dem Film richtig zu Wort kommt, mit uns seine Erfahrungen und kleine Weisheiten teilt, im einem Moment schillernd, im nächsten naturverbunden oder eben auch einfühlsam ist. Trotz des eigentlich morbiden Drumherums ist man hier gelassen und gelöst, eine Feel-good-Doku, so bunt und abwechslungsreich wie das Leben.



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Ein Café mitten im Friedhof, Beerdigungen von totgeborenen Kindern, dazu ein Märchen der Gebrüder Grimm – „Garten der Sterne“ nähert sich dem Thema Tod auf eine ganz eigene Weise an. Einen roten Faden sucht man vergeblich, stattdessen ist die Doku so bunt und abwechslungsreich wie das Leben.