Score Eine Geschichte der Filmmusik
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Score – Eine Geschichte der Filmmusik

(OT: „Score: A Film Music Documentary“, Regie: Matt Schrader, USA, 2017)

Score Eine Geschichte der Filmmusik
„Score – Eine Geschichte der Filmmusik“ läuft ab 4. Januar 2018 im Kino

Viele Hundert Menschen arbeiten inzwischen an Filmen, der Abspann mit den Credits dauert meist fünf bis zehn Minuten, um sie alle genannt zu haben. Wenn es darum geht, wer wichtig ist für das Gelingen, dann konzentrieren sich die meisten dann aber doch auf die sichtbaren Mitwirkenden. Sprich: die Schauspieler. Manchmal kommt noch der Geschichtenerzähler hinzu, also der Regisseur, der die vielen Fäden in der Hand hält. Dabei besteht die Geschichte eines Films nur zum Teil aus dem, was man sieht. Oftmals genauso wichtig ist das, was man hört. Musik kann das Geschehen unterstützen, ihm zuwiderlaufen, es teilweise sogar steuern. Und all das, ohne dass man es merkt.

Matt Schrader hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, eben den Menschen Gehör zu verleihen, denen wir zwar ständig zuhören, uns dessen aber gar nicht bewusst sind. Das sind eine ganze Menge Menschen. Anstatt sich einzelne Aspekte herauszupicken, will der Regisseur lieber den großen Bogen spannen, von den Anfängen bis heute. Dass das dem Thema nicht gerecht werden kann, dürfte jedem klar sein. Mehr als 100 Jahre Filmmusikgeschichte in anderthalb Stunden? Nahezu ausgeschlossen.

Namesdropping im Sekundentakt
Die Nachteile einer solchen Vorgehensweise lassen dann auch nicht lange auf sich warten. Da wäre zum einen der Affenzahn, mit dem Schrader durch die Historie rast. Score ist ein Schnittgewitter aus Namen, Gesichtern und Melodien, welches keinen Raum für Tiefgang lässt. Über die Menschen selbst erfahren wir so gut wie nichts, allenfalls die eine oder andere Anekdote springt dabei heraus. Und auch in punkto Entwicklung der Filmmusik reicht es allenfalls für Titelzeilen, den eigentlichen Artikel müssen wir woanders suchen.

Schade – wenn auch verständlich – ist zudem dass Score sich auf die ganz großen Namen konzentriert. John Williams erhält standesgemäß den längsten Part, schließlich hat er mit Der weiße Hai, Star Wars oder auch E.T. die Filmmusik geprägt wie kaum ein anderer. Als zeitgenössischer Komponist darf unter anderem Hans Zimmer auftreten. Interviewpartner wie Danny Elfman, David Arnold, Howard Shore oder Quincy Jones sind dem geneigten Filmfan natürlich auch ein Begriff. Ein paar der neueren Vertreter haben sich noch nicht vergleichbar namentlich in die Geschichtsbücher geschrieben. Wer aber die Filmmusik zu Avengers: Age of Ultron oder Minions beigesteuert hat, ist zumindest in kommerzieller Sicht wichtig.

Oberflächlich, aber doch auch schön
Trotz eines Kurzauftritts von Trent Reznor und Atticus Ross, die unter anderem den Score für The Social Network geschrieben haben, liegt der Fokus daher eindeutig auf den Blockbustermusiken. Und selbst die beiden würde man wohl kaum als Geheimtipp bezeichnen wollen, allein schon nicht der Oscarauszeichnung für die beste Filmmusik wegen. Richtig viel Neues erfährt man durch die Doku also nicht. Selbst Experten wie eine Wissenschaftlerin oder der bekannte Filmkritiker Leonard Maltin werden auf die Rolle des Stichwortgebers reduziert. Vielmehr ist der Film wie eine dieser Sendungen zum Jahresende, welche im Schnellverfahren die vergangenen zwölf Monate abarbeiten wollen.

Aber auch wenn es schade ist, dass Score ein zwar umfangreiches, letztendlich aber oberflächliches Abhaken der großen Stationen ist, als Filmfan kommt man trotzdem kaum drumherum. So viele Größen der Branchen aus dem Tonstudio sieht man schließlich nur selten auf so engem Raum vereint. Eine Reihe davon wird man vielleicht namentlich kennen, aber doch noch nie in einem Interview gesehen haben. Allein für diese Leistung heißt es dann doch, den Hut vor Schrader zu ziehen. Außerdem gelingt es dem Amerikaner ja ganz gut, die Nostalgie der Zuschauer anzuzapfen. Ob es die Fanfare von 20th Century Fox ist, ein wiederkehrendes Theme aus Herr der Ringe oder die berühmte Duschszene aus Psycho – mit Schrader durch die Filmgeschichte zu reisen, das bedeutet vielen Bekannten wiederzubegegnen und ausgiebig in Erinnerungen zu schwelgen.



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Das Ziel ist ambitioniert, der Aufwand beachtlich – „Score“ handelt in anderthalb Stunden die komplette Geschichte der Filmmusik ab und traf dafür Dutzende großer Namen. Das führt naturbedingt zu einem recht oberflächlichen Abhaken der einzelnen Stationen und konzentriert sich sehr auf die großen Blockbuster. Sehenswert ist die Doku dennoch, gerade für nostalgisch veranlagte Zuschauer, die mit den vielen Beispielen aufgewachsen sind.