Final Fantasy Legend of the Crystals
© 1994 Square / NTT Publishing Co Ltd

(„Final Fantasy“ directed by Rintaro, 1994)

Final Fantasy Legend of the Crystals200 Jahre sind vergangen, seit eine Gruppe tapferer Helden den Planeten R vor dem sicheren Untergang bewahrte und die Kristalle der vier Elemente vor finsteren Eindringlingen schütze. Kaum einer erinnert sich noch an die Ereignisse von einst, als eine neue Gefahr droht. Die seinerzeit verbannten Schurken konnten sich wieder versammeln und wagen einen neuen Angriff, gleich drei der vier Kristalle nennen sie bereits ihr Eigen. Nur einer, der Kristall des Windes ist noch übrig, die letzte Chance, das Unglück noch abzuwehren. Und es liegt nun an dem Abenteurer Prettz und der Beschwörerin Linally, ihre Heimat zu retten.

Ältere Gamer werden sich eventuell noch daran erinnern, dass die Spielereihe „Final Fantasy“ ursprünglich nicht für eine pseudorealistische und düstere Welt stand, sondern klassische Abenteuergeschichten zwischen Science Fiction und eben Fantasy erzählte, bevölkert von putzigen Wesen und einfach gestrickten Helden, die über sich hinauswachsen mussten. Und wer sich besonders gut auskannte, der wusste vielleicht, dass es vor den filmischen CGI-Spektakeln, die 2001 mit Final Fantasy: Die Mächte in dir ihren Anfang nahmen, auch zwei traditionelle Animeadaptionen gab. Die erste davon hieß in den USA Final Fantasy: Legend of the Crystals und ist eine echte Seltenheit, da die vierteilige Serie lediglich dort auf VHS veröffentlicht wurde. Andere westliche Länder gingen leer aus, auf DVD ist das Ganze ebenfalls nicht erschienen. Wer sich den Anime ins Regal stellen möchte, der muss also tatsächlich auf das Glück hoffen, die nunmehr 18 Jahre alten Videokassetten aus Übersee noch auftreiben zu können.

Lohnenswert ist dieser große Aufwand jedoch eher nicht, und das trotz der großen Namen. Nicht nur, dass es sich wie gesagt um die erste „Final Fantasy“-Adaption überhaupt handelt, Regie führte damals Rintarô (Galaxy Express 999, Robotic Angel), die Umsetzung erfolgte durch das renommierte Animationsstudio Madhouse (Record of Lodoss War, Wind of Amnesia). Wer das alles nicht weiß, würde es beim Ansehen aber kaum merken. Denn eigentlich ist Legend of the Crystals ein erstaunlich nichtssagender Anime, der optisch wie inhaltlich nichts wirklich anders macht als die vielen anderen Fantasy-Abenteuer-Anime der 1990er, die eben nicht mit Prominenz protzen konnten.

Gerade Fans der Vorlage werden ziemlich enttäuscht sein, dass nur recht wenige Elemente den Sprung ins andere Medium geschafft haben. Linally scheint der traditionellen FF-Klasse der Summoner zu entstammen, es gibt auch einen Blaumagier. Doch der ist auf Anhieb ebenso wenig als solcher zu erkennen wie die Chocobos. Auf Moogles oder andere beliebte Kreaturen der Spiele muss man gleich ganz verzichten, ebenso die typischen Zauber oder Utensilien. Wäre die Geschichte für sich genommen spannend, man hätte Legend of the Crystals das offensichtliche Desinteresse am eigenen Erbe vielleicht verziehen. Dummerweise orientierte man sich jedoch hierbei ausgerechnet an „Final Fantasy V“ und setzt 200 Jahre nach den Ereignissen des Spiels an. Und dieses bestach schon 1992 durch das ausgefeilte Gameplay und das spaßige Wechseln von Klassen, nicht aber durch den Inhalt. Dass hier nur mal wieder die Welt gerettet wird, indem Kristalle vor bösen Unholden beschützt werden, das war beim Spielen recht zweitrangig.

Immerhin: Während die Bilder der Direct-to-Video-Produktion recht schlicht sind, nur wenige Objekte enthalten, die Natur auch schon mal nur aus einer grünen Fläche besteht, ist die Musik zumindest auffällig, verwendet mal chinesisch angehauchte Klänge, andere Stellen hören sich an, als wären sie einem orientalischen Märchen entnommen. Wohltuend ist zudem, dass man sich hier – bei aller Dramatik zum Ende hin – noch nicht ganz so ernst nahm wie bei späteren Spiele und Adaptionen. Hier darf man noch unbeschwerte Abenteuer erleben und zwischendurch sogar lachen. Nicht jeder Gag sitzt, manche Einfälle wie der Hang zum frühen Fanservice, nerven sogar eher, als dass sie unterhalten. Dafür erinnert Legend of the Crystals einen an etwas unschuldigere, ausgelassenere Tage, was bei dem einen oder anderen sicher nostalgische Gefühle wecken dürfte.



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Die erste Adaption der bekannten Spielereihe hat nur wenig mit ihren heutigen Verwandten zu tun, ist deutlich unbeschwerter, ein klassisches Abenteuer, wie man es heute kaum noch findet. Fans werden jedoch enttäuscht sein, dass nur wenige Elemente der Vorlage übernommen wurden, der Anime zudem inhaltlich wie optisch recht simpel gehalten ist.
5
von 10