Goshogun Time Etranger
© Tokuma Shoten/Ashi Productions

GoShogun: The Time Étranger

(„Sengoku Majin Goshōgun: Toki no Étranger“ directed by Kunihiko Yuyama, 1985)

Goshogun Time Etranger40 Jahre sind vergangen, seitdem sie gegen den diabolischen NeoNeros gekämpft haben. Doch die gemeinsamen Zeiten haben schon lange ein Ende genommen, der Kontakt zwischen den Piloten des Riesenroboters GoShogun ist schon eine ganze Weile eingeschlafen. Da bringt das ehemalige Team eine traurige Nachricht zusammen: Remy liegt nach einem Autounfall im Koma, gerade einmal zwei Tage sollen ihr noch bleiben. Während ihre einstigen Freunde an ihr Bett eilen, um ihr in den letzten Stunden beizustehen, träumt die frühere Geheimagentin davon, zusammen mit den anderen in einer mysteriösen Wüstenstadt gefangen zu sein, die von religiösen Schicksalsanhängern beherrscht wird.

Von all den Animes, die es während der ersten großen Welle in den 90ern in den Westen geschafft haben, hat wohl kaum einer eine ähnlich konfuse Vorgeschichte wie GoShogun: The Time Étranger. Zunächst einmal basiert sie auf einer Serie namens GoShogun. Soweit nichts Ungewöhnliches, das tun schließlich viele. Diese gab es jedoch nur in einer stark modifizierten Version. In den USA wurde die Mecha-Action-Serie mit einer anderen namens Akū Dai Sakusen Srungle zusammengeschnitten und unter dem Titel Macron 1 veröffentlicht. Auch Europa kam in den Genuss von Macron 1, bestand dort aber ausschließlich aus ebenfalls geändertem Material aus GoShogun. Soll heißen: Wenn sich amerikanische und europäische Fans über Macron 1 austauschen, dann sprechen sie von verwandten, aber doch unterschiedlichen Serien.

Aber egal, welche Fassung man Macron 1 nun kennt, mit GoShogun: The Time Étranger hat diese dennoch nur wenig zu tun. Inhaltlich gibt es kaum Anknüpfungspunkte, selbst der titelgebende Riesenroboter GoShogun taucht nirgends auf. Lediglich die Protagonisten von einst sind wieder da und erleben ein neues, vielleicht letztes Abenteuer. Das hat es dafür in sich. Wie schon bei der Serie arbeiteten hier Regisseur Kunihiko Yuyama und Drehbuchautor Takeshi Shudo zusammen, die später vor allem mit den Filmen und Serien um Pokémon große Erfolge feierten.

Mit den kinderfreundlichen Knuddelmonstern hat der Film hier jedoch nur wenig gemeinsam. Nicht nur, dass hier der Tod das zentrale Thema ist bzw. der unterbewusste Kampf gegen diesen, in Remys Träumen geht es zuweilen auch recht unheimlich zu. Schon die Bewohner der Wüstenstadt sind kaum dazu geeignet, Werbung für ihre Heimat zu machen, mit ihren fatalistischen Prophezeiungen, dem irren Blick, dem bedrohlichen Gehabe. Aber auch das Drumherum ist Stoff für einen Alptraum, immer wieder betritt GoShogun: The Time Étranger das Horrorgenre, verstört mit kleinen, feinen, äußerst surrealen Einfällen.

Zum Ende hin wurde dies jedoch wieder zurückgefahren, der Film wird dann zu einem recht gradlinigen Actionstreifen, dessen 80er-Jahre-Wurzel unverkennbar sind: ein bisschen over the op, ein bisschen cheesy, mit vielen Standardelementen wie Motorrädern oder dreckig-grüner Armykleidung und zombieartigem Kanonenfutter. Schade ist das schon, wenn GoShogun: The Time Étranger zum Ende hin so austauschbar wird, ein Augenschmaus ist das Werk des Studios Ashi Productions (Vampire Hunter D, Iria: Zeiram – The Animation) ohnehin nicht. Aber allein schon aufgrund des Themas, dass der von Ärzten vorhergesagte Tod einer Frau in dieser zu einem Kampf gegen ein vorhergesagtes Schicksal wird, macht den Anime trotz seiner altmodischen Gestaltung und des wenig spannenden letzten Drittels auch heute noch zu einem interessanten, etwas anderen Genrebeitrag.

Allerdings einem, der nur sehr schwer noch aufzutreiben ist. Nach Deutschland schafften es seinerzeit weder Macron 1 noch GoShogun: The Time Étranger, man war damals auf einen niederländischen VHS-Import angewiesen, der eine bescheidene englische Tonspur und niederländische Untertitel enthielt. Vor einigen Jahren erschien in den USA eine DVD-Wiederveröffentlichung unter dem Titel Time Stranger, welche aber ebenfalls nur noch antiquarisch zu finden ist. Wer der japanischen Sprache mächtig ist, darf immerhin eine Blu-ray kaufen, die neben der Originalserie, einen filmischen Zusammenschnitt derselben sowie die Fortsetzung hier enthält.



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Mit seinen Mecha-Wurzeln hat „GoShogun: The Time Étranger“ kaum mehr etwas zu tun. Anstatt gegen böse Organisationen wird hier gegen den Tod und das Schicksal selbst gekämpft. Das ist als Idee interessant, über längere Zeit auch mit surrealen und unheimlichen Elementen verbunden. Zum Schluss werden diese aber aufgegeben, der Film wird zu einem typischen 80er-Jahre-Anime-Actionstreifen.
6
von 10