Pokemon Staffel 1
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Pokémon – Staffel 1: Indigo League

(„Pokemon“ directed by Kunihiko Yuyama and Masamitsu Hidaka, 1997)

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„Pokémon – Staffel 1: Indigo League“ ist seit 30. September auf DVD erhältlich

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Oder auch Professor Eich. Lange hat Ash seinem zehnten Geburtstag entgegengefiebert. Den an diesem Tag bekommt er sein Starter-Pokémon, der erste Schritt zum Pokémon-Meister! Er weiß auch schon ganz genau, welches der Monster er nehmen will, um seine Trainerkarriere zu beginne. Dumm nur, dass dieses bereits vergeben ist, als er auftaucht, ebenso seine Zweit- und Drittwahl. Lediglich die Elektromaus Pikachu ist noch übrig. Und die hat so gar keine Lust, auf Anweisungen anderer zu hören. Aber was ein angehender Champion ist, der lässt sich von solchen Anfangsschwierigkeiten nicht entmutigen. Und so macht sich Ash auf den Weg, weitere Monster zu fangen, begegnet dabei neuen Freunden, aber auch diversen Gestalten, auf die er liebend gern verzichtet hätte.

20 Jahre wurde die erste Version des Dauerbrenner-Videospiels „Pokémon“ dieses Jahr. Und das ist ein Jubiläum, das auf der ganzen Welt ausgiebig gefeiert wurde: Seltene Pokémon wurden verteilt, „Pokémon Go“ versammelte alte und neue Fans an den unmöglichsten Orten, ein neuer Teil steht kurz vor der Veröffentlichung. Speziell die deutschen Anhänger der Knuddelmonster durften sich kürzlich auf ein ganz besonderes Geschenk freuen, denn erstmalig wird auch die begleitende Animeserie hierzulande auf DVD veröffentlicht. Und die war maßgeblich daran beteiligt, dass aus einem einfachen Spiel ein Massenphänomen wurde, welches mit Abstrichen bis heute Bestand hat.

Anders als viele Spieleadaptionen, welche darauf abzielten, bestehende Fans ein zweites Mal zur Kasse zu bitten, war Staffel 1 ganz offensichtlich daran interessiert, auch Neulinge in die Mechanismen der Monsterjagd einzuführen. Auch wenn der Anime einiges anders macht als seinerzeit das Spiel, beispielsweise Pikachu erstmals zu einem Maskottchen werden lässt, so werden doch recht viele Merkmale hier erklärt. Welche Typen Pokémon gibt es? Wie fange ich neue? Was muss ich beim Kämpfen beachten? Wer einige Folgen gesehen hat, der dürfte anschließend nur wenig Probleme haben, beim Spiel direkt einzusteigen – wie eben auch beabsichtigt.

Und tatsächlich gibt es hier einiges, was durchaus Lust macht, auch zwei Jahrzehnte später, die alten Spiele noch einmal auszukramen. Vor allem die 150 Viecher der ersten Generation überzeugten durch ihre Designs: Nah genug an realen Vorbildern aus der Tier- und Pflanzenwelt, um etwas mit ihnen verbinden zu können, aber doch auch ansprechend fantasievoll, um einen als Zuschauer (und Spieler) in eine etwas andere Welt mitnehmen zu können. Zumal die Animemacher den Monstern noch ein bisschen mehr Persönlichkeit mitgegeben haben, als es die Spieleentwickler vorhatten: das anfangs bockige Pikachu, das verschlagene Mauzi oder auch Enton, die übersinnlich begabte, gleichzeitig geistig arg beschränkte Psychoente. Und auch bei den Figuren gab man sich mehr Mühe, als man es von einer derartigen Massenserie erwarten durfte. Ash ist ein gutherziger, aber unüberlegter Hitzkopf, der regelmäßig eins auf den Deckel bekommt, Misty bekommt hysterische Anfälle, wenn sie ein Insekt sieht, Rocko beim Anblick einer Frau. Und dann wären da noch Team Rocket, die bei dem Versuch, die Welt zu erobern, eigentlich alles falsch machen, was falsch zu machen ist. Und mehr.

Anspruchsvoll ist das natürlich nicht, dafür ist die Zielgruppe dann doch zu niedrig angesetzt – was auch an der oft simplen Optik des Studios Oriental Light and Magic (Mini-Göttinnen, Professor Layton und die ewige Diva) zu sehen ist, das gerade bei Animationen und Effekten sparsam zur Sache ging. Aber es ist ein noch immer überraschend spaßiges Abenteuer, das die mangelnde formale Abwechslung durch slapsticklastigen Humor und einige nette Szenarien ausgleicht. Da muss mal ein Geisterturm erklungen werden, um gegen eine puppenverrückte Arenaleiterin antreten zu können, es geht auf eine Kreuzfahrt mit furchtbaren Folgen, in einer Folge dreht sich alles um stinkende Pflanzen-Pokémon und Parfum. Dazu gibt es immer mal wieder Selbstironie, die einen für den gelegentlichen, in dem Bereich fast obligatorischen Pathos entschädigen. Selbst wer später wieder – oft aus guten Gründen – wieder ausgestiegen ist, zumindest Staffel 1 ist nicht nur aus nostalgischen Gründen einen Blick wert. Und wer sich mit den 52 Folgen der Komplettbox beeilt, ist vielleicht gerade noch rechtzeitig fertig, wenn am 9. Dezember die Veröffentlichung von Pokémon – Staffel 2: Adventures in the Orange Islands ansteht.



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Auch wenn man dies vielleicht nicht zugeben mag, aber zumindest Staffel 1 von „Pokémon“ erfreute sich damals nicht grundlos großer Beliebtheit. Die für ein jüngeres Publikum gedachte Videospiel-Adaption ist zwar inhaltlich wie visuell anspruchslos, bietet aber derart viele witzige Figuren und Szenarien, dass „Pokémon“ auch zwei Jahrzehnte später noch Spaß macht.
7
von 10