The Man in the Brown Suit

Mord auf hoher See

(„The Man in the Brown Suit“ directed by Alan Grint, 1989)

The Man in the Brown SuitWenn doch nur endlich etwas Aufregendes passieren würde! Der Urlaub ist für Anne Beddingfiel (Stephanie Zimbalist) zu Ende, es steht der Heimflug an und damit die Rückkehr zu lästiger Routine sowie einem öden Job. Dann beobachtet sie am Flughafen jedoch, wie ein Mann panisch vor ein Autor läuft und dabei ums Leben kommt. Ein Mann im braunen Anzug (Simon Dutton) ist sofort zur Stelle und gibt sich als Arzt aus, scheint jedoch mehr an einem Zettel des Verstorbenen interessiert zu sein als an dessen Leben. Als Anne herausfindet, dass der Text darauf offensichtlich ein geheimes Treffen auf einem Schiff bedeutet, ist sie Feuer und Flamme, lässt alle Pläne sausen und begibt sich auf Verbrecherjagd.

Auch wenn die meisten Verfilmungen der britischen Autorin Agatha Christie aus ihrer Heimat stammten, die USA haben ebenfalls des Öfteren versucht, die große Beliebtheit der Krimikönigin für sich zu nutzen. Einer dieser Versuche heißt Mord auf hoher See, stammt aus dem Jahr 1989 und hat das 1924 erschienene „Der Mann im braunen Anzug“ als Grundlage – ein deutlich passenderer Titel als die Fernsehfassung, schließlich geschieht während des gesamten Films kein Mord. Ohnehin müssen sich Fans der Vorlage auf ein paar Änderungen einstellen: Das ursprüngliche Setting wurde mit der Neuzeit ausgetauscht, die komplette Eingangssequenz ist anders, auch beim Schluss wurden Sachen umgeschrieben.

Die Grundgeschichte blieb jedoch gleich, und damit auch die Stärken und Schwächen der Vorlage. Wie bei Detektei Blunt oder Warum haben sie nicht Evans gefragt? steht hier ein junger Mensch im Mittelpunkt, ein bisschen angeödet von normalen Leben, der zufällig in kriminelle Machenschaften verwickelt wird und in Folge das große Abenteuer sucht. Anders als dort steht bei Mord auf hoher See die Heldin erst einmal allein auf weiter Flur, was auf der einen Seite den Mysteryfaktor erhöht, schließlich weiß man dadurch überhaupt nicht mehr, wem man noch trauen kann. Gleichzeitig gehen aber die potenziell unterhaltsamen Auseinandersetzungen verloren, wenn mehrere Amateure zusammen die Wahrheit suchen. Erst durch das Auftauchen von der schwer reichen Schiffspassagierin Suzy Blair (Rue McClanahan) findet Anne endlich eine Komplizin.

Ab der Stelle nehmen die komödiantischen Elemente stark zu, was auch an der prominenten Besetzung liegt. Zimbalist war Fernsehzuschauern noch bestens von der Serie Remington Steele bekannt, die zwei Jahre zuvor ihr Ende fand, McClanahan dank Golden Girls auf dem Gipfel ihrer Popularität. Wenn sich die beiden als unbedarfte, abenteuerhungrige Frauen mit großen Verbrechern anlegen, ist das so lustvoll überzogen, dass Mord auf hoher See nur dem Namen nach noch etwas mit Krimi und Thriller zu tun hat. Besonders grotesk wird es aber durch Tony Randall, der mehr als zwanzig Jahre zuvor schon einmal in Die Morde des Herrn ABC bei einer sehr humorvollen Christie-Adaption dabei war, und dessen Verkleidungskünste hier so schlecht sind, dass man sich fragt, ob die tatsächlich ernst gemeint waren und warum keiner der Anwesenden ihn durchschaut.

Nun waren diese unglaubwürdigen und sehr vom Zufall abhängigen Einlagen schon in der Vorlage vorhanden, die wie die meisten Ausflüge der Autorin ins Thrillergenre nicht so richtig überzeugen konnte, die Cleverness der Krimis vermissen ließ und noch dazu eine aufgesetzte Romanze enthielt. Richtig spannend ist Mord auf hoher See dann auch nicht, die humorbetonte Interpretation sorgt zwar für gute Laune, was jedoch fehlt, ist das Gefühl einer tatsächlichen Bedrohung. Aufgrund der beiden Hauptdarstellerinnen kann man sich die TV-Produktion sicher ansehen, dass sie nie in Deutschland auf DVD erschienen ist, bedeutet aber nur für Sammler einen tatsächlichen Verlust. Wer dennoch neugierig auf die Verfilmung ist, kann versuchen die seltene US-Fassung zu finden oder wechselt wieder einmal zu YouTube, wo der komplette Film mit japanischen Untertiteln hochgeladen ist.



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Spannend ist die Verfilmung eines Agatha-Christie-Romans sicher nicht, aufgrund der wohl nicht immer freiwilligen Komik und der beiden prominenten Hauptdarstellerinnen aber doch zumindest im Großen und Ganzen unterhaltsam – wenn man über die unglaubwürdigen Elemente hinwegsehen kann.
6
von 10