Eat Drink Man Woman

Eat Drink Man Woman

(„Eat Drink Man Woman“ directed  by Ang Lee, 1994)

„Eat, drink, man, woman. Basic human desires. Can’t avoid them. All my life, that’s all Iv’e ever done. It pisses me off. Is that all their is to life?”

Unser Leben wird bestimmt von Entscheidungen. Meistens sind das eher kleinere, unbedeutendere, die sich zu einem großen Ganzen zusammensetzen und unser Leben stark verändern können. Manchmal sind es aber auch große Entscheidungen, wie ein Umzug oder die Arbeit zu kündigen. Definieren wir uns durch die Entscheidungen, die wir treffen? Ang Lees früher, taiwanischer Film erzählt von Entscheidungen – und zelebriert das wohl Wichtigste im Leben: Essen, angerichtet wie eine pompöse Feierlichkeit, farbenfroh, reichlich und kreativ. Wenn auch die Nahrung die eigentliche Hauptattraktion dieses ruhig erzählten Werks ist, so schildert Lee auch eine komplizierte, von vielen Entscheidungen bestimmte Familiengeschichte, bei der niemand und jeder im Mittelpunkt steht. Wer einen Fokus in dieser Erzählung erwartet, muss daher zwangsläufig enttäuscht werden. Angeblich dauerte es eine ganze Woche, die Vorbereitungen und das Kochen für das Sonntagabend-Dinner zu filmen, welches in diesem Streifen zuerst gezeigt wird.

Zubereitet wird es von Chu (Sihung Lung), einem alternden Familienvater, der in seiner Stadt der wohl gefragteste Koch in einem der teuersten Hotels ist. Jeden Sonntagabend versammelt er seine drei Töchter, die noch immer in seinem Haus wohnen, zu einem reichlichen Essen. Das tut er, um Kontakt aufzubauen und warum eben das nötig ist, wird sogleich deutlich. Die Kommunikation funktioniert nicht. Jeder fällt dem anderen ins Wort, man widerspricht einander und jeder Versuch seitens Chu, etwas Wichtiges mitzuteilen, wird jäh unterbrochen. Das ist in dieser Familie vielleicht nichts Neues, neu ist allerdings, dass dieses Mal auch das Essen nicht so richtig schmecken will. Eine der Töchter rümpft die Nase, traut sich aber nicht, etwas zu sagen. Was ist los mit ihrem Vater? Er ist nervös und unaufmerksam, irgendetwas stimmt mit ihm nicht. Später erfahren wir, was sein Problem bzw. Teil seines Problems ist: aufgrund des Konfliktes und der Gesprächsohnmacht mit seinen Töchtern verliert er seinen Geschmackssinn, wird leicht depressiv und empfindet selbst an seiner Arbeit keine große Freude mehr.

Derweil haben seine Töchter ihre eigenen Probleme, die daraus resultieren, dass alle Entscheidungen zu treffen haben, bei denen ihr Herz und ihr Verstand unvereinbar sind. Das jüngste Mädchen – Jia-Ning – arbeitet bei einer Fast-Food Kette, bei der auch ihre Freundin beschäftigt ist. Diese hat das Glück, einen Jungen zu kennen, der vor dem Geschäft immer auf sie wartet, weil er in sie verliebt ist. Jia-Nings Problem ist, dass sie sich auch in ihn verliebt hat und sich nun entscheiden muss, ob sie ihrem Herz folgt und keine Rücksicht auf ihre Freundin nimmt oder ob sie sich nicht länger um den Jungen kümmert. Mit Problemen in der Liebe kennt sich auch die zweitälteste Tochter – Jia-Chien – aus, die bei einer Fluggesellschaft arbeitet und sich in einen Kollegen verliebt hat, der aus den Vereinigten Staaten angereist ist. Ihr Herz macht ihr die Liebe zu dem gutaussehenden Mann deutlich, doch sie muss gleichzeitig auch einsehen, dass eine Beziehung wahrscheinlich nie Erfolg hätte, da beide fast unentwegt unterwegs und somit voneinander getrennt sind. Die letzte im Bunde ist die Älteste: Jia-Jen. Sie ist Lehrerin und hat sich kürzlich mit einem neuen Sporttrainer an der Schule bekannt gemacht, aber sie traut sich nicht zu handeln und bleibt passiv, bis sie mehrere Liebesbriefe bekommt, die sie zum Nachdenken anregen…

Eat Drink Man Woman ist gleichförmig wie ein Strom ohne Schnellen. Ruhig, mit subtilem Humor verzichtet er auf Spannungskurven, was die Erzählung teilweise etwas zähflüssig erscheinen lässt. Die Inszenierung ist jedoch bravourös und Ang Lee, der auch am Drehbuch mitschieb, hat ein gutes Händchen für die angespannte Atmosphäre in dieser Familie, die eher nebeneinander her lebt, als ein Miteinander zu verkörpern. Diese fehlende Anteilnahme am Leben der Anderen versteht der Regisseur gekonnt einzufangen, in dem er die Reaktionen bewusst ausblendet. So gibt es auf das Geständnis einer der Töchter, sie sei schwanger, nur lange Blicke und als der Zuschauer irgendeine Reaktion erwartet, gibt es einen Schnitt und die Überblendung zur nächsten Szene. Man kann sich seinen Teil dabei denken, was nach dem Geständnis vorgefallen ist. Vielleicht war es aber auch einfach nicht wert, gezeigt zu werden, weil es nichts zum Zeigen gab.



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8
von 10