A Scanner Darkly

A Scanner Darkly – Der dunkle Schirm

(„A Scanner Darkly“ directed by Richard Linklater, 2006)

Entgegen den Werken des Science-Fiction-Kultautors Philip K. Dick – die bekanntesten Verfilmungen: Blade Runner (Ridley Scott), Total Recall (Paul Verhoeven), Paycheck (John Woo), Minority Report (Steven Spielberg) – handelt es sich bei A Scanner Darkly um ein Drogen-Drama, das nur minimalistische Science-Fiction-Elemente beinhaltet. Richard Linklater verfährt bei dieser Dick-Adaption mit einer Mischung aus realer und animierter Filmtechnik. Der Film spielt wie der Roman in den Vereinigten Staaten in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind zu einem Überwachungsstaat mutiert, in dem die Drogenprobleme auszuufern drohen. Robert Arctor – kurz Bob – (Keanu Reeves) ermittelt als verdeckter Agent „Fred“ im Drogenmilieu, um die Droge „Substanz T“ zu bekämpfen. Seine Identität wird in der Polizeizentrale durch einen sogenannten „Jedermann-Anzug“ geheim gehalten. Dieser technisch hoch versierte Anzug verändert fortlaufend das Äußere des Trägers sowie dessen Stimme. Inzwischen selbst süchtig, haust Arctor gemeinsam mit seinen Hausgenossen James Barris (Robert Downey Jr.) und Ernie Luckman (Woody Harrelson) in einem heruntergekommenen Haus. Bobs Freundin Donna Hawthrone (Winona Ryder) ist eine Drogenhändlerin, über die Bob an die „großen Fische“ im Drogengeschäft herankommen will. Doch Bobs Psyche leidet immer mehr unter der Droge und dann wird auch noch sein Haus unter Observation gestellt.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Story um Robert Arctor wohl als der persönlichste Roman von Dick zählt. Hier verarbeitet er mehr oder weniger autobiographische Erfahrungen. Deswegen hebt es sich auch von seinen anderen Arbeiten ab. Er selbst kommentiert „Der dunkle Schirm“ folgendermaßen:

Es brach mir das Herz, diesen Roman zu schreiben, es brach mir das Herz, ihn zu lesen. Die komischen Stellen, sind die komischsten, die ich je geschrieben habe, und die traurigen sind die traurigsten – und sie sind beide in ein und demselben Buch.

Der Film wiederum hält sich an die Vorlage, was ihm sehr gut tut. Linklater scheint die Atmosphäre der Vorlage mühelos in die Filmwelt zu übertragen. Nicht zuletzt glückt dies auch dank seiner unkonventionellen Filmtechnik (ausführlich siehe Waking Life). Erst werden alle Szenen mit Schauspielern abgedreht und hinterher künstlerisch gestaltet. Dadurch wirkt beispielsweise der „Jedermann-Anzug“ nicht lächerlich, wie es mit den üblichen Special-Effects gewiss passiert wäre, sondern fügt sich nahtlos in die Filmästhetik ein und wird dadurch überzeugend.

Der science-fiction-erprobte Keanu Reeves (Matrix, Constantine) liefert mit Winona Ryder (Night on Earth, Reality Bites) eine gute Leistung ab. Als herausragend müssen allerdings Robert Downey Jr. (Zodiac, Iron Man) und Woody Harrelson (Larry Flint, No Country for Old Men) genannt werden, die die durchgeknallten Figuren aus Der dunkle Schirm mit all ihrem Können lebendig werden lassen.

Genrespezifisch handelt es sich bei A Scanner Darkly um eine Dystopie, die, wie bereits angesprochen, wenig fiktionale Elemente aufweist. Wie in vielen Gegenutopien gibt es den zentralen Überwachungs- oder Polizeistaat. Eine weitere zentrale Institution ist der „Neue Pfad“, eine fanatische Sekte, die in der Story letztendlich eine Schlüsselrolle spielt. Hier unterscheiden sich Roman und Film von vielen Anti-Utopien. Denn in der Regel wird die Religion ausgemerzt („Wir“ von Jewgenji Samjatin; „1984“ von George Orwell) oder durch andere kollektive Rituale ersetzt („Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley). Ähnlich wie in seinem Roman „Blade Runner“ (orig. „Do Androids Dream of Electric Sheep?“) gibt es auch bei Dicks „Der dunkle Schirm“ aber weiterhin religiöse Institutionen, die sogar noch größeren Einfluss auf die Menschen haben.

Hinter dem Label „Warner Independent“ verstecken sich die Produzenten George Clooney und Steven Soderbergh, die mit Downey Jr. bereits bei Good Night, And Good Luck zusammengearbeitet haben. Der Kreis schließt sich auch wieder, wenn man bedenkt, dass „Warner Independent“ Linklaters Before Sunset produziert hat und Soderbergh in Waking Life“mitgewirkt hat. Insgesamt ist A Scanner Darkly eine der wenigen gelungenen Romanadaptionen, die visuell erfrischend wirkt und dank Cast und Crew auf allen Gebieten ein rundes Ding abliefert. Neben formalen Ähnlichkeiten zu Linklaters Waking Life weist der 96 minütige Film atmosphärische Parallelen zu Filmen von Terry Gilliam (Brazil, Fear and Loathing in Las Vegas) auf.



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