
Alle 13 1/3 Jahren findet das große Hexentreffen statt, bei dem ein neuer Hexspruch ins Hex Lexis aufgenommen wird. Entwickelt wird er jeweils von den Gastgebern. Diesmal sind das die Neustädter Hexen rund um Barbara Blocksberg (Rosalie Thomass). Klar, dass ihre Tochter Bibi (NALA) und deren Freundinnen Schubia (Carla Demmin) und Flauipaui (Philomena Amari) da aufgeregt sind. Nur leider sieht es so aus, als ob sie von der Veranstaltung nicht allzu viel mitbekommen werden: Statt der Hexenversammlung im großen Saal beizuwohnen, müssen sie Küchendienst schieben. Neugierige Junghexen lassen sich von so etwas aber natürlich nicht abhalten, haben die Rechnung aber auch nicht mit der Internatsleiterin Servera (Heike Makatsch) gemacht …
Neustart der Kinderhexe
Am 7. November erschien die 161. Folge der Hörspielreihe Bibi Blocksberg, es wird wohl nicht die letzte bleiben. Die erste kam 1980 auf den Markt; zweiundzwanzig Jahre später fand die kleine Neustädter Hexe ihren Weg auf die große Leinwand. In Bibi Blocksberg sowie der Fortsetzung Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen wurde die titelgebende Protagonistin von Sidonie von Krosigk verkörpert. Manche Experten wollen einem erzählen, dass es mit Bibi Blocksberg: Das große Hexentreffen nun insgesamt vier Bibi-Darstellerinnen gäbe, was natürlich uninformierter Quatsch ist. Lene Charlotte Dropmann mag keine Hauptrolle gespielt haben, ihr Auftritt in Bibi & Tina 3 – Mädchen gegen Jungs hat ja aber nun einmal stattgefunden und zeigt darüber hinaus, dass sie rein optisch die beste Besetzung der Junghexe ist. In Bibi Blocksberg: Das große Hexentreffen übernimmt Newcomerin NALA den Part. Schauspielerisch muss sie sich von Krosigk, optisch Dropmann geschlagen geben, ist in beiden Kategorien und damit insgesamt aber die zweitbeste Kino-Bibi, die uns bisher vorgesetzt wurde. Neben NALA geben auch die meisten anderen Kinderdarsteller hier ihr Leinwanddebüt. Schauspielerisch lässt sich den Kindern wenig vorwerfen, und das nicht nur, weil sie eben Kinder sind. Für die Zielgruppe dürften sich die Leistungen ihrer Altersgenossen dann wohl auch als eines der größeren Argumente für den Film ins Feld führen lassen.
Charakterlich ist NALAs Leinwand-Bibi recht nahe am Hörspiel-Original. Bibis Vater Bernhard hingegen ist völlig fernab des Originals. Es lässt sich daher nicht endgültig beurteilen, ob es sich bei Friedrich Mücke um eine Fehlbesetzung handelt oder er vergeblich das Beste aus dem ihm zur Verfügung gestellten Material gemacht hat. Das große Hexentreffen versteht sich als Reboot, vielleicht sollte sich hier klar von der Version Anfang des Jahrtausends distanziert werden, in welcher Bernhard als ein richtiggehender Hexenhasser angelegt wurde. Da muss nun aber nicht direkt ins andere Extrem gewechselt werden, insbesondere wenn es den Charakter so verfremdet, statt das ihn ihm angelegte negative Potenzial auszuschöpfen. Abgesehen davon, dass der charakterliche Fehltritt bereits in der Fortsetzung Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen korrigiert wurde.
Wer im Vorfeld gelesen hat, dass Palina Rojinski die Rolle der Karla Kolumna übernehmen würde, der hat sich wahrscheinlich schon auf eine kolossale Fehlbesetzung eingestellt. Tatsächlich sind die rasende Reporterin und der Bürgermeister (Robert Palfrader) die originalgetreuesten Charaktere und mit das Beste an Das große Hexentreffen. Die Rojinski verpasste Sonnenbrillenversion von Karlas markanter Sehhilfe soll vielleicht zusätzlich Unähnlichkeiten kaschieren, die Perücke und das restliche Kostüm leisten aber auf jeden Fall ihren Beitrag zur glaubhaften Darstellung. Der etwas groteske, cartoonartige Bürgermeister aus der Vorlage kann so natürlich nicht in die reale Welt übertragen werden, die Transferleistung ist allerdings äußerst gelungen. Diktion und Verhaltensweisen der beiden treffen es auf den Punkt, lediglich Karlas markenzeichenartiges „Sensationell!“ hätte von Rojinski etwas öfter und enthusiastischer eingesetzt werden können. Es ist auch gut, dass die zwei Figuren eher sporadisch auftreten. So können sie mühelos Akzente setzen, ohne sich zu sehr aufzudrängen. Ihre Auftritte lassen Neustadt zudem trotz offensichtlicher Inszenierung auch zum ersten Mal als greifbaren Ort erscheinen.
Schon wieder Musik
Die ersten beiden Kinofilme hielten sich in musikalischer Hinsicht vergleichsweise fast noch vornehm zurück, die von Detlev Buck inszenierte Bibi & Tina-Reihe zelebrierte das Musicaldasein dann aber. Auch in Bibi Blocksberg: Das große Hexentreffen konnte es anscheinend nicht unterlassen werden, die Figuren singen und tanzen zu lassen. Abgesehen vom Intro spielten Lieder in der Hörspielreihe keine Rolle (Folge 27: Die verhexte Hitparade stellt eine hierfür irrelevante Ausnahme dar), eine vernünftige Begründung scheint nie geliefert worden zu sein. Auf den ein oder anderen Song hätte in Das große Hexentreffen dann auch gut verzichtet werden können, insbesondere die Hexenhymne wirkt deplatziert. Manche sind besser als andere, aber so richtig im Gedächtnis bleibt kaum einer lange.
Es gibt in der Hörspielreihe zwei überaus ikonische Geräusche. Zum einen das „Pling-Pling“ nach einem erfolgreich aufgesagten Hexspruch, zum anderen das eines durch die Luft fliegenden Besens. Auf beide verzichtet Das große Hexentreffen, warum auch immer. Hexsprüche werden lediglich wie in der Zeichentrickserie mit einer Art Feenstaub um die Finger begleitet. Das wäre ja so schon eine Verfehlung, im Trailer ertönt das „Pling-Pling“ aber bei Titeleinblendung, was falsche Erwartungen weckt und auch ausschließt, dass das Weglassen irgendwelche rechtlichen Gründe haben könnte. Im zuvor erschienenen Teaser wird das Geräusch sogar direkt an das Ende eines Hexspruches eingespielt. Anders als beim Trailer, bei dem es sich mit ein wenig mentaler Gymnastik ja noch wegdiskutieren ließe, kann hier also eventuell von gezielter Irreführung gesprochen werden (persönliche, unqualifizierte und vor allem nicht justiziable Meinung des Rezensenten). Es ist theoretisch möglich, dass bei der Pressevorführung eine unfertige Version gezeigt wurde, allerdings gab es nirgendwo einen Hinweis darauf.
Der nachträglich digital eingefügte Feenstaub ist symptomatisch für den Film, der sich zuweilen ein bisschen in solchen effekthascherischen Spielereien verliert. Als Bibi und Flauipaui im Wald ein Lied singen, schweben sie plötzlich einfach so durch die Luft, ohne dass das irgendeine Relevanz hätte oder die beiden es je wieder tun würden (weil sie es auch einfach nicht können). Ein anderer Charakter schwebt später ebenfalls, ohne dass sich das mit der Inszenierung einer Musiknummernperformance wegerklären ließe. Hexen können auf Besen fliegen, aber eben nicht von alleine schweben.
Nachlässig geschrieben
Alle 13 1/3 Jahre wird ein neuer Hexspruch in das Hex Lexis aufgenommen. Laut Servera ist das Buch 999 Jahre alt. 999 ist nur leider nicht durch 13 1/3 teilbar. 1000 hingegen schon und es gibt keinen rationalen Grund, wieso das Ding nicht einfach ein Millennium auf dem Buckel hat. Im Gesamtkontext ließe sich schon ein irrsinniger fabrizieren, aber in dem Fall hätten es ja 920, 986 2/3 oder 1040 Jahre sein können. „Neunhundertneunundneunzig“ lässt sich vielleicht dramatischer aussprechen und die anvisierte Zielgruppe ist jetzt auch nicht unbedingt dafür bekannt, in der Schule bereits mit dem Bruchrechnen in Berührung gekommen zu sein, aber das Ganze ist im besten Fall nachlässig. Auch sonst lässt das Drehbuch einiges an Sorgfalt vermissen. Geschrieben wurde es wieder einmal von Bettina Börgerding, die seit 2014 einen Exklusivvertrag für alle Kinogeschichten aus dem Bibi Blocksberg– und Benjamin Blümchen-Universum zu haben scheint. Es darf ruhig wieder einmal ein anderer Autor dafür verpflichtet werden.
Um dem lästigen Küchendienst zu entgehen und der Hexspruch-Zeremonie beiwohnen zu können, hext Bibi drei Geschirrspülmaschinen her. Von den Hexen alleingelassen, entwickeln diese irgendwann ein Eigenleben und produzieren Schaum im Überfluss. So viel, dass er den kompletten Bereich von der Küche bis in den großen Saal ausfüllt und dessen mehrere Meter hohe Türen aufdrückt. Warum? Vermutlich, weil schlicht kein anderer Weg gefunden werden konnte, die Althexen auf das Treiben der Junghexen aufmerksam zu machen; intradiegetisch ist es jedenfalls nicht zu erklären und wird im Film wohl auch deswegen einfach übergangen.
Geförderter Fehlstart
Servera bleibt als Antagonistin ziemlich blass. Rein kostümtechnisch als Leiterin des Grauen Internats schon eine graue Maus, ist nicht so ganz klar, was sie mit ihrem bösen Plan überhaupt bezwecken möchte. Ihre Hintergrundgeschichte ist viel zu dünn, auch wenn durchaus klar wird, dass hier versucht wurde, dahingehend etwas zu etablieren. Dafür wurde ein anderer Charakter in die Story hineinforciert, bei dem sich im Gesamtkontext betrachtet eine gewisse müde Ironie nicht abstreiten lässt, insbesondere da eine bestimmte Trope hier wortwörtlich, aber wohl unwissenderweise, umgesetzt wurde. So oder so wirkt Serveras angestrebtes Endziel eher wie ein unmotiviertes Zwischenziel. Vielleicht war es auch diese fehlende Motivation des Charakters, der es Heike Makatsch erschwerte, in die Rolle beziehungsweise den Film hineinzufinden.
Na ja, und so weiter. Auch wenn der Text vielleicht den Eindruck einer detaillierteren Rezension vermittelt, ist so vieles hier gar nicht erwähnt worden. Irgendwann ist es ja auch einmal gut. Der Streifen wird aufgrund bestimmter Inhalte an entsprechenden Stellen sowieso wohlwollend aufgenommen werden; dank der Bibi-IP wird der Film wahrscheinlich auch genügend Geld einspielen, damit eine Fortsetzung mit Fördermitteln vollgepumpt wird, für die es natürlich auch keine sinnvollere Verwendung gäbe. Fragen nach Inhalt und Plausibilität interessieren natürlich wieder niemanden, der so einen Film macht; die von mehreren „Förderer[n]“ (wie es zwar korrekter-, aber wieder einmal inkonsistenterweise im Abspann heißt) ermöglichte Show muss ja schließlich weitergehen und wer hat schon die Zeit, sich eine erzählenswerte Geschichte auszudenken. Prinzipiell ist es natürlich schön, nach über zwanzig Jahren wieder einen reinen Bibi Blocksberg-Realfilm zu haben. Es hätte halt nur nicht unbedingt dieser sein müssen.
OT: „Bibi Blocksberg: Das große Hexentreffen“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Gregor Schnitzler
Drehbuch: Bettina Börgerding
Vorlage: Elfie Donnelly
Musik: Tilo M. Heinrich, Fabian Zeidler
Kamera: Ralf Noack
Besetzung: NALA, Philomena Amari, Shanti Celik, Carla Demmin, Maria Happel, Fia-Marie Lin, Heike Makatsch, Rosalie Thomass, Friedrich Mücke, Palina Rojinski, Robert Palfrader, Balthazar Gyan Alexis Kuppuswamy, Sophie Rois, Lisa Wagner
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