
Eigentlich ist es ein ganz banaler Fall, den die Versicherungsangestellte Claire Gauthier (Isabelle Carré) da bearbeiten muss: In der Praxis des Tierarztes Laurent Kessler (Benoît Poelvoorde) ist es zu einem Wasserschaden gekommen, sie soll die Sache begutachten. Nur dass es dabei eben nicht bleibt. So hat offensichtlich Laurent Gefallen an ihr gefunden und stattet ihr bei der Arbeit mehrfach einen Besuch ab. Obwohl Claire verheiratet ist und deshalb eigentlich gar nichts von ihm will, erliegt sie der Faszination des verführerischen Fremden und beginnt, sich mit ihm privat zu treffen. Zur gleichen Zeit treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der Frauen die Kehle durchschneidet – was auch Claire zunehmend beunruhigt …
Vergessener Geheimtipp
Im Laufe ihrer Karriere hat die französische Regisseurin und Autorin Anne Fontaine die unterschiedlichsten Geschichten erzählt. Zu ihren bekanntesten Werken zählt dabei Coco Chanel: Der Beginn einer Leidenschaft über die gleichnamige Modeikone. Zuletzt drehte sie Bolero, in dem sie Maurice Ravel und dessen unnachahmlichen Klassiker in den Mittelpunkt stellte. Eher ein Geheimtipp ist In seinen Händen aus dem Jahr 2005. Der Film war zwar in Frankreich für mehrere Preise im Rennen und lief bei uns im Rahmen des Fantasy Filmfests. Eine reguläre Veröffentlichung steht aber noch immer aus, wurde nicht im Kino gezeigt, erschien nicht auf DVD. Da darf man doch dankbar sein, dass sich arte des Werks angenommen hat und zwanzig Jahre später das erste Mal im Fernsehen ausstrahlt.
Trotz der Teilnahme an Deutschlands größtem Genrefestival sollte man hier aber keinen reinen Thriller erwarten. Elemente desselben gibt es natürlich, schließlich treibt da irgendwo ein Serienmörder sein Unwesen. Und es bleibt nicht bei bloßen Meldungen in den Nachrichten, man sieht den Mann auch wirklich im Einsatz, wenn er brutal und aus heiterem Himmel Frauen tötet. In seinen Händen legt aber nicht den Fokus auf die Gräueltaten, die sind selten und kurz. Es gibt auch keine groß angelegte Jagd auf den Täter, wie man es von Serienmörderthrillern wie Sieben kennt, wo die Polizei Spuren nachgeht. Actionszenen sollte man sowieso nicht erwarten, das ist hier alles ruhig erzählt, ohne große Manipulationen oder Zuspitzungen.
Der Mensch, das unbekannte Wesen
Stattdessen handelt die Adaption des 2002 veröffentlichten Romans Les Kangourous von Dominique Barbéris in erster Linie von der Beziehung der beiden Figuren. Anders als viele Filme, die von Affären erzählen, ist das hier keine stürmische Liebschaft, bei der von Anfang an die Funken fliegen. Claire ist zurückhaltend, sträubt sich ein wenig. Sie ist nicht das naive Dummchen, das dem Charmeur erliegt. Vor allem vor dem Hintergrund des Serienmörders hat sie ihre Zweifel an der neuen Bekanntschaft, ist sich nicht sicher, ob er nicht der Täter sein könnte. In seinen Händen wird so zu einem Psychodrama, das eine sich anbahnende Beziehung als Anlass nimmt, um ganz grundsätzliche Fragen zum Zwischenmenschlichen zu stellen. Können wir einen anderen Menschen jemals wirklich kennen? Was verbirgt sich hinter der alltäglichen Fassade?
Das lebt besonders von dem Ensemble. Isabelle Carré überzeugt als Frau, die auf einmal zwischen zwei Welten steht und nicht genau weiß, wie sie sich verhalten soll. Dass Benoît Poelvoorde für die Rolle des potenziellen Serienmörders eine Idealbesetzung ist, ist sowieso klar. Schließlich wurde der Belgier durch die kultige Mockumentary Mann beißt Hund seinerzeit bekannt, wo er einen Killer mimte, der sich von einem Kamerateam begleiten lässt. In seinen Händen ist nicht annähernd so garstig, dabei aber durchaus spannend. So darf man sich da durchaus fragen, wie das Ganze ausgehen wird, sowohl im Hinblick auf das Paar wie auch den Serienmörder. Konstanten Nervenkitzel sollte man dabei zwar nicht erwarten, aber es ist doch genug, um hier knapp anderthalb Stunden zu folgen.
OT: „Entre ses mains“
Land: Frankreich, Belgien
Jahr: 2005
Regie: Anne Fontaine
Drehbuch: Anne Fontaine, Julien Boivent
Vorlage: Dominique Barbéris
Musik: Pascal Dusapin
Kamera: Denis Lenoir
Besetzung: Isabelle Carré, Benoît Poelvoorde, Jonathan Zaccaï, Valérie Donzelli, Agathe Louvieaux
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