
Um seine Familie zu versorgen, arbeitet Aref (Hamed Behdad) als Stuntfahrer in einem Zirkus am Rande Teherans. Die Sorgen um die Gesundheit seiner Tochter Rana sind immer bei ihm, doch auch ihre Bewunderung für seine tollkühnen Stunts. Nur für sie will er einen halsbrecherischen Sprung mit seinem Motorrad vollziehen und so den derzeitigen Weltrekord für den weitesten Sprung mit einem Motorrad brechen. Auch seine Frau Sodabeh (Pantea Panahiha) unterstützt ihn, doch sie ist besorgt wegen der angespannten finanziellen Lage der Familie.
Ihre Lage verschlimmert sich, als Ranas Zustand sich verschlechtert und sie in ein Koma fällt. Für eine dringend benötigte Herzspende fehlt jedoch ein geeigneter Spender. Im Krankenhaus berichtet man Aref und Sodabeh von einem kranken Patienten, der in Frage käme, aber seine Ehefrau will von den Bitten der beiden nichts wissen. Der Sohn des Patienten (Payam Ahmadinia) hingegen macht ihnen ein Angebot, das aber sehr hoch ist. Während Aref und Sodabeh alles tun, um das nötige Geld aufzubringen, eskaliert der Konflikt zwischen der Frau und dem Sohn des todkranken Mannes.
Toxische Dynamik
Wenn ein iranischer Regisseur oder Autor seine vielleicht kritische Sichtweise über seine Heimat teilen will, muss er einen Umweg gehen. Am Beispiel von Regisseuren wie Jafar Panahi oder Mohsen Makhmalbaf zeigt sich, wie hart das autoritäre Regime des Landes auf jede Form von Kritik reagiert, was die Aufgabe der Kunst natürlich sehr schwierig macht. In seinem ersten Spielfilm versucht sich Iman Yazdi dennoch an einer kritischen Sicht auf sein Land, insbesondere die gesellschaftlichen Hierarchien, und nutzt dafür die Konventionen des Familiendramas. For Rana hatte seine Premiere auf dem Busan International Film Festival 2024 und ist aktuell auf dem Filmfest München zu sehen.
Die iranische Filmlandschaft und das Familiendrama haben eine lange Tradition und über die Jahre hat eine gewisse Übersättigung eingesetzt. Seit international gefeierten Produktionen wie Asghar Farhadis Nader und Simin – Eine Trennung wird das Genre immer wieder gerne genommen, um auf Aspekte wie Bürokratie, Repression oder Geschlechterbilder zu verweisen. For Rana erinnert wegen seiner Geschichte an ein TV-Melodram und folgt größtenteils auch einer ähnlichen Dramaturgie. Die beiden Familien spiegeln die gesellschaftlichen Unterschiede im Land wider sowie die problematische Verbindung von Emotionalität und der wirtschaftlichen Wirklichkeit einer Gemeinschaft. Während die eine Familie um ihr Überleben buchstäblich kämpfen muss und der Vater jeden Abend sein Leben bei gefährlichen Stunts aufs Spiel setzt, ist das Geld für die andere Familie nur ein Vorwand für die verhärteten emotionalen Fronten zwischen Mutter und Sohn. Yazdi zeigt eine toxische, die Gemeinschaft zersetzende Dynamik, die durch Not und Armut noch verschlimmert wird. Das Problem ist jedoch, dass er die Struktur und die Bilderwelten eines TV-Melodrams niemals wirklich verlässt, was For Rana zum einen sehr berechenbar und zum anderen sehr klischeehaft macht.
Dramaturgisches Ungleichgewicht
Darüber hinaus zeichnet For Rana ein starkes dramaturgisches Ungleichgewicht aus. Hamed Behdad und Pantea Panahiha überzeugen als Eltern, die immer verzweifelter werden und sich dabei selbst zerfleischen. Insbesondere Panahiha hat einige emotional sehr anstrengende und fordernde Szenen, wie beispielsweise ihre wiederholten Versuche, die Mutter des potenziellen Spenders für ihre Tochter zu überzeugen. Die Emotionalität steht dabei im Kontrast zu den an ein Gangsterdrama angelehnten Dialogen zwischen den männlichen Figuren des Films, die mehr als einmal betonen, dass weder Regie noch Drehbuch genau wissen, in welche Richtung ihr Film eigentlich gehen soll. Die Entscheidungen im Finale, die natürlich nicht vorweggenommen werden sollen, sind dabei mehr als fragwürdig, gerade vor dem Hintergrund der bis zu diesem Zeitpunkt stattgefundenen Entwicklungen. Das Hauptproblem liegt aber nach wie vor bei den Figuren, denn auch wenn Aref und Sodabeh die Hauptfiguren sein sollen, mit denen der Zuschauer mitfiebert, sind sie leider nicht wirklich greifbar und bleiben daher fremd. Mutter und Sohn des potenziellen Spenders für ihre Tochter sind allemal interessanter, auch ihre Geschichte und Dynamik.
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