Karate Kid Legends
🄫 Sony Pictures

Karate Kid: Legends

Karate Kid Legends
„Karate Kid: Legends“ // Deutschland-Start: 29. Mai 2025 (Kino)

Inhalt/Kritik

Li Fong (Ben Wang) trainiert fleißig Kung Fu bei seinem Onkel Mr. Han (Jackie Chan). Sehr zum Leidwesen seiner Mutter (Ming-Na Wen), die nicht möchte, dass sich ihr Sohn in Gefahren begibt, die das Ausüben des Kampfsportes mit sich bringen kann. Sie nimmt die Stelle in einem New Yorker Krankenhaus an, sodass Li sich von Han und seiner Heimat verabschieden und auf einem anderen Kontinent neu anfangen muss. Schon am ersten Tag knüpft er Kontakt zu Mia (Sadie Stanley), deren Ex-Freund Conor (Aramis Knight) sich jedoch schnell zum Problem entwickelt. Li ist gezwungen, an einem Karate-Turnier teilzunehmen, um die Sache mit Conor zu klären. Dafür reist nicht nur Mr. Han an, um ihn zu trainieren – auch das originale Karate Kid, Daniel LaRusso (Ralph Macchio), tritt auf den Plan, um ihn zu unterstützen …

Neustart des Franchises

Im November 2023 wurde ein Casting-Aufruf veröffentlicht, in welchem Ralph Macchio und Jackie Chan nach einem chinesischen Teenager suchten, der die Hauptrolle in Karate Kid: Legends übernehmen sollte. Innerhalb kürzester Zeit trudelten über zehntausend Bewerbungen ein. Was anfangs wirkte, als solle hier ein neues Talent gefunden werden, ein unbeschriebenes Blatt, resultierte in der Besetzung von Ben Wang. Dieser hatte zuvor in Chang Can Dunk bewiesen, dass er schauspielern kann. In American Born Chinese konnte er zeigen, dass er kämpfen kann. Ob er wirklich die richtige Wahl war, um als zukünftiges Gesicht des Franchises zu dienen, muss wohl jeder nach der Sichtung für sich selbst entscheiden.

Karate Kid: Legends macht vor allem zwei Dinge richtig: Den Anfang und das Ende. Der Film eröffnet mit einer aus Karate Kid II: Entscheidung in Okinawa entnommenen Szene: Mr. Miyagi (Pat Morita) erzählt Daniel von den Ursprüngen des Miyagi-Karate. Der unvorbereitete Zuschauer bekommt also direkt die Nostalgiekeule über den Kopf gezogen und das funktioniert auch ganz wunderbar – sofern entsprechendes Vorwissen vorhanden ist. Ein fachfremdes Publikum, für das Karate Kid: Legends den ersten Berührungspunkt mit dem Franchise darstellt, wird hier natürlich nicht unbedingt eingelullt werden. Ob es sich beim Einstieg tatsächlich um eine schlichte Übernahme handelt oder ob sich jemand die Mühe gemacht hat, das vorhandene Archivmaterial neu zu montieren, kann hier nicht verbindlich festgestellt werden. So oder so ist jedoch offensichtlich, dass die Szene ab einem bestimmten Zeitpunkt nachträglich editiert wurde. Zum einen wurde die Erzählung mit Animationen visuell ein wenig aufgehübscht, zum anderen wurde sie (mithilfe von KI oder einem Stimmenimitator) auch inhaltlich verändert.

Mr. Miyagis Vorfahre ist nach wie vor auf selbem Wege nach China gekommen, doch nun erfahren wir mehr über seinen Aufenthalt dort: Er wurde von der Familie Han aufgenommen und lernte deren Kung Fu, das er dann zurück nach Japan brachte und damit dort den Grundstein zum Miyagi-Karate legte. Mit diesem Einstieg wird Karate Kid aus dem Jahre 2010 sozusagen legitimiert und in die Kontiuität aufgenommen. Was seinerzeit noch ein Remake war, ist nun Teil des Kanon. Eklatante Verstöße gegen bereits etablierte Tatsachen lassen sich dabei nicht feststellen. Im Großen und Ganzen funktioniert es, auch wenn die Sache etwas konstruiert wirkt. Das ist allerdings ein geringer Preis, der gezahlt werden muss, um Jackie Chan offiziell zu einem Teil des Franchises zu machen.

Nostalgiebonbons für die Älteren

Nun besteht dieses Franchise aus vier (beziehungsweise jetzt ja fünf) Filmen und einer Serie namens Cobra Kai mit sechs Staffeln, denen Karate Kid: Legends folgt. Das bringt eine gewisse Gratwanderung mit sich. Während die Macher nicht nur wie eingangs erwähnt gezielt mit der Nostalgie kokettieren, sondern auch sonst zahlreiche Eastereggs für Fans mit eingebaut haben, scheint gleichzeitig versucht worden zu sein, den Film für komplette Neulinge zu konzipieren. Niemand kann zwei Herren gleichzeitig dienen und so besteht die Gefahr, statt beide Gruppen anzusprechen, beiden schlicht zu wenig zu liefern. Karate Kid: Legends ist der Creed II: Rocky’s Legacy des Karate Kid-Franchises, die Fackel wird von der etablierten Ikone an die nächste Generation übergeben – nur dass Daniel hier anders als Rocky dort fast schon lediglich einen Cameo-Auftritt absolviert statt fest in die Geschichte eingebunden zu sein. Fans werden sicher über einige Mängel hinwegsehen und mit den verteilten Nostalgiebonbons besänftigt werden können, wer aber nichts von der Vorgeschichte weiß, empfindet manches davon vielleicht sogar eher als störend oder zumindest überflüssig.

Als jemand, der die letzten drei Staffeln von Cobra Kai leider noch nicht gesichtet hat, ist es unmöglich zu beurteilen, ob Karate Kid: Legends an das Ende der Serie anschließt. Referenzen zu den ersten drei Staffeln gibt es zumindest keine. Vielleicht gäbe das Ende der Serie Aufschluss darüber, der Film jedenfalls erklärt nicht, wieso Daniel jetzt dort lebt, wo er lebt. Er erklärt allerdings auch nicht, wieso genau sich Daniel von Han dazu überreden lässt, Li zu trainieren. Er macht es halt einfach. Auch Lis Verhalten ist nicht immer nachzuvollziehen. Seine Hintergrundgeschichte mag sicher tragisch sein, doch sie scheint ihm gar nichts auszumachen. Genauso wenig scheint es ihn groß zu kümmern, dass er durch den Umzug vermeintlich kein Kung Fu mehr ausüben kann. Macchio und Chan funktionieren immerhin hervorragend miteinander. Die beiden dürfen im Rahmen von Lis Training sogar einen kleinen Showkampf gegeneinander veranstalten. Leider ist dieser zerschnitten und überwiegend klar von Stuntmännern absolviert, was der Untrainiertheit des erstgenannten und dem Alter des zweitgenannten Akteurs geschuldet sein dürfte. Das ist schon irgendwie verständlich, aber dennoch äußerst schade.

Zu lang und zu kurz

Karate Kid: Legends ist der kürzeste Film der Reihe und trotzdem zu lang. Der ganze Subplot mit Mias Vater (Joshua Jackson) ist absolutes Füllmaterial, das uns zugegebenermaßen einige interessante Kampfszenen beschert, als solches aber deplatziert wirkt und dessen innere Logik einer genaueren Überprüfung vermutlich nicht standhalten würde. Der Handlungsstrang mit Li und Mia selbst erfährt viel zu viel Zuwendung, zeitweise scheint Mia Li als Protagonisten sogar abzulösen, ob das nun Absicht war oder nicht. Da der Protagonist meist als Identifikationsfigur des Publikums dient, muss es oft auch das wissen, was er weiß. In einer Szene nehmen wir jedoch Mias Sicht ein, die – dank eines filmischen Kniffs – genau so wenig wie der Zuschauer weiß, was Li gerade tut, obwohl er sowohl für sie als auch uns gut sichtbar direkt vor ihr steht.

Aramis Knight bleibt als Antagonist Conor ziemlich blass, allerdings lange nicht so farblos wie der eigentliche Bösewicht des Films, der so gut wie keine Screentime bekommt, um abgesehen von ein paar Bemerkungen als solcher etabliert zu werden oder irgendeinen größeren Einfluss auf irgendetwas zu nehmen. Durch die überflüssigen Längen ist der Film letzten Endes also doch wieder zu kurz geraten. Gerade im letzten Drittel wirkt es vermehrt so, als wären mehrere Szenenhälften einfach rausgeschnitten worden, so schnell wie die einzelnen Sequenzen abgefrühstückt werden. Hier wollten die Macher vielleicht tatsächlich eher die junge Generation ansprechen; das Schnitttempo, das Pacing und Einblendungen wie videospielartige Effekte scheinen schon alle eher auf Leute abzuzielen, die keine große Aufmerksamkeitsspanne aufweisen und eine Reizüberflutung benötigen, um sich wenigstens minimal unterhalten zu fühlen. Aber auch in den ersten zwei Dritteln wird, wie sich bisher vielleicht schon herauslesen ließ, wenig erklärt oder zu Ende gedacht.

 

Zeitweise fühlt sich Karate Kid: Legends leider wie ein seelenloser Cashgrab an. Es scheint schon immer wieder durch, dass ein gewisser Respekt vor und auch Liebe für das Original vorhanden ist, aber zu vieles wirkt einfach wie zu schnell übers Knie gebrochen. Der Soundtrack wirkt auch eher so, als hätte sich da niemand allzu viel Mühe geben wollen. Bill Conti ist sicher untrennbar mit dem Soundtrack von Rocky verbunden, sorgte aber auch dafür, dass die Filmreihe nicht zuletzt ihres Scores wegen so beliebt ist. Die musikalische Handschrift war stets klar erkennbar und schuf eine Identität, die sich durch die ersten drei Filme zog und maßgeblich zur Wirkung einzelner Szenen beitrug, ob beim Training am Strand, bei Daniels ersten Erfolgen oder in den ruhigen Gesprächen mit Mr. Miyagi. Karate Kid ohne seine Musik ist undenkbar – Karate Kid: Legends wäre stellenweise ohne Musik vielleicht besser gewesen.

Kampfszenen bekamen erst mit Cobra Kai richtig Gewicht im Franchise. In Karate Kid: Legends sind sie überwiegend gelungen und selbst die relativ betrachtet schlechteren davon sind immer noch absolut anschaubar und machen überwiegend Spaß. Manches rutscht hier und da etwas zu sehr ins Cartoonartige ab, insgesamt sind die gekonnt choreographierten Auseinandersetzungen aber doch eine der Stärken des Films, auch wenn sie leider häufiger zerschnitten sind. Wie schon in der ersten Staffel von Cobra Kai wird auch hier der Kranich aus Karate Kid gespiegelt; der Protagonist hat also einen speziellen Move in petto, der ihm den Sieg sichern soll. Ebenfalls wird ein Weg gefunden, der Sache einen neuen Twist hinzuzufügen. Anders als den Kranich wird wohl kaum ein Kind in der Lage sein, ihn auf dem Spielplatz nachzuahmen (und auch die meisten Erwachsenen nicht), es handelt sich jedoch fraglos um den besten Move im gesamten Franchise.

Wie eingangs angedeutet glänzt Karate Kid: Legends aber auch mit dem Ende. Fraglos funktioniert das nur mit entsprechendem Vorwissen, es darf hier jedoch garantiert werden, dass sich der Film die beste Szene für den Schluss aufhebt und vermutlich jeder Fan des Franchises mit einem dicken Grinsen aus dem Film entlassen wird. Trotzdem wird die größte Errungenschaft von Karate Kid: Legends wahrscheinlich bleiben, dass Karate Kid von 2010 eine erneute Sichtung wert ist und bei vielen Fans im direkten Vergleich vermutlich in der Gunst steigen wird.



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Karate Kid: Legends
Fazit
"Karate Kid: Legends" scheint nicht so recht zu wissen, ob er eine Hommage an die Vergangenheit oder ein Schritt in die Zukunft sein möchte. Fans des Franchises wird wohl genügend geboten, um über Schwächen hinwegzusehen, alle anderen suchen sich lieber einen besseren Einstieg ins Franchise.
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