
Ende März 2022 brechen Timo Götz und seine Partnerin Salima Oudefel gemeinsam mit ihren beiden Kindern Emilia und Elina zu einer außergewöhnlichen Reise auf. Sie kündigen ihre Wohnung, verkaufen ihr Hab und Gut und machen sich auf dem Landweg auf den Weg nach Indien. Ihre Route führt sie durch die Türkei, Georgien, Armenien und den Iran, wobei sie ihre Erlebnisse filmisch dokumentieren. Das Ergebnis ist der Dokumentarfilm Auf Umwegen. Für die beiden ist es nicht die erste Reise dieser Art. Schon im November 2016 starteten die beiden mit ihrer zu dem Zeitpunkt fünf Monate alten Tochter Emilia zu einem Trip durch Sudostasien, der sie durch Malaysia, Kambodscha, Thailand, Indien und schließlich Sri Lanka führte. Damals waren sie gut drei Jahre unterwegs. Auf der Reise wurde ihre zweite Tochter geboren und auch bei dieser ersten Tour entstand ein Film: Auf dem Weg – Wenn Begegnungen verändern, der im Juni 2021 Premiere hatte.
Eine Geburt als bürokratische Odyssee
Gut zweieinhalb Jahre später packte Götz und Oudefel also wieder das Fernweh. Im Gegensatz zur ersten Reise steht dieses Mal von Beginn an fest, dass sie ihre Erlebnisse filmisch aufbereiten wollen – und das spiegelt sich in Auf Umwegen wider. Die Bilder sind sorgfältig komponiert, und einige der Gespräche mit Einheimischen wirken bewusst inszeniert. Diese Begegnungen sind es jedoch, die den Film zunächst ausmachen. Immer wieder treffen Götz, Oudefel und die Mädchen auf Menschen, die ihnen helfen – sei es durch Mitfahrgelegenheiten, eine kurzfristige Unterkunft oder einfach durch Herzlichkeit. So viel Hilfsbereitschaft ist man als Mitteleuropäer kaum gewohnt. Besonders im Iran erfährt die Familie eine überwältigende Gastfreundschaft, was ihre vorherigen Bedenken hinsichtlich der politischen Lage und der westlichen Medienberichterstattung über das Land entkräftet.
In Indien geschah dann jedoch etwas, das für die Familie äußerst unangenehm, für den Film jedoch beinahe schon ein Glücksfall war. Schon in Georgien erfährt Salima Oudefel, dass sie – wie schon auf ihrer ersten großen Reise – schwanger ist. Trotz dieser Nachricht setzen sie ihre Reise auch dieses Mal fort. Sie finden eine deutsche Hebamme im indischen Goa, wo die dritte Tochter des Paares, Enya zur Welt kommt. Wie sich später herausstellt, ist es aber ein Problem, dass das Kind nicht in einem Krankenhaus geboren worden ist. Sie haben Schwierigkeiten, die Ausreisegenehmigung für das in Indien geborene Kind zu erhalten. Immer wieder werden sie vertröstet, bis sie erfahren, dass ihnen Leihmutterschaft vorgeworfen wird. Die Erfahrungen, die die Familie deswegen tragischerweise erfahren mussten, machen aus Auf Umwegen jedoch mehr als ein reines Reisetagebuch. Diese bürokratische Odyssee offenbart eindrucksvoll, dass überbordende Bürokratie und Behördenwillkür nicht nur regionale, sondern globale Phänomene sind.
Eine Reise voller Begegnungen
Trotz aller Widrigkeiten gelingt es der Familie schließlich, Indien zu verlassen. Entgegen allen Ratschlägen von Freunden und Verwandten setzen sie ihre Reise über Nepal, Kasachstan, Russland und wiederum Georgien fort. „Wir brauchten diese Rückreise – nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kinder. Andernfalls wäre der Gedanke an ein so dramatisches Ende immer in unseren Köpfen geblieben“, erklärt Salima Oudefel in einem Interview. Und so bleiben neben den dramatischen Erlebnissen der Reisenden vor allem die Begegnungen der beiden Filmemacher und ihren mittlerweile drei Kindern in Erinnerung. Begegnungen mit einfachen, herzlichen und hilfsbereiten Menschen, deren Gastfreundschaft offensichtlich nicht von der Herkunft der Fremden abhängig ist.
Das alles macht den Film sehenswert, auch wenn die Laufzeit von über zwei Stunden etwas straffere Schnitte vertragen hätte. Bei einer Ausgangslänge von 300 Stunden Rohmaterial ist es nachvollziehbar, dass Götz und Oudefel Mühe hatten, eine Essenz herauszufiltern, gerade weil sie persönlich damit verbunden sind. Dennoch hätten einige Straffungen Längen vermeiden und somit das Seherlebnis intensivieren können. Ungeachtet dessen bleibt Auf Umwegen ein inspirierender Einblick in das Leben einer sympathischen mutigen Familie, die auf ihrer Reise immer wieder erlebt, dass das Vertrauen und die Offenheit, mit der sie den Menschen begegnen, belohnt wird. Man darf gespannt sein, wann sie das Fernweh erneut packt – und auf den nächsten Film, der dann hoffentlich wieder daraus entsteht.
OT: „Auf Umwegen“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Timo Götz, Salima Oudefel
Kamera: Timo Götz, Salima Oudefel
(Anzeige)