Der Sohn des Mullahs
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Der Sohn des Mullahs

„Der Sohn des Mullahs“ // Deutschland-Start: 13. Juni 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

In den letzten Jahren hat es sich in vielen Ländern etabliert, einen unliebsamen Journalismus einfach zu diffamieren. Wenn einem die Wahrheit nicht passt, wird sie einfach ignoriert oder ins Gegenteil umgewandelt. Ob nun hierzulande manche von einer Lügenpresse sprechen, in den USA von Fake News die Rede ist oder man gar eine unabhängige Berichterstattung als Form des Terrorismus bezeichnet, das Prinzip ist immer dasselbe. Ein besonders heftiges Beispiel dafür, wie die Presse drangsaliert werden kann, zeigt Der Sohn des Mullahs. Der Dokumentarfilm nimmt uns mit nach Iran und führt vor Augen, was es bedeutet, sich diesen Regeln nicht unterwerfen zu wollen und wie hoch der Preis der Wahrheit am Ende sein kann.

Unterwegs mit einem geflohenen Journalisten

Genauer lernen wir Roohollah Zam kennen. Der entstammt, wie der Titel bereits vorwegnimmt, eigentlicher einer klerikalen Familie. Er selbst war auch gläubig, so wie man ihn erzogen hatte, bis er zunehmend mit dem politischen System haderte und Teil der Opposition wurde. Dass das nicht ohne Folgen bleiben kann, ist klar. Irgendwann wird er verhaftet, nur dem Einfluss seines Vaters ist es zu verdanken, dass er das Gefängnis wieder verlassen kann und ins Ausland auswandert, Frankreich wird seine neue Heimat. Der Sohn des Mullahs zeichnet diesen Weg nach, legt dabei aber einen größeren Fokus auf die Zeit im Exil und wie er von dort aus weiterhin gegen das Regime ankämpfte.

Begleitet wird er dabei von Regisseurin Nahid Persson Sarvestani, auch sie ist aus Iran geflohen und arbeitet nun in Schweden, wo sie ebenfalls das Regime anprangert. Dass die beiden sich verstehen, ist daher keine wirkliche Überraschung. Sie eint der Wille, die Wahrheit über ihr Heimatland nach außen zu tragen. Diese Verbundenheit schafft eine Nähe, die sich in Der Sohn des Mullahs immer mal wieder zeigt. Das erlaubt der Filmemacherin, ihren Protagonisten auch in ganz privaten Situationen zu zeigen. Immer wieder sehen wir ihn mit seiner Familie, sehen glückliche Momente, aber auch Familienstreitigkeiten. Wenn sich im weiteren Verlauf die Ereignisse überschlagen, nimmt man Sarvestani dadurch ab, wie nahe ihr die Geschichte geht.

Die Frage der Wahrheit

Es bedeutet aber auch, dass die kritische Distanz fehlt. Der Sohn des Mullahs setzt sich nie wirklich mit der Arbeit des Journalisten auseinander, sondern versteht sich als Mitstreiter für die gerechte Sache. Dass das etwas schwierig sein kann, beweisen die späteren Szenen, wenn es zu den besagten Verwicklungen kommt, welche den Dokumentarfilm in eine Art Politthriller verwandeln. Dabei geht es auch darum, wie Wahrheit konstruiert werden kann. Das wird dann zwar auf die Machenschaften des Regimes bezogen, lässt aber auch Fragen zu der Arbeit von Zam aufkommen. Damit einher geht ein größeres Manko des Films, wenn dieser immer offensiv versucht, das Publikum zu manipulieren. Nicht nur, dass eine ungeniert aufdringliche Musik eingebaut wurde, die selbst leise, intime Szenen aufbauscht. Wenn die Doku besonders emotionale Momente zeigt, darf man dann auch seine Zweifel daran haben, was nun echt ist und was inszeniert. Bei einem Film, der die Verschleierung von Wahrheit anprangert, ist das schon ziemlich schwierig.

Das ist schade, weil das Thema wichtig ist. Außerdem ist es natürlich imponierend, wie Zam weiterhin für das kämpft, woran er glaubt, und dafür letztendlich einen hohen Preis bezahlen muss. Es ist zudem spannend, wie mit der Zeit die Paranoia immer größer wird. Wer die Geschichte des Iraners nicht vorher schon kennt, darf bis zum Ende gespannt sein, wie das Ganze ausgehen wird. Wo Dokumentarfilme sonst meistens in erster Linie informieren wollen, hat Der Sohn des Mullahs durchaus auch einen Unterhaltungswert, wenngleich einen eher makabren. So oder so ist das Ergebnis lohnenswert, und sei es als Diskussionsgrundlage für Fragen nach der Wahrhaftigkeit von Bildern und dem Wert von Zivilcourage.

Credits

OT: „Son of the Mullah“
Land: Schweden
Jahr: 2023
Regie: Nahid Persson Sarvestani
Drehbuch: Nahid Persson Sarvestani
Musik: Natali Noor
Kamera: Nahid Persson Sarvestani

Bilder

Trailer

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Der Sohn des Mullahs
fazit
„Der Sohn des Mullahs“ schildert, wie der aus Iran geflohene Journalist Roohollah Zam aus dem Exil heraus über das Regime berichtet und Missstände anprangert. Das ist sehenswert, spricht mehrere wichtige Themen an. Die fehlende Distanz zum Protagonisten und die manipulativen Elemente sind in dem Zusammenhang aber sehr schwierig.
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