Alle hassen Johan
© Kairos Filmverleih

Alle hassen Johan

„Alle hassen Johan“ // Deutschland-Start: 14. März 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Familie Grande liebt es, wenn Sachen in die Luft fliegen. Dieser Leidenschaft geht das norwegische Ehepaar vor allem während des Zweiten Weltkriegs nach, als es Brücken in die Luft sprengt, um damit den deutschen Besatzern zu schaden. Dummerweise sprengt es sich eines Tages auch selbst in die Luft und macht damit den Sohn Johan zum Waisen. Dabei hat er die explosive Leidenschaft der Eltern geerbt und geht dieser nach, bis es auch dabei zu einem unglücklichen Zwischenfall kommt. Nachdem er mehrere Jahre in den USA verbracht hat, kehrt Johan Grande (Pål Sverre Hagen) nun in seine alte Heimat zurück, die norwegische Insel Frøya. Die Wiedersehensfreude der anderen hält sich jedoch in Grenzen. Vor allem Solvor (Ingrid Bolsø Berdal), der er einst sehr nahe stand, hätte liebend gern darauf verzichten können, Johan wiederzusehen. Doch der ungeliebte Außenseiter lässt sich davon nicht kleinkriegen …

Aus dem langen Leben eines Bombenbauers

Letztes Jahr spielte Pål Sverre Hagen die Hauptrolle in War Sailor. Dabei handelte es sich um ein Werk, das mehrere Jahrzehnte aus dem Leben zweier Freunde beschreibt, beginnend mit ihren Erfahrungen während des Zweiten Weltkriegs, dessen Folgen noch lange nach dem Ende zu spüren waren. Nun ist der norwegische Schauspieler in einem weiteren Film zu sehen, der mit dem ersten einiges gemeinsam hat. Auch Alle hassen Johan beginnt mit Ereignissen während des Zweiten Weltkriegs, die das Leben des Protagonisten maßgeblich prägen werden. Erneut handelt es sich um ein Langzeitporträt, wenn wir die Titelfigur von früher Kindheit bis ins hohe Alter begleiten und dabei viele Turbulenzen durchleben.

Natürlich gibt es aber auch Unterschiede. Der erste betrifft den Umfang. War der erstgenannte Titel bewusst episch angelegt und wurde später auch als Serie veröffentlicht, da ist Alle hassen Johan deutlich bescheidener im Umfang. Gerade einmal anderthalb Stunden nimmt der Film für sich in Anspruch. Er ist auch intimer, beschränkt sich fast ausschließlich auf den Protagonisten. Das Ergebnis ist das Porträt eines Außenseiters, welches gar nicht vorhat, viel über die Welt da draußen zu sagen. So gibt es zwar schon Anknüpfungspunkte mit gesellschaftlicher Relevanz, wenn es um den Umgang mit Außenstehenden geht oder auch die Frage um Vergebung und zweite Chancen. Aber das ist kaum mit dem Kriegsdrama zu vergleichen, welches auch ein Zeitporträt sein wollte.

Zwischen schrägem Humor und tiefen Gefühlen

Der zweite Unterschied ist die Tonalität. Verkauft wird Alle hassen Johan als Komödie und zumindest anfangs stimmt das auch. Der Humor schwankt dabei zwischen schwarz und schräg, wenn wir mehr über die Familie mit dem eigenwilligen Hobby erfahren. Wobei der Film weniger auf tatsächliche Lacher setzt, ausgelöst durch Witze. Regisseur Hallvar Witzø schafft lieber eine eigenwillige Atmosphäre, die von verschrobenen Figuren getragen wird. Dabei kommt es schon auch mal zu einschneidenden Ereignissen, gern auch tödlicher Natur. Aber der norwegische Film ist doch lieber ein stiller, der sich damit begnügt die Zuschauer und Zuschauerinnen zum Schmunzeln zu bringen mit den Charakteren, die mit ihrer unbeholfenen Art liebenswürdig sind.

Der Film selbst ist ebenfalls erstaunlich emotional. Das gilt vor allem in der zweiten Hälfte, wenn es um die gescheiterte Beziehung der beiden Hauptfiguren geht sowie eine weitere Frau (Vee Vimolmal), die in das Leben von Johan tritt. Da sind wunderschöne, rührende Momente dabei, ebenso solche, die richtig schmerzhaft werden können. Alle hassen Johan ist letztendlich auch ein Film über gebrochene Menschen, denen andere oder auch das Schicksal übel mitgespielt haben. Doch inmitten der Trümmer finden sich immer auch neue, alternative Wege, da ist Schönheit verborgen unter dem grauen Schutt. Solche aufmunternden Nachrichten führen oft zu kitschigen Wohlfühlgeschichten. Der norwegische Beitrag zeigt, wie es besser geht: Die Mischung aus humorvollen und traurigen Momenten passt, es gelingt hier Gefühle zu erzeugen, ohne den großen Hammer auspacken zu müssen. Das macht die Tragikomödie zu einem Geheimtipp, dem ein großes Publikum zu wünschen wäre.

Credits

OT: „Alle hater Johan“
IT: „Everybody Hates Johan“
Land: Norwegen
Jahr: 2022
Regie: Hallvar Witzø
Drehbuch: Erlend Lo
Musik: Jørund Fluge Samuelsen
Kamera: Karl Erik Brøndbo
Besetzung: Pål Sverre Hagen, Ingrid Bolsø Berdal, John Brungot, Paul-Ottar Hagen, Trond-Ove Skrødal, Ingunn Beate Øyen, Vee Vimolmal

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Alle hassen Johan
fazit
„Alle hassen Johan“ beginnt skurril, wenn wir eine Familie mit einer Leidenschaft für Bomben kennenlernen, wird später aber auch sehr emotional. Die Tragikomödie um einen Außenseiter ist dabei ein schöner Geheimtipp, der inmitten der Trümmer Schönheit findet, ohne dabei kitschig zu werden.
Leserwertung0 Bewertungen
0
8
von 10