Les Amandiers Forever Young
© Neue Visionen

Forever Young (2022)

Les Amandiers Forever Young
„Forever Young“ // Deutschland-Start: 17. August 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Paris, Ende der 1980er Jahre: Dutzende von jungen Männern und Frauen hoffen darauf, einen Platz an der Schauspielschule des „Théâtre des Amandiers“ angenommen zu werden. Doch nur 40 von ihnen werden die erste Hürde nehmen und nach dem Vorsprechen weiterkommen. Und auch von diesen 40 werden nur eine wenige bis zum Ende bleiben dürfen, um unter der Leitung von Patrice Chéreau (Louis Garrel) und Pierre Romans (Micha Lescot) die Schauspielerei zu erlernen. Wer das alles durchsteht, darf sogar ein Stück auf die Bühne bringen. Unter diesen Glücklichen ist auch Stella (Nadia Tereszkiewicz), für die sich durch diese einmalige Möglichkeit eine völlig neue Welt öffnet – künstlerisch wie privat. Denn da warten neue Freundschaften, eine stürmische Beziehung mit Etienne (Sofiane Bennacer), aber auch schmerzhafte Erkenntnisse und Erfahrungen …

Persönliche Reise in die Vergangenheit

Als Schauspielerin ist Valeria Bruni Tedeschi ohne Zweifel zu größerem Ruhm gekommen, sie gehört zu den prägnantesten Vertreterinnen Frankreichs. Auch hierzulande ist die Künstlerin immer wieder zu sehen, zuletzt liefen etwa In den besten Händen und Die Linie im Kino. Alle paar Jahre entscheidet sie jedoch, dass es ihr nicht ausreicht, bei den Geschichten anderer mitzumachen, sondern will auch eigene erzählen. Und so inszeniert sie regelmäßig selbst Filme, die auf die eine oder andere Weise autobiografisch gefärbt sind. So auch in Forever Young, ihrer siebten Regiearbeit, mit der sie uns auf eine Zeitreise in die späten 1980er mitnimmt, als sie selbst Schülerin am Théâtre des Amandiers war und unter Chéreau und Romans Handwerk und Kunst lernte.

Ihr alter Ego Stella ist dann auch die zentrale Figur in der Tragikomödie. Exemplarisch wird an ihr gezeigt, wie junge Menschen sich an die Schauspielerei heranwagen, dabei über sich hinauswachsen, aber auch eigene Grenzen entdecken. Wobei Tedeschi und ihre diversen Co-Autorinnen über die restlichen ambitionierten Männer und Frauen ebenfalls einiges zu erzählen haben. Geschickt ist dabei, wie Forever Young diese Figuren durch ihr Vorsprechen und anschließende Gespräche an der Schule vorstellt. Auf diese Weise erfahren wir nicht nur, aus welchen Gründen sie ans Theater wollen und was sie sich erhoffen. Es gibt auch ein paar Einblicke in ihr vorheriges Leben und damit das, was sie bislang geprägt und angetrieben hat. Während beispielsweise Stella aus reichem Haus kommt, ist Schauspielerei bei anderen ein Luxus. Manche stehen schon im Leben, andere sind sichtlich unerfahren.

Zwischen sehenswert und anstrengend

In der ersten Hälfte ist das sehr sehenswert, wenn sich der Film auf das Aufeinandertreffen der unterschiedlichsten Charaktere konzentriert. Das hat etwas Ausgelassenes an sich, gibt die Aufbruchstimmung und die Entdeckerlust wieder. Das heißt nicht, dass alles immer toll sein muss. Gerade das Auswahlverfahren zu Beginn bringt viel Drama mit sich, echtes wie gespieltes. Forever Young profitiert an dieser Stelle auch von dem spielfreudigen Ensemble. Bei den Schülern und Schülerinnen sind zwangsläufig jede Menge unbekannter Gesichter dabei, die jedoch alle ihr Talent beweisen. Lediglich Nadia Tereszkiewicz, die hierfür bei den Césars und dem Prix Lumière als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet wurde, ist inzwischen etwas prominenter. So war sie kürzlich auch in einer Hauptrolle in der Krimikomödie Mein fabelhaftes Verbrechen zu sehen.

Dieser positive Eindruck hält jedoch nicht bis zum Schluss. Im weiteren Verlauf will Tedeschi nicht nur das Leben an der Schule thematisieren, sondern darüber hinaus ein Zeitporträt der späten 80er anzulegen. Das klappt aber nur zum Teil, da die Geschichte immer weiter ausfranst. Wenn es auf einmal Schicksalsschläge gibt, AIDS thematisiert wird und das Leben der jungen Menschen immer wieder davor ist, völlig außer Kontrolle zu geraten, ist das in erster Linie anstrengend statt aufregend. Damit zusammen hängt ein anderes Problem: Die Tragikomödie, die 2022 im Wettbewerb von Cannes Weltpremiere hatte, ist mit einer Laufzeit von über zwei Stunden deutlich zu lang. Insgesamt überwiegt bei Forever Young zwar das Positive. Das Versprechen eines mitreißenden Rückblicks auf eine prägende Zeit des Umbruchs löst der Film aber nur zum Teil ein, dafür ist die Lust am Exzess einfach zu schwammig.

Credits

OT: „Les Amandiers“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Valeria Bruni Tedeschi
Drehbuch: Valeria Bruni Tedeschi, Noémie Lvovsky, Agnès de Sacy, Caroline Deruas Peano
Kamera: Julien Poupard
Besetzung: Nadia Tereszkiewicz, Sofiane Bennacer, Louis Garrel, Micha Lescot, Clara Bretheau, Noham Edje, Vassili Schneider, Eva Danino

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 2023 Bester Film Nominiert
Bester Nebendarsteller Micha Lescot Nominiert
Beste Nachwuchsdarstellerin Nadia Tereszkiewicz Sieg
Beste Kamera Julien Poupard Nominiert
Bestes Original-Drehbuch Valeria Bruni Tedeschi, Noémie Lvovsky, Agnès de Sacy Nominiert
Bestes Szenenbild Emmanuelle Duplay Nominiert
Beste Kostüme Caroline de Vivaise Nominiert
César des lycéens Nominiert
Prix Lumières 2023 Beste Regie Valeria Bruni Tedeschi Nominiert
Beste Nachwuchsdarstellerin Nadia Tereszkiewicz Sieg

Filmfeste

Cannes 2022
Filmfest München 2022
Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg 2022
Französische Filmwoche 2022

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Forever Young (2022)
fazit
„Forever Young“ beginnt spannend, wenn wir eine Reihe junger Menschen kennenlernen, für die sich an einer Theaterschule ein Traum erfüllt. Später ist der Film aber völlig überfrachtet. Trotz eines sehr guten Nachwuchsensembles ist die Tragikomödie dann eher anstrengend als aufregend.
Leserwertung0 Bewertungen
0
6
von 10