Der englische Patient The English Patient TV Fernsehen arte Mediathek Streaming DVD
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Der englische Patient

Der englische Patient The English Patient TV Fernsehen arte Mediathek Streaming DVD
„Der englische Patient“ // Deutschland-Start: 27. Februar 1997 (Kino) // 24. März 2022 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Italien, 1945: Der Zweiter Weltkrieg neigt sich langsam seinem Ende zu, doch die Spuren der letzten Jahre sind überall zu sehen. So auch in dem verlassenen Bergkloster, in dem sich die kanadische Lazarettschwester Hana (Juliette Binoche) um einen Patienten (Ralph Fiennes) kümmert. Niemand weiß, wer er ist, hat er doch bei einem Flugzeugabsturz nicht nur zahlreiche Verbrennungen davongetragen, sondern dabei auch sein Gedächtnis verloren. Hana ist fest entschlossen, die kurze ihm verbleibende Zeit an seiner Seite zu bleiben und für ihn zu sorgen, während alle anderen bereits weitergezogen sind. Auf diese Weise kommen sie sich nach und nach näher. Und auch das Gedächtnis des Mannes kehrt zurück. So handelt es sich bei ihm um den ungarischen Grafen Laszlo Almasy, der eine Expedition leitete und dabei eines Tages die Bekanntschaft von Katharine Clifton (Kristin Scott Thomas) macht, mit der er eine leidenschaftliche Affäre beginnt …

Ein überlebensgroßes Melodram

Wenn Filme damit beginnen, dass die Hauptfigur sich nicht erinnern kann, dann dient das oft dem Spannungsaufbau. Das Publikum soll sich gemeinsam mit dem oder der Gedächtnislosen auf eine Reise ins Unbekannte begeben. Gerade im Thrillerbereich ist dieses Szenario sehr beliebt, ist dies doch automatisch mit einen Mystery-Aspekt verbunden, oft auch mit irgendwelchen dunklen Geheimnissen. Es gibt aber auch Gegenbeispiele. Eines der berühmten ist ohne Zweifel Der englische Patient. Der Film war nicht nur an den Kinokassen ein Gigant, spielte bei einem Budget von rund 30 Millionen US-Dollar am Ende 230 Millionen wieder ein. Er war zudem der große Abräumer bei der Oscar-Verleihung 1997, gewann am Ende neun Preise bei zwölf Nominierungen – darunter den für den besten Film des Jahres.

Natürlich kann man sich über Sinn und Legitimität des wichtigsten Filmpreises immer streiten. Unstrittig ist aber, dass Der englische Patient ein beeindruckender Film ist, bei dem man an vielen Stellen mit offenem Mund vor der Leinwand saß. Regisseur und Drehbuchautor Anthony Minghella (Der talentierte Mr. Ripley) nahm den gleichnamigen, ebenfalls preisgekrönten Roman von Michael Ondaatje und schuf damit eines der großen Melodramen der neueren Zeit. Tatsächlich ist die Geschichte um einen ungarischen Grafen, der in die Wirren des Ersten Weltkriegs hineingezogen wird und sich dabei unsterblich verliebt, ein Werk, wie man es in den 1990ern nicht mehr erwartet hätte. Vielmehr fühlt man sich hier an die epischen Dramen von anno dazumal erinnert, bei denen alles überlebensgroß war: Bilder, Menschen, Gefühle.

Exzessiv und überwältigend

Dass die Geschichte mit der realen Lebensgeschichte von Almasy nur am Rande zu tun hat, stört dann auch nicht weiter. Das interessierte Ondaatje ebenso wenig. Etwas stärker irritiert, dass die Rahmenhandlung rund um Lazarettschwester Hana eine vergleichsweise geringe Rolle spielt. Auch wenn es Querverbindungen gibt und Hana durch die Begegnung mit ihrem Patienten maßgeblich beeinflusst wird, gibt es doch ein deutliches Ungleichgewicht der beiden Stränge. So deutlich, dass man sich zwischendurch bei Der englische Patient fragt, warum es die Rahmenhandlung überhaupt braucht. Aber auch sie enthält starke Szenen, erzählt von Einsamkeit und einem Neuanfang und gibt dem Film eine versöhnliche Note nach all der Tragik und dem vielen Leid. Ein Leid, das auf allen Seiten stattgefunden hat. Anders als bei anderen großen Kriegsromanzen wie African Queen ist das hier mit der Einteilung in Gut und Böse nicht ganz so leicht.

Dabei werden auch universelle Themen angeschnitten, die sich um den Krieg, aber auch die menschliche Natur als solche drehen. Dennoch wird man den Film eher poetisch als philosophisch nennen wollen. Der englische Patient ist eines dieser Werke, von denen man sich überwältigen lassen will, sei es durch die grandiosen Landschaftsaufnahmen oder auch das starke Ensemble, welches inmitten der Dunkelheit Herzen schlagen lässt. Natürlich, wer mit Gefühlskino nichts anfangen kann, macht einen Bogen hierum. Auch die exzessive Länge kann zu einem Problem werden, wenn vieles hier stärker ausgedehnt wird, als es der Inhalt erfordern würde. Die Meinungen zu dem Film gehen daher trotz Preisregen und Blockbuster-Status erstaunlich weit auseinander. Wer sich aber auf diese Art Melodram einlassen kann und will, kann ein Vierteljahrhundert später noch immer sehr viel in dieser Reise in die Vergangenheit entdecken, für die sich das Einschalten lohnt.

Credits

OT: „The English Patient“
Land: UK, USA
Jahr: 1996
Regie: Anthony Minghella
Drehbuch: Anthony Minghella
Vorlage: Michael Ondaatje
Musik: Gabriel Yared
Kamera: John Seale
Besetzung: Ralph Fiennes, Kristin Scott Thomas, Juliette Binoche, Willem Dafoe, Colin Firth, Naveen Andrews, Julian Wadham, Jürgen Prochnow

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1997 Bester Film Sieg
Beste Regie Anthony Minghella Sieg
Bester Hauptdarsteller Ralph Fiennes Nominiert
Beste Hauptdarstellerin Kristin Scott Thomas Nominiert
Beste Nebendarstellerin Juliette Binoche Sieg
Bestes adaptiertes Drehbuch Anthony Minghella Nominiert
Beste Musik Gabriel Yared Sieg
Beste Kamera John Seale Sieg
Bestes Szenenbild Stuart Craig, Stephenie McMillan Sieg
Beste Kostüme Ann Roth Sieg
Bester Ton Walter Murch, Mark Berger, David Parker, Christopher Newman Sieg
Bester Schnitt Walter Murch Sieg
BAFTA 1997 Bester Film Sieg
Beste Regie Anthony Minghella Nominiert
Bester Hauptdarsteller Ralph Fiennes Nominiert
Beste Hauptdarstellerin Kristin Scott Thomas Nominiert
Beste Nebendarstellerin Juliette Binoche Sieg
Bestes adaptiertes Drehbuch Anthony Minghella Sieg
Beste Musik Gabriel Yared Sieg
Beste Kamera John Seale Sieg
Bester Schnitt Walter Murch Sieg
Bestes Szenenbild Stuart Craig Nominiert
Beste Kostüme Ann Roth Nominiert
Bester Ton Mark Berger, Pat Jackson, Walter Murch, Christopher Newman, David Parker, Ivan Sharrock Nominiert
Bestes Make-up/Haare Fabrizio Sforza, Nigel Booth Nominiert
Berlinale 1997 Goldener Bär Nominiert
Silberner Bär/Beste Darstellerin Juliette Binoche Sieg
César 1998 Bester ausländischer Film Nominiert
Europäischer Filmpreis 1997 Bester Film Nominiert
Beste Darstellerin Juliette Binoche Sieg
Beste Kamera John Seale Sieg
Golden Globes 1997 Bester Film (Drama) Sieg
Beste Regie Anthony Minghella Nominiert
Bester Hauptdarsteller (Drama) Ralph Fiennes Nominiert
Beste Hauptdarstellerin (Drama) Kristin Scott Thomas Nominiert
Beste Nebendarstellerin Juliette Binoche Nominiert
Bestes Drehbuch Anthony Minghella Nominiert
Beste Musik Gabriel Yared Sieg

Filmfeste

Berlinale 1997
Filmfest München 2019

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Der englische Patient
fazit
„Der englische Patient“ war seinerzeit ein Kassenschlager und gewann Filmpreise ohne Ende. Tatsächlich ist die Romanadaption um Krieg und Liebe ein noch immer imposantes Melodram, bei dem es viel zu bewundern gibt. Man muss sich aber auf diese Art Film einlassen können und kein Problem mit der exzessiven Länge haben, die nicht so ganz durch den Inhalt gerechtfertigt ist.
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