Der alte Affe Angst
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Der alte Affe Angst

Der alte Affe Angst
„Der alte Affe Angst“ // Deutschland-Start: 24. April 2003 (Kino) // 8. April 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Als sie sich kennen und lieben lernten, war die Beziehung des Theaterregisseurs Robert (André Hennicke) und der Kinderärztin Marie (Marie Bäumer) sehr erfüllt. Während Robert nach vielen gescheiterten Beziehungen hoffte, endlich die Frau fürs Leben gefunden zu haben, hoffte auch Marie einen Mann gefunden zu haben, mit dem sie einmal Kinder haben könnte. Nach einem Suizidversuch aufgrund ihres erfolglosen Kinderwunsches war die Beziehung für sie ein Versprechen, weshalb sie mehr als unglücklich ist, als es zwischen ihr und Robert zu Streitigkeiten kommt. Grund ist, dass die beiden schon seit einer Weile keinen Sex mehr haben und sich Robert anscheinend immer mehr in seine Arbeit vertieft. Während jedoch Marie die Schuld zunächst bei sich tut, wird schnell klar, dass es ihr Partner ist, der dies als eine Art Selbstschutz vorgenommen hat, denkt er doch, er würde die Beziehung aufs Spiel setzen, wenn er seine Sexualität nicht in den Griff bekäme. Fatalerweise, wie er seinem Therapeuten erzählt, geht er deswegen regelmäßig zu Prostituierten und macht sich immer schlimmere Selbstvorwürfe wegen seines Verhaltens. Parallel macht Robert sich Sorgen um seinen Vater (Vadim Glowna), der ihn aus heiteren Himmel angerufen hat, um ihn von seiner Krebsdiagnose zu erzählen, wobei dieses Mal die Aussichten auf eine Heilung eher gering sind.

Wie ein Schlachtfeld

Viele Dramen in der Literatur wie im Film arbeiten sich an Themen wie Liebe und Beziehungen ab, doch nur sehr wenige nehmen diese auch wirklich ernst, wie man an der Vielzahl an romantischen Komödien sieht, die fast jährlich produziert werden. Liebe als „Geben und Nehmen“ zu verstehen und dies dann auch authentisch und glaubhaft darzustellen, ist nicht einfach, weil es alleine schon in der Realität eine Herausforderung ist, dies zu verstehen und zu leben. In Oskar Roehlers Drama Der alte Affe Angst befasste sich der Regisseur mit eben diesen Themen, ausgelöst von einem Denkprozess über diese beiden Themen nach dem Tod seines Vaters, wie er in einem Interview mit filmreporter.de sagt. Der Spielfilm, der Anfang April 2022 nochmals, dieses Mal in einer restaurierten Fassung auf DVD herausgekommen ist, bleibt alleine schon wegen seines Umgangs mit diesen Themenkomplexen einen Blick wert, auch wenn es nicht immer leicht fällt, bei diesem intensiven Drama hinzusehen.

In besagtem Interview bezeichnet Roehler seinen Film als die Abbildung eines Schlachtfeldes. Der weite Raum der gemeinsamen Wohnung wird, ähnlich wie die Bühne, an der Robert arbeitet, zu einem Austragungsort dieses Schlachten, an deren Ende nicht selten Zusammenbrüche und Tränen stehen. Auch wenn es hin und wieder durchaus heitere und romantische Momente zwischen den beiden Liebenden gibt, so überwiegt doch der Eindruck, dass sich hier das Ende einer Beziehung anbahnt, die nur noch der Gewohnheit halber am Leben erhalten wird. Indem Roehlers Inszenierung und sein Drehbuch zugleich den Fokus auf das Innenleben und die Arbeit der beiden Protagonisten sowie deren Beziehung zu ihren Eltern legt, wird mehr als deutlich, dass es bei den Konflikten nicht alleine um Bilder der Zweisamkeit geht, um Familie und die damit verbundenen Werte, sondern um ein Selbstbild, was immer weiter verblasst oder mit einem gewissen Maß an Selbstekel verbunden ist. Das große Drama wird abgelöst vom Seziertisch, an dem die Figuren beleuchtet werden, was sie dem Zuschauer näher bringt, doch ebenso Distanz schafft, wenn man den Kontext der Beziehung der beiden berücksichtigt.

Was uns trennt, was uns vereint

Wie viele der Filme Roehelers ist auch Der alte Affe Angst großes Schauspielerkino. In den Hauptrollen überzeugen Marie Bäumer sowie André Hennicke zum einen als Liebenden, doch vielmehr als Personen, die über ihre eigenen Vorstellungen von Liebe, Beziehung, Familie und generell dem Leben zu zweit aneinander geraten, auch mit sich selbst. Intensiv sind ihre Dialoge, die sie emotional und teils auch physisch sichtlich an ihre Grenzen bringen, springen sie doch von einem Extrem in das nächste. Die Herausforderung für die Darsteller, die Figuren und eigentlich auch für den Zuschauer besteht darin, das Roehler nicht an dem Einfachen interessiert ist, denn die Konflikte werden konsequent zu Ende gedacht, bis hin zur Selbstaufgabe. Dennoch bleibt die Erkenntnis dessen, was die beiden verbindet, was man utopisch finden kann, aber was auch zutiefst romantisch und hoffnungsvoll ist, trotz all dem Elend, was den beiden Figuren im Laufe der Handlung widerfährt.

Neben den darstellerischen Aspekten ist es zudem die Inszenierung, die bei Der alte Affe Angst zu überzeugen weiß. Abgesehen von der bereits erwähnten Rauminszenierung sind es die Bildkomposition Hagen Bogdanskis, die für die richtige Mischung aus Distanz und Nähe sorgen und ihren Teil dazu beitragen, dass Der alte Affe Angst eine solch intensive Erfahrung für seinen Zuschauer ist.

Credits

OT: „Der alte Affe Angst“
Land: Deutschland
Jahr: 2003
Regie: Oskar Roehler
Drehbuch: Oskar Roehler
Musik: Martin Todsharow
Kamera: Hagen Bogdanski
Besetzung: André Hennicke, Marie Bäumer, Vadim Glowna, Hilde Van Mieghem, Hermann Beyer, Jutta Hoffmann, Christoph Waltz, Ralf Bauer

Bilder

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Der alte Affe Angst
Fazit
„Der alte Affe Angst“ ist ein einnehmendes Drama über Beziehung, Zweisamkeit und Liebe, welches nicht zuletzt durch seine intensiv spielenden Darsteller einen Blickt wert ist. Oskar Rohelers Films ist nicht an einfachen Lösungen für die Probleme der Figuren interessiert, sondern daran, diese glaubhaft zu Ende zu denken, auch wenn dies für die Zuschauer wie auch die Figuren schmerzhaft ist. Doch gerade aus diesem Konzept heraus schöpft „Der alte Affe Angst“ seine große Energie und letztlich auch seine Wahrhaftigkeit.
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