Girl 2020

Girl (2020)

Inhalt / Kritik

Girl 2020
„Girl“ // Deutschland-Start: 8. November 2021 (Sky Ticket)

Die nostalgischen Gefühle halten sich in Grenzen, als die junge Frau (Bella Thorne) in ihre alte Heimat zurückkehrt. Anstatt in Nostalgie zu schwelgen, hat sie es sich vielmehr zum Ziel gemacht, ihren Vater zu töten, der seine Familie immer wieder misshandelt hatte und selbst jetzt noch eine Bedrohung darstellt. Ihre Mutter (Elizabeth Saunders) versucht sie zwar noch davon abzuhalten, aber vergeblich – ihr Entschluss ist gefasst. In der Kleinstadt angekommen, macht sie sich gleich auf die Suche nach ihrem Vater und trifft dabei unter anderem den Sheriff (Mickey Rourke) und einen Mann mit dem Spitznamen Charmer (Chad Faust). Ihr Rachefeldzug nimmt jedoch ein vorzeitiges Ende, als sie erfahren muss, dass ihr Vater längst tot ist. Jemand hat ihn ermordet. Aber wer? Und weshalb?

Das wirst du büßen!

Die Welt ist voller Menschen, die sich so ungerecht behandelt fühlen, dass sie keinen anderen Weg sehen, als die entsprechenden Übeltäter umzubringen. Zumindest im Filmbereich ist das so, nahezu jede Woche kommt irgendwo ein Rachethriller heraus, in denen die Hauptfigur zum Zwecke der Gerechtigkeit über Leichen geht. Meistens handelt es sich dabei um Männer, mit Vorliebe Ex-Soldaten oder etwas Vergleichbares, damit sie auch möglichst gut im Töten sind. Das Publikum will schließlich unterhalten werden. Zuletzt melden sich aber auch immer mehr Frauen zu Wort, oft im Kontext des Rape-and-Revenge-Thrillers. Andere wiederum töten, weil sie jemanden verloren haben – siehe The Rhythm Section – Zeit der Rache und Peppermint – Angel of Vengeance.

Und dann ist da noch Girl. Von Anfang an wirkt der Film in seiner Variation des gefragten Subgenres irgendwie komisch. Eine Frau will ihren Vater töten, da der seine Familie misshandelt haben soll. Thematisch ist ein solcher Vatermord durchaus eine interessante Alternative zu den üblichen Konstellationen. Er ist nur nicht so wirklich nachvollziehbar. Geschätzte 15 Jahre später noch einmal mit einer Axt loszuziehen, um das Verbrechen zu sühnen, das ist nicht wirklich plausibel. Durch die Wendung, dass der dem Tod geweihte längst tot ist und jemand ihn brutal ermordet hat, schlägt der Thriller noch einmal eine vielversprechende Richtung ein. Denn auch wenn das Ziel erreicht ist, ein bisschen ärgerlich ist das Ergebnis für die Protagonistin schon. Wo ist die Befriedigung einer Rache, wenn man sie selbst nicht ausübt?

Zwischen ambitioniert und doof

Außerdem ergibt die Geschichte keinen Sinn, weder für die junge Frau noch das Publikum. Das kann manchmal ärgerlich sein, an dem Punkt ist man als Zuschauer und Zuschauerin zumindest noch neugierig, was genau der Film eigentlich erzählen will. Doch nach einer tatsächlich spannenden Szene in einem Waschsalon, baut Girl recht schnell wieder ab. Das liegt zum einen daran, dass Regisseur und Drehbuchautor Chad Faust, der sonst eigentlich als Schauspieler unterwegs ist und hier auch die Rolle des Charmers übernimmt, einen unfassbaren Quatsch erzählt. Zugegeben, das ist in diesem Segment nicht selten. Da geht es dann doch meist in erster Linie darum, einfach möglichst viele Leute um die Ecke zu bringen, gerne mal etwas spektakulärer – ist ja für einen guten Zweck. Der Inhalt ist da Nebensache.

Gleichzeitig scheint Faust aber die Absicht zu verfolgen, mit seinem Film irgendetwas auszusagen. Immer wieder hat man den Eindruck, dass Girl auch Porträt eines ländlichen, perspektivlosen Amerikas sein soll. Die Aussichten sind so düster, dass über allem ein wenig subtiler Grauschleier liegt. Außerdem sind Namen als Zeichen von Individualität hier Mangelware: Die Figuren werden lediglich nach ihrer Funktion bezeichnet, wie etwa Girl oder Sheriff. Dieser Versuch ist jedoch wenig überzeugend. Und er beißt sich mit der schwachsinnigen Geschichte, bei der nie ganz klar ist, ob das jetzt freiwillig oder unfreiwillig komisch sein soll.

Am Ende langweilig

Wenn der Film dann wenigstens spannend wäre. Doch das ist er nur selten, man wartet hier zu lange darauf, dass wirklich mal etwas geschieht. Hinzu kommt, dass ausgerechnet die Hauptfigur schwächelt. Aber auch wenn Bella Thorne (Infamous) ein paar stärkere Szenen als Racheengel hat, das stimmt insgesamt nicht so recht. Girl zeigt sie abwechselnd als hartgesottene Kämpferin und verzweifeltes Nichts, je nachdem wie es das Drehbuch gerade braucht. Auch die zwischenmenschliche Komponente wird nie so richtig deutlich. Teilweise ist das so beabsichtigt, wenn wir mal wieder lernen dürfen, dass Menschen komplexe Wesen sind. Teilweise ist es nur schlampig und weltfremd geschrieben. Vereinzelte sehenswerte Momente gibt es zwar trotz allem schon. In der Summe ist der Film aber eine wenig lockende Mischung aus langweilig und absurd.

Credits

OT: „Girl“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Chad Faust
Drehbuch: Chad Faust
Musik: Dillon Baldassero
Kamera: Kristofer Bonnell
Besetzung: Bella Thorne, Chad Faust, Elizabeth Saunders, Mickey Rourke, Lanette Ware

Trailer

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„Girl“ beginnt als seltsamer Rachethriller, wird dann auf reizvolle Weise mysteriös, nur um dann gleichzeitig langweilig und völlig bescheuert weiterzugehen. Hin und wieder sind da sehenswerte Momente dabei. Insgesamt lohnt es sich aber nicht, bei dem Heimaturlaub einer mordlustigen jungen Frau dabei zu sein.
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