Wem gehört mein Dorf?
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Wem gehört mein Dorf?

Inhalt / Kritik

„Wem gehört mein Dorf?“ // Deutschland-Start: 12. August 2021 (Kino) // 21. Januar 2022 (DVD)

Bereits von Anfang an macht Regisseur Christoph Eder – auch mit Worten, doch mehr noch mit Bildern — klar, dass er seine Heimat Göhren liebt. Vor allem macht er sich aber Sorgen um die Zukunft seines Geburtsortes. Dem idyllischen Ostseebad sind im Laufe der Jahre, aufgrund des zunehmenden Tourismus’ und der damit einhergehenden Um- und Neubauten, die Einwohner abhanden gekommen; gerade einmal rund 1300 Menschen leben noch dort.

Während die meisten davon bisher entweder mit phlegmatischer Ignoranz oder eben mit Wegzug auf die Wandlungen reagierten, scheint doch der Punkt gekommen zu sein, an welchem es gilt, einzuschreiten, als der für die meisten dortigen Bauten verantwortliche Großinvestor Wilfried Horst sich ein Naturschutzgebiet für sein neuestes Projekt vornimmt. Bernd Elgeti und seine Tochter Nadine Förster ergreifen die Initiative und bieten den „Vier von der Stange“ die Stirn – vier von sieben Gemeinderatsmitgliedern, welche jedes Vorhaben Horsts quasi blind durchwinken.

Dies ist mein Zuhause

Wem gehört mein Dorf? fängt nicht nur mit Videoaufnahmen an, die wohl aus dem Archiv Eders stammen und ihn als Jungen beim Nacktbaden mit seiner Familie zeigen, die Dokumentation nimmt sich mittendrin auch einen Moment, um eine weitere Reise in die Vergangenheit zu unternehmen, diesmal einige Jahre später, als der vorjugendliche Eder mit seinen Freunden durch das Städtchen skateboarded. Es ist ein seltsamer Bruch mit dem bisher Gezeigten und wäre besser im Anschluss an die Eingangssequenz aufgehoben, wirkt beinahe wie der Versuch, dem Zuschauer die Heimatverbundenheit erneut ins Gedächtnis zu rufen, obwohl diese bereits hinreichend etabliert wurde und auch den Mitgliedern der gegründeten Bürgerinitiative anzumerken ist.

Dauergast bei Gemeinderatssitzungen

Wem gehört mein Dorf? besteht gefühlt zu 50% aus Gemeinderatssitzungen. Das einzige, was langweiliger ist als an einer Gemeinderatssitzung teilzunehmen, ist eine Gemeinderatssitzung anzuschauen. Politikverdrossene werden hier wenig Freude haben, vielleicht sind aber gerade sie es, die den Film anschauen müssten. Doch warum sollte sich ein Außenstehender dafür interessieren? Wenn da jetzt in Göhren wirklich ein Wellnesshotel hingepflanzt wird, stellt das für die Einwohner sicher eine markante Zäsur dar, auf die restliche Welt dürfte es aber herzlich wenige Auswirkungen haben. Das ist auch nicht der Punkt.

Ohne zu viel zu erklären und vor allem ohne sich als Exeget des Gezeigten zu profilieren, dokumentiert Eder unter Berücksichtigung beider Seiten, wie Entscheidungen auf kommunalpolitischer Ebene zustandekommen. Ob hier nun einfach nur raffgierige Kapitalisten am Werk sind oder manche Alteingesessenen sich schlicht einem Fortschritt zugunsten der Bewahrung des Status quo verweigern, beantwortet Wem gehört mein Dorf? nicht direkt. Stattdessen scheint vom Zuschauer erwarten zu werden, selbst zu reflektieren, die Transferleistung zu erbringen, die eigene Lokalpolitik zu hinterfragen und mitzugestalten.

Credits

OT: „Wem gehört mein Dorf?“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Christoph Eder
Musik: Anna Kühlein
Kamera: Domenik Schuster

Bilder

Trailer

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In „Wem gehört mein Dorf?“ begleitet Regisseur Christoph Eder den demokratischen Prozess am Beispiel einer umstrittenen Baugenehmigung in seinem Geburtsort Göhren. Das mag oberflächlich betrachtet gelegentlich langweilig wirken, lädt aber in gewisser Weise zum Reflektieren und Eigenengagement ein.
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