Evangelion 3.0 1.0 Thrice Upon a Time
© Studio Khara

Evangelion: 3.0+1.01 Thrice Upon a Time 

Inhalt / Kritik

Evangelion 3.0 1.0 Thrice Upon a Time
„Evangelion: 3.0+1.01 Thrice Upon a Time“ // Deutschland-Start: 13. August 2021 (Amazon Prime Video)

Traumatisiert von seinen vorangegangen Erfahrungen findet sich Shinji Ikari zusammen mit Asuka Shikinami Langley und Rei Ayanami auf dem Land wieder. Dort sollen die drei wieder zu Kräften kommen, um für den nächsten Einsatz gewappnet zu sein. Tatsächlich lässt der nicht lange auf sich warten, denn NERV verfolgt weiterhin den Plan, die Geschichte der Menschheit umzuschreiben. Und nur die von Misato Katsuragi geleitete Organisation WILLE können die anstürmenden Truppen in ihren riesigen Kampfmaschinen noch aufhalten. Dabei geht es nicht nur darum, die bekannte Welt zu bewahren. Vor allem Shinji muss sich seinen inneren Dämonen stellen bei der Begegnung mit seinem Vater Gendo, der hinter allem steckt …

Überfälliges Ende eines Kulttitels

Alles kommt einmal zu einem Ende. Manchmal sogar mehrfach. Siehe Neon Genesis Evangelion. Als Hideaki Anno die Animeserie 1996 abschloss, war die Empörung groß. Während die Geschichte um ein paar Jugendliche, die an Bord von riesigen Robotern gegen nicht minder große Engel genannte Wesen kämpfte, zahlreiche Fans hatte, wurden die letzten zwei Episoden sehr kontrovers aufgenommen. Zu verwirrend, lautet oft der Vorwurf, zu wenig konkret, da es dort mehr um Introspektion als um Handlung ging. Um dem Publikum entgegenzukommen, folgte ein Jahr später The End of Evangelion, ein alternatives Ende der Serie in Filmform, welches ebenfalls nicht unumstritten war. Aber aller guten Dinge sind drei: 2007 startete mit Evangelion: 1.11 – You Are (Not) Alone der nächste Anlauf. Diesmal sollte die komplette Serie in vier Filmen neu erzählt werden, inklusive einem dritten Ende.

Jetzt liegt dieses aus Amazon Prime Video tatsächlich vor: Evangelion: 3.0+1.01 Thrice Upon a Time ist der vierte und letzte Teil der Reihe. Damit gerechnet hatten wohl nicht mehr allzu viele, schließlich erschien Evangelion: 3.33 – You Can (Not) Redo bereits 2012. Nicht wenige dürften in der Zwischenzeit schon vergessen haben, was genau dort vorgefallen war. Dabei sind Vorkenntnisse hier ein Muss. Wer die drei anderen Filme nicht kennt, wird hier nichts verstehen. Und selbst mit diesen Vorkenntnissen ist der Anime eine echte Herausforderung. Anno hatte bei den vorangegangenen Teilen schon immer die Neigung, sich irgendwann in einen konfusen Symbolismus hineinzusteigern, irgendwo zwischen Religion, Science-Fiction und Psychologie. Hier kennt er kein Halten mehr. Immer wieder drängt sich der Eindruck auf, dass der Regisseur und Autor etwas ganz Großes sagen wollte, aber selbst nicht so recht wusste, was das genau sein soll.

Von äußeren und inneren Kämpfen

Das gilt auch für die Laufzeit, die mit mehr als zweieinhalb Stunden schon sehr exzessiv ist und da schon mal zu Ermüdungserscheinungen führen kann. Zu erzählen gibt es dabei in Evangelion: 3.0+1.01 Thrice Upon a Time schon einiges. Typisch für das gesamte Franchise ist, wie Anno gigantische Robo-Action mit innerlichen Abgründen verbindet. Shinji fiel von Anfang dadurch auf, dass er nicht dem typischen Anime-Helden entspricht, sondern ständig mit seinen Gefühlen und psychischen Problemen zu kämpfen hat – was ihm schon mal den Ruf einbrachte, recht weinerlich zu sein. Tatsächlich ist es aber nach wie vor interessant, wie Anno seine eigenen Erfahrungen mit Depressionen künstlerisch verarbeitete. Wie der Kampf gegen Engel und eine drohende Apokalypse zum Spiegel innerer Kämpfe wurden. Stärker als übliche Mecha-Geschichten stehen hier die Menschen im Mittelpunkt, geht es um Geist und Gefühle und nicht um Metall.

Evangelion: 3.0+1.01 Thrice Upon a Time endet in der Hinsicht, gemessen an dem, was sonst so alles im Franchise geschah, sogar recht versöhnlich. Auch wenn der Weg lang und anstrengend war, steht hier am Ende eine zwar seltsame, aber doch erfolgreiche Überwindung des Traumas an. Zum Teil ist das recht einfallsreich umgesetzt, gerade bei der surrealen Begegnung mit Gendo, der in seinem Wahn den eigenen Sohn ziemlich kaputt gemacht hat. An diesen Stellen zeigt Annos Animationsstudio Studio Khara auch Talent für fesselnde Bilder. An anderen Stellen ist der Eindruck hingegen etwas gemischter. Während der starke Einsatz von Computern mehr Spektakel als früher ermöglicht, fehlt es doch etwas an Flair. Manche Elemente stechen einfach zu sehr hervor. Insgesamt ist der Film für Fans des Franchises natürlich ein Muss, zumal das Ende weitergeht als zuvor. 25 Jahre nach der Serie wird es dann aber auch mal Zeit, endlich einen Schlussstrich zu ziehen, anstatt immer wieder um sich selbst zu kreisen.

Credits

OT: „Shin Evangelion Gekijōban“
Land: Japan
Jahr: 2021
Regie: Hideaki Anno, Kazuya Tsurumaki, Katsuichi Nakayama, Mahiro Maeda
Drehbuch: Hideaki Anno
Musik: Shirō Sagisu
Animation: Studio Khara

Trailer

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Nach ewigen Verschiebungen ist „Evangelion: 3.0+1.0 Thrice Upon a Time“ doch noch da und schließt das Franchise um große Roboter und traumatisierte Jugendliche auf versöhnliche Weise ab. Das ist schon sehenswert, aber gleich in mehrfacher Hinsicht exzessiv. Wie so oft schwankt der Film zwischen interessanter Introspektive, surrealen Elementen und erzwungenem Symbolismus.
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