Cruel Summer Amazon Prime Video
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Cruel Summer – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Cruel Summer Amazon Prime Video
„Cruel Summer – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 6. August 2021 (Amazon Prime Video)

Populär war Jeanette Turner (Chiara Aurelia) eigentlich nie. Dafür tat sich das nerdige Mädchen einfach zu schwer damit, bei anderen Anschluss zu finden. Kate Wallis (Olivia Holt) ist da das genaue Gegenteil, an ihr führt an der Schule kein Weg vorbei. Doch dann verschwindet Kate eines Tages spurlos, trotz intensiven Suchens kann die Polizei sie nicht finden. Erst ein Jahr später taucht die Vermisste auf spektakuläre Weise wieder auf. Nicht nur, dass ausgerechnet der Vize-Schulleiter Martin Harris (Blake Lee) sie entführt und ein Jahr in seinem Keller gefangen haben soll. Jeanette behauptet zudem vor laufender Kamera, dass die inzwischen selbst beliebt gewordene Jeanette sie während dieser Zeit gesehen, es aber niemandem verraten haben soll …

Alles klar … oder doch nicht?

Das Geheimnis eines guten klassischen Krimis ist, dass er ein Verbrechen präsentiert, welches auf den ersten Blick keine Lösung bietet, erst nach und nach wird die Vergangenheit offengelegt. Bei Cruel Summer sieht das zuerst hingegen ganz einfach aus: Die Schulschönheit wurde entführt und eingesperrt. Wer die Tat begangen hat, ist klar, die Umstände mehr oder weniger auch. Da der Schuldige bei einem Schusswechsel ums Leben gekommen ist, ist die Geschichte auch schon abgeschlossen, wenn die Serie anfängt. Da dürften sich so manche daheim vor dem Bildschirm wundern: Und was soll dann noch erzählt werden, wenn wir schon alles wissen? Was genau bringen die anderen neun Folgen noch?

Eine ganze Menge. Denn das an und für sich eindeutige Szenario ist nur die halbe Wahrheit. Wenn überhaupt. Die größte Frage, die nach der ersten Folge übrig ist und zu weiten Strecken die anschließende Handlung bestimmt: Wusste Jeanette tatsächlich, wo Kate steckt und hat es nicht verraten, weil sie das Leben der Verschwundenen für sich kapern wollte? Das hört sich ein bisschen an den Haaren herbeigezogen an. Andererseits verhält sich in Cruel Summer kaum einer wirklich logisch. Vielmehr haben fast alle hier ein bemerkenswertes Talent dafür, sich und anderen das Leben unnötig schwer zu machen und Probleme wie aus dem Nichts heraus zu erschaffen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Serie nicht der Thriller ist, als der er beworben wird. Über weite Strecken ist das hier vielmehr das Porträt einer Kleinstadt sowie von dessen Menschen, vor allem den jungen Menschen.

Originell erzähltes Coming-of-Age-Geheimnis

Tatsächlich ist Cruel Summer über weite Strecken in erster Linie ein Coming-of-Age-Drama. Als solches greift Serienschöpfer Bert V. Royal auf die üblichen Themen zurück, die eine solche Geschichte ausmachen. Da gibt es Probleme mit der Familie, die Sehnsucht nach Anerkennung, nicht immer einfache erste amouröse Annäherungen und vor allem Zweifel, wer man selbst ist und sein möchte. Das ist nicht frei von Klischees. Teilweise sogar mehr als das: Figuren wie die Mutter von Kate sind bloße Karikaturen, welche die Serie unnötig Glaubwürdigkeit kostet. An manchen Stellen neigt das Drehbuch zudem dazu, sich zu sehr an Seifenopern zu orientieren, anstatt einfach mal den Situationen zu vertrauen und nicht alles so stark zu dramatisieren.

Interessant ist dafür die Erzählstruktur. Die Serie verfolgt parallel drei Handlungsstränge, die sich in den Jahren 1993, 1994 und 1995 abspielen. Alle drei werden mehr oder weniger chronologisch erzählt, nur eben abwechselnd. Das erlaubt Cruel Summer nicht nur, sehr schön mit den Puzzleteilen zu spielen: Immer wieder sieht man ein Ergebnis, ohne zu wissen, was es bedeutet. Erst Stück für Stück erfahren wir, was sich da genau abgespielt hat. Der andere Vorteil ist, dass auf diese Weise die starke Entwicklung von Jeanette verdeutlich wird. 1993 ist sie ein unscheinbarer Nerd, 1994 genießt sie ihre Popularität, 1995 ist sie wegen Kates Anschuldigungen zur Ausgestoßenen geworden. Dabei sieht sie jedes Mal sehr unterschiedlich aus, man erkennt sie gerade zu Beginn bei den Sprüngen kaum wieder.

Der Unsinn zum Schluss

Zusammen mit der quälenden Frage, was genau Jeanette nun wusste oder nicht wusste, kommt da trotz der gelegentlichen Entgleisungen schon einiges zusammen, wofür es sich lohnt die Serie anzuschauen. Leider verunglückt die Geschichte aber auf den letzten Metern so stark, dass vieles von dem Positiven zuvor wieder zunichte gemacht wird. Das Problem ist dabei gar nicht mal, dass man sich hier genötigt fühlte, ein paar Wendungen einzubauen und dadurch die Ereignisse auf den Kopf zu stellen. Es ergibt nur alles wenig Sinn. Während die vorherigen Verhaltensweisen trotz Umständlichkeit zumindest noch irgendwie im Rahmen des Vorstellbaren bleiben, wird das zum Ende hin geradezu ärgerlich willkürlich. Gerade weil Cruel Summer aus allem ein so großes Geheimnis gemacht hat, ist die Auflösung umso enttäuschender. Da wird das spannende Drumherum unnötig durch ein Drehbuch zunichtegemacht, welches nicht über das Niveau von Schundliteratur hinauskommt und teilweise auch bei den Dialogen fernab vom Leben ist.

Credits

OT: „Cruel Summer“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Max Winkler, Bill Purple, Kellie Cyrus, Laura Nisbet-Peters, Daniel Willis, Alexis Ostrander
Drehbuch: Bert V. Royal, Imogen Binnie, Tia Napolitano, Brian Otaño, Savannah Ward, Addison McQuigg, Matt Antonelli
Idee: Bert V. Royal
Musik: Wendy Melvoin, Lisa Coleman
Kamera: Damián García, Jayson Crothers, Allan Westbrook
Besetzung: Olivia Holt, Chiara Aurelia, Froy Gutierrez, Harley Quinn Smith, Brooklyn Sudano, Blake Lee, Allius Barnes, Nathaniel Ashton, Michael Landes

Bilder

Trailer

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Cruel Summer – Staffel 1
Fazit
Die Schulschönheit wird entführt und beschuldigt eine Außenseiterin, sie nicht gerettet zu haben: „Cruel Summer“ spielt geschickt mit Erwartungen und erzeugt dabei auch gut Spannung. Während die ambitionierte Erzählweise auf drei verschiedenen Zeitsträngen tatsächlich interessant ist, hapert es beim Inhalt. Schon Figuren und Dialoge haben so ihre Mängel, zum Ende hin wird die Geschichte auf ärgerliche Weise unsinnig.
Leserwertung147 Bewertungen
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von 10