Bucolic
© Taskovski Films

Bucolic

Inhalt / Kritik

Bucolic
„Bucolic“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

In der heutigen Zeit, in der das Geschehen der Welt von rasender Technologisierung und Globalisierung definiert ist, mag es für viele fast unvorstellbar sein, dass es noch Flecken auf der Erde gibt, die von all dem nichts mitbekommen haben oder sich gar aktiv aus dieser Welt heraushalten. Was auf der einen Seite regressiv erscheint, kann mit anderen Aspekten wie der Familienbiografie oder den Traditionen zusammenhängen, die mit der modernen Welt nicht in Einklang zu bringen sind. Wie aber funktionieren diese Verbände und Gemeinschaften, wie halten sie Kontakt zueinander und können sie tatsächlich ohne jegliche Verbindung zur Außenwelt auskommen? Für seine Dokumentation Bucolic, oder Bukolika, wie der Originaltitel heißt, blickt Regisseur Karol Pałka auf eine solche Gemeinschaft, die fernab der modernen Welt lebt, beobachtet, nach welchen Regeln sie funktioniert und wie es um den Zusammenhalt bestellt ist. Dadurch entsteht ein interessantes und oftmals erhellendes Bild über Zivilisation und den Einfluss von Tradition.

Im Zentrum von Bucolic, der auf dem diesjährigen Locarno Filmfestival seine Weltpremiere feiert, stehen Danusia und ihre Tochter Basia, die eine kleine Farm inmitten der polnischen Wildnis betreiben. Über Jahre schon beschränken sich ihre Kontakte mit der Außenwelt auf die gelegentlichen Besuche eines Pfarrers sowie die sporadischen Anrufe eines Mannes namens Franek, mit dem vor allem Basia eine innige Beziehung pflegt. Ihr Leben ist bestimmt von einer Routine, die sich nur angesichts der Jahreszeiten ändert, während der die beiden Kühe auf eine Wiese gebracht werden, das Haus notdürftig repariert wird und sich die beiden Frauen auf Feste wie Weihnachten oder Ostern vorbereiten. In langen, statischen Einstellungen beobachtet die Kamera diese ewig gleichen Abläufe, die Streitigkeiten zwischen Mutter und Tochter sowie ihre Kontakte zur Außenwelt, wobei schnell klar wird, dass sie sich beide gerade nach dieser Verbindung mehr sehen, als ihnen vielleicht bewusst ist.

Zwischen Aberglaube und Tradition

Bereits in seinen Projekten als Fotograf oder seinen Kurzdokumentationen bewies Karol Pałka sein Interesse für Menschen, ihre Beziehungen und die Umwelt, in der sie leben. Die Landschaft, welche durch die Kamera wirkt wie ein Porträt aus der Zeit der Romantik, wirkt verklärt und poetisch, was noch zusätzlich betont wird durch die Visionen von Toten oder den Stimmen, die Danusia meint zu hören und als Zeichen für ein bevorstehendes Unheil deutet. Es ist eine Landschaft, die zum einen die Abgeschnittenheit des Lebens von Mutter und Tochter hervorhebt, genauso wie die Grundfesten ihres Alltags, bestehend aus jener Einsamkeit, der Arbeit und den ewig gleichen Abläufen, in denen vielleicht noch die Jahreszeiten eine Abwechslung bieten. Eine Mischung aus Aberglaube, Tradition und Religion macht das Wesen dieser Menschen genauso wie das dieser Landschaft aus.

Wie der Regisseur, der über sechs Monate brauchte, bis ihn die beiden Frauen überhaupt in ihr Haus ließen, beobachtet man von außen diese beiden Menschen, mit einer Mischung aus Faszination, Neugier und der Frage, ob eine solche Isolation überhaupt möglich oder wünschenswert ist. Es sind kurze Aufnahmen, beispielsweise ein Blick durch ein Fenster oder einer der vielen Anrufe Basias bei Franek, der abermals verspricht zum Weihnachtsfest zu ihnen zu kommen, welche einen Eindruck von jener Sehnsucht vermitteln, die sowohl bei der Mutter wie auch der Tochter immer dringlicher wird. Pałkas Kamera behält jedoch ihren Blick von außen immer bei, bewertet nicht und dennoch bemerkt man, wie sich der anfängliche Eindruck der Landschaft verändert, man nicht mehr nur die Poesie, sondern vielmehr die Kargheit sieht, die mehr und mehr einem Gefängnis gleicht.

Credits

OT: „Bukolika“
Land: Polen
Jahr: 2021
Regie: Karol Pałka
Drehbuch: Karol Pałka
Musik: We Will Fail
Kamera: Karol Pałka

Trailer

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„Bucolic“ ist eine Dokumentation über Isolation und die Sehnsucht nach einer Verbindung zur Außenwelt. Karol Pałka ist ein geduldiger Beobachter, der Landschaft wie auch der Menschen, wodurch ihm ein faszinierendes Porträt des Lebens abseits der Moderne gelingt.
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