La noche de 12 años A Twelve Year Night Tage wie Nächte
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Inhalt / Kritik

La noche de 12 años A Twelve Year Night Tage wie Nächte
„Tage wie Nächte“ // Deutschland-Start: 14. Juli 2021 (Arte)

Uruguay in den 1970ern: Schon seit Jahren herrschen Missstände in dem südamerikanischen Land, die Militärjunta regiert mit harter Hand. Doch nicht alle wollen sich ihrem Schicksal ergeben. So liefert sich die kommunistische Guerilla-Bewegung Tupamaros erbitterte Kämpfe mit den Unterdrückern. Der Preis hierfür ist hoch, wie auch José Mujica (Antonio de la Torre) feststellen muss, einer der Gründer der Bewegung. Denn die Regierung tut alles dafür, um ihn, Mauricio Rosencof (Chino Darín) und Eleuterio Fernández Huidobro (Alfonso Tort) zu brechen, allesamt politische Gefangene. Dafür ist ihr jedes Mittel recht, viele Jahre verbringen die drei in Einzelhaft und müssen zahlreiche Erniedrigungen über sich ergehen lassen. Aber der Wille der drei ist stark, auch weil es ihnen gelingt, sich gegenseitig zu stützen …

Aus Spaß wird Ernst

Sonderlich umfangreich ist die Filmografie von Alvaro Brechner bislang ja nicht. Auffällig ist aber, dass der uruguayische Regisseur und Drehbuchautor ein Faible für ungewöhnliche Geschichten hat. Zuerst erzählte er in Bad Day to Go Fishing, wie ein Mann aus der DDR durch Südamerika tourt, um Wrestlingturniere zu organisieren. Dann ließ er in Señor Kaplan einen Rentner auf Nazijagd gehen. Nach diesen zwei eher skurrilen Tragikomödien wechselte er mit seinem dritten Spielfilm Tage wie Nächte jedoch die Richtung. Anstatt komischen Kauzen zu folgen, erzählt er darin die wahre Geschichte von drei Landsmännern, die zu Gefangenen der Militärjunta wurden, bevor sie später, jeder auf seine Weise, die Gesellschaft prägten.

Von dieser Nachgeschichte erfährt man in Tage wie Nächte aber nur durch die anschließenden Texttafeln. Auch die jeweiligen Vorgeschichten der drei werden nur notdürftig abgehandelt. Stattdessen konzentriert sich Brechner auf die Jahre in der Gefangenschaft. Sehr viel Raum zur Persönlichkeitsentfaltung gibt es in diesem Rahmen natürlich nicht. Tatsächlich definieren sich die drei nur sehr begrenzt dadurch, was sie tun oder sagen, da ihnen in der Hinsicht nahezu alles mindestens erschwert wird, wenn nicht ganz verhindert. Stattdessen geht es darum, was sie in diesen Jahren alles erleben müssen. Das bedeutet einerseits, dass sie ständig von einem Ort zum nächsten gekarrt werden, immer versteckt vor der Öffentlichkeit. Hinzu kommen Demütigungen und Misshandlungen.

Zwischen absurd und unmenschlich

Zu einem Exploitation-Film wird Tage wie Nächte dabei nie. Brechner verschweigt zwar nicht, welches Schicksal die drei erleiden mussten, verzichtet aber darauf, die Tortur allzu grafisch werden zu lassen. Zwischendrin findet er sogar Mittel und Wege, das Geschehen durch humorvolle Momente aufzulockern. Vor allem eine längere Passage, die sich um einen beschwerlichen Toilettengang dreht, kostet die Absurdität der Bürokratie ganz genüsslich aus. Ob es diese Szenen gebraucht hätte, darüber lässt sich streiten. Unterhaltsam sind diese Einschübe sicherlich. Sie führen aber auch dazu, dass das Drama nicht die emotionale Wucht erzeugt, die man sich bei diesem Thema hätte erwarten können. Auch der Verlauf der Zeit wird nicht so recht spürbar, was zum Teil natürlich mit dem Setting zusammenhängt. Viel Entwicklung ist in einem derartigen Verlies nicht möglich.

Das soll jedoch nicht bedeuten, dass Tage wie Nächte keinen Eindruck hinterlässt. Die internationale Coproduktion, die beim Filmfest von Venedig 2018 Premiere feierte, erzählt, wie es drei Männern gelingt, den Unterdrückungen durch die Junta zu trotzen und am Ende als Sieger hervorzugehen. Das ist auch viele Jahrzehnte später inspirierend: Angetrieben von ihrem Gerechtigkeitssinn, aber auch einem Gefühl der Gemeinschaft hielten sie durch, kommunizierten nur mit Klopfgeräuschen und bewahrten sich auf diese Weise ihre Menschlichkeit. Jene Menschlichkeit, die ihre Unterdrücker mit aller Gewalt zu zerstören versuchten, bei dem Versuch, die eigene Macht zu sichern.

Credits

OT: „La noche de 12 años“
IT: „A Twelve Year Night“
Land: Uruguay, Argentinien, Spanien
Jahr: 2018
Regie: Alvaro Brechner
Drehbuch: Alvaro Brechner
Musik: Federico Jusid, Sílvia Pérez Cruz
Kamera: Carlos Catalán
Besetzung: Antonio de la Torre, Chino Darín, Alfonso Tort, César Troncoso, César Bordón, Mirella Pascual, Nidia Telles, Sílvia Pérez Cruz, Soledad Villamil

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Europäischer Filmpreis 2019 Bester Ton Sieg

Filmfeste

Venedig 2018

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„Tage wie Nächte“ berichtet von drei politischen Gefangen in Uruguay, die zahlreiche Demütigungen und Gewalt über sich ergehen lassen mussten, sich davon aber nicht brechen ließen. Die wahre Geschichte ist dabei durchaus inspirierend, selbst wenn sie zwischendurch nicht die emotionale Kraft entwickelt, die man hätte erwarten können.
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von 10