Superdeep
© Koch Films

Superdeep

Inhalt / Kritik

Superdeep
„Superdeep“ // Deutschland-Start: 24. Juni 2021 (DVD/Blu-ray)

Eigentlich war die russische Epidemiologin Anna Fedorova (Milena Radulovic) gerade dabei, mit Freunden und der Familie Neujahr zu feiern, als sie einen Anruf erhält: In einem zwölf Kilometer tiefen Bohrloch sollen eigenartige Geräusche zu hören gewesen sein. Kurze Zeit später waren zahlreiche Menschen verschwunden. Anna soll in dem Bohrloch, das in Wahrheit ein unterirdisches Labor ist, Proben entnehmen, die auf eine Krankheit schließen lassen könnten. Doch was hat es damit auf sich? Was ist wirklich tief unter der Erde geschehen? Schon auf dem Weg zum Einsatzort macht sie eigenartige Beobachtungen, etwas scheint mit den Menschen nicht zu stimmen. Während die Wissenschaftlerin ihrer Arbeit nachgeht, dämmert in ihr die Erkenntnis, dass da unten noch etwas ganz anderes zu finden ist, was man ihr verschweigt …

Die Angst vor dem Verborgenen

Eine der ältesten Erkenntnisse des Horrorgenres: Man fürchtet sich vor allem vor dem, was man nicht sehen kann. Aus diesem Grund spielen auch so viele Beiträge an dunklen, unübersichtlichen Orten. Ob es nun Keller sind oder Wälder, Höhlen oder düstere, verwinkelte Anwesen, das Setting trägt schon ungemein zu der Atmosphäre eines solchen Films bei. Wenn die Helden und Heldinnen durch Schatten schleichen und man nie sagen kann, was einen als nächstes erwartet, ist die Hälfte der Aufgabe bereits erfüllt. Wenn in Superdeep die Kola-Bohrung als Schauplatz genommen wird, die auf einer russischen Halbinsel angelegte tiefste Bohrung der Welt, dann ist das für einen Horrorfilm schon eine vielversprechende Vorlage.

Wobei Regisseur und Drehbuchautor Arseny Syuhin, der mit Superdeep sein Langfilmdebüt vorliegt, gleich zu Beginn schon klarmacht, dass er mehr vorhat, als nur ein bisschen Untergrund-Schrecken zu verbreiten. Zum einen platziert er seine Geschichte im Kontext des Kalten Krieges, genauer im Jahr 1984. Ähnlich zu Sputnik, einem weiteren Horrorfilm aus Russland, nutzt er diesen, um eine Atmosphäre des Misstrauens zu kreieren. Im Kampf gegen den fernen Feind ist alles erlaubt. Da wird dann auch schon mal mit Gefahren gearbeitet, in der Hoffnung, dem Gegner eins auswischen zu können. Und so mischt sich in den Tiefen der unterirdischen Station die Angst vor dem Unbekannten mit der vor dem Bekannten: der Mensch als ein Monster, das vor nichts zurückschreckt.

Suche nach Antworten

Die Frage ist nur: Was genau hat er da unten getrieben? Der Horrorfilm, der 2020 auf dem Sitges Genrefestival Premiere feierte, kostet dieses Rätselraten auch genüsslich aus und schafft damit eine leichte Mystery-Atmosphäre, gefärbt von etwas Paranoia. Das ist für ein Publikum, das für solche Spekulationen empfänglich ist, ein dankbares Umfeld. Tatsächlich kann man auch nicht viel mehr tun als zu spekulieren. Bis eine erste Antwort da ist, worum es überhaupt geht, ist der Film schon zur Hälfte vorbei. Superdeep will mehr andeuten als wirklich zu zeigen. Ob das nun dem Budget geschuldet ist, welches keine zu vielen expliziten Szenen erlaubt, oder doch tatsächliches Konzept ist, sei mal dahingestellt. Effektiv kann so etwas schon sei, wie Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt seinerzeit vorgemacht hat. Auch dort musste man ewig warten, bis die eigentliche Gefahr auch mal tatsächlich konkret wird.

Natürlich sollte man von dem russischen Kollegen nicht die Brillanz des Klassikers erwarten. Ein großer Unterschied ist beispielsweise, dass Syuhin mit dem Punkt Figurenzeichnung nicht viel anfangen an. Anna wurde noch notdürftig eine Vorgeschichte angedichtet, damit sie mehr sein darf als nur ein Name. Ein tatsächlicher Charakter wird aber nicht draus. Bei den Leuten drumherum ist noch sehr viel weniger zu holen, was die Anteilnahme an ihrem Schicksal deutlich erschwert. Während man beim obigen Raumschiff noch richtig mitfiebern konnte, wenn sich jemand in die Höhle des außerirdischen Löwen wagt, ist einem das Schicksal hier ziemlich egal. Dafür hätte man erst einmal wissen müssen, wer das überhaupt sein soll.

Der lange Weg zum Schrecken

Aber auch der Spannungsaufbau ist weniger gut geglückt. Anstatt die Kurve langsam, aber kontinuierlich nach oben wandern zu lassen, gibt es hier zu viel Stillstand. Es geschieht zu wenig, das wirklich Eindruck hinterlässt. Immerhin: Wenn Superdeep später doch mal etwas expliziter wird und der Horror eine neue Richtung einschlägt, dann bleibt das nicht ohne Wirkung. Die Bilder werden bizarrer, ein wenig ekelerregend – und eben auch furchteinflößend. Das reicht dann zwar nicht aus, um in der Elite des Genres mitzuspielen. Es ist sogar etwas schade, dass das so stimmungsvolle Setting nicht besser genutzt werden konnte. Solide ist die russische Produktion aber schon. Wer also in der Stimmung für einen gruseligen Ausflug in eine etwas andere Umgebung ist, der kann es ruhig hiermit mal versuchen.

Credits

OT: „Kolskaya sverhglubokaya“
Land: Russland
Jahr: 2020
Regie: Arseny Syuhin
Drehbuch: Arseny Syuhin
Musik: Dmitry Selipanov
Kamera: Hayk Kirakosyan
Besetzung: Milena Radulovic, Maksim Radugin, Nikita Dyuvbanov, Vadim Demchog, Kirill Kovbas

Bilder

Trailer

Filmfeste

Sitges 2020

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Superdeep“ reist eine Wissenschaftlerin zu einem Bohrloch, bei dem einiges nicht so ist, wie es nach außen hin erscheint. Das Setting der unterirdischen Anlage ist geglückt und trägt zu einer unheimlichen Atmosphäre bei. So ganz wusste der Film das aber nicht für sich zu nutzen, auch bei der Figurenzeichnung wäre mehr nötig gewesen.
6
von 10