Sun Children
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Sun Children

Inhalt / Kritik

Sun Children
„Khoršid“ // Deutschland-Start: 5. Mai 2022  (Kino) // 9. September 2022 (DVD)

Um zu überleben und ihre Familien zu unterstützen hat der 12-jährige Ali (Rouhollah Zamani) eine Gruppe gleichaltriger Jungen um sich geschart, mit denen er Gelegenheitsjobs, aber auch kleinere Diebstähle durchführt. Ali selbst braucht das Geld in erster Linie für seine Mutter, die nach einem psychischen Zusammenbruch im Krankenhaus liegt und sich wahrscheinlich nie ganz davon erholen wird. Bei seinem Job in einer Werkstatt erhält Ali den Auftrag, in einer Schule, die sich auf Problemkinder wie ihn spezialisiert hat, nach einem Zugang zum benachbarten Friedhof zu suchen, in dem sich angeblich ein Schatz befinden soll. Die Aussicht auf diesen für die Kinder unermesslichen Reichtum wollen sich Ali und seine Freunde natürlich nicht entgehen lassen und sind wenige Tage später im Büro des Direktors, um sich einzuschreiben. Das Schuljahr hat zwar längst begonnen, doch aufgrund der Fürsprache des stellvertretenden Schulleiters Rafie (Javad Ezati) gelingt es den Jungen doch, sich einzuschreiben und gleich am nächsten Tag beginnt für die der Unterricht.

Immer wieder stiehlt sich Ali aus dem Unterricht und wird im Keller des Gebäudes fündig, als er auf einen Tunnel stößt, der ihn zum erhofften Schatz bringen kann. Die nächsten Wochen verbringen er und seine Freunde jede freie Minute damit, den Tunnel zu erweitern, wobei sie immer Gefahr laufen entdeckt zu werden. Doch nicht nur die Arbeit gestaltet sich schwierig, auch die Lage der Schule an sich ist nicht einfach, denn als diese kurz vor der Schließung steht, ist es an Alis Clique, dies zu verhindern. Darüber hinaus ist es das Vertrauen, das Ali bei Rafie genießt, welches ihn überlegen lässt, ob das, was er tut, das Richtige für ihn und die anderen Jungen ist.

Frei wie eine Taube

Der iranische Regisseur und Schauspieler Majid Majidi gehört aufgrund seines filmischen Werkes in die Tradition von Kollegen wie Mohsen Makhmalbaf und Abbas Kiarostami. In seinen Filmen befasst er sich mit der iranischen Gesellschaft, meist aus der Perspektive von Außenseitern, so auch in Sun Children, in dem Kinder eine besondere Rolle spielen. Der Film, welcher auf dem Filmfest München 2021 zu sehen ist, befasst sich mit der schwierigen Wahl zwischen Loyalität und persönlichem Glück, wobei der jugendliche Held mehr als einmal vor eben dieser Entscheidung steht.

Es ist eine mehrdeutige Szene und ein besonderer Moment für Ali, als er das Revier seines Auftraggebers betritt, ein Dach eines Wohngebäudes, auf dem sich ein ganzer Schwarm von Tauben befindet, die der von Ali Nassirian gespielte Gangsterboss sich hält. Als eine Art Besiegelung des Vertrags zwischen ihnen beiden, darf Ali schließlich die Tauben fliegen lassen, was den ansonsten immer angespannt wirkenden Zügen des Jungen etwas Leichtes gibt. Immer wieder inszeniert Majidi solche Bilder der Freiheit und des persönlichen Glücks, die eine zentrale Position innerhalb der Geschichte einnehmen, doch für die Figuren und die Welt, in der sie leben, eher selten sind. Stets geht es um Zwänge, persönliche wie familiäre, unter denen Ali und seine Freunde stehen, sei es der gewalttätige Vater, der seiner Rolle als Erzieher nachkommen will, oder die afghanische Familie, die wieder zurück in die Heimat will, ist sie im Iran doch Anfeindungen und Ungerechtigkeit ausgesetzt.

Der Wille, Nein zu sagen.

Wie für das Kino seines Landes üblich, zeichnen sich die Filme Majidis durch einen gewissen Realismus aus. Angesiedelt zwischen Abenteuer und Sozialdrama, werden die jugendlichen Helden zu Trägern gesellschaftlicher Probleme, angefangen bei Fremdenfeindlichkeit bis hin zu familiärer Gewalt. Ausgerechnet die Schule soll ihnen den Weg zum Reichtum ermöglichen, was als Metapher durchaus interessant ist und nicht einer gewissen Ironie entbehrt. Den Schatz müssen Ali und seine Freunde letztlich für sich selbst entdecken, finden ihn vielleicht sogar in sich selbst.

Die Inszenierung wie auch die Bilder Hooman Behmaneshs machen die unverhohlene Sympathie deutlich, mit der auf die Helden gesehen wird sowie ihrer Entwicklung. Das erinnert bisweilen an die Werke des Neorealismus, in dem bekanntlich oft Außenseiter eine Rolle spielten, über deren Perspektive eine größere, eine ganze Kultur betreffende Problematik angesprochen wurde.

Credits

OT: „Khoršid“
Land: Iran
Jahr: 2020
Regie: Majid Majidi
Drehbuch: Majid Majidi, Nima Javidi
Musik: Ramin Kousha
Kamera: Hooman Behmanesh
Besetzung: Rouhollah Zamani, Ali Nassirian, Javad Ezzati, Tannaz Tabatabaei

Bilder

Trailer

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fazit
"Sun Children" ist eine Mischung aus Sozialdrama und Abenteuer. Majid Majidi gelingt durch die Perspektive seiner jugendlichen Helden ein Verweis auf gesellschaftliche Probleme und Dilemmata, welche auch außerhalb der iranischen Kultur relevant sein können.
8
von 10