Die letzten Reporter
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Die letzten Reporter

Inhalt / Kritik

Die letzten Reporter
„Die letzten Reporter“ // Deutschland-Start: 24. Juni 2021 (Kino)

Kaum ein Beruf ist in den letzten Jahren derart stark unter Druck geraten wie der des Journalisten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ganz weit oben: Die früher noch sehr respektierte Arbeit hat stark an Ansehen verloren. Zum einen wurde er durch das Internet entwertet, wo jeder die Möglichkeit erhält, über die Welt zu berichten. Die Grenze zwischen seriösem Journalismus und reiner Meinungsmache ist dabei zunehmend fließend geworden. Hinzu kommen die ständigen Angriffe eines Teils der Bevölkerung, welche Journalisten und Journalistinnen als Teil einer größeren Verschwörung sehen. Der Begriff der Lügenpresse geistert seit einigen Jahren durch die Stammtische: Wer nicht dem eigenen Weltbild entspricht, der wird zum Feind erklärt.

Der Journalismus vor Ort

Dabei ist vielen gar nicht so richtig bewusst, was es überhaupt heißt, in diesem Bereich zu arbeiten. Allein deshalb schon ist der Dokumentarfilm Die letzten Reporter mehr als willkommen, der sich eben dieses Berufszweiges annimmt. Genauer erlaubt er einen Abstecher in die Lokalredaktionen von Zeitungen. Das ist der Teil des Journalismus, der gerne mal ein wenig belächelt wird. Hier geht es nicht darum, die Spitzen aus Politik oder Kultur zu interviewen oder große gesellschaftliche Visionen zu entwickeln. Stattdessen werfen die Männer und Frauen einen Blick auf das Kleine, auf die Details im Leben der Menschen. Da geht es mal um den Sportverein vor Ort. An einer anderen Stelle wird gefragt, warum die Stadt an Weihnachten eigentlich nicht mehr so schöne Beleuchtungen hat.

Das hört sich banal an, nach einer reinen Beschäftigungstherapie, für die sich eigentlich niemand interessiert. Umso schöner ist, wie ernst die Protagonisten und Protagonistinnen hier ihre Arbeit nehmen, sich auch den Menschen ihrer Umgebung gegenüber verantwortlich fühlen – gerade auch als Gegenstück zum Bild des elitären Journalisten. Das bedeutet aber nicht, dass Die letzten Reporter ein allein rosiges Bild anfertigt, weder von dem Beruf, noch denen, die diesen ausüben. So wird zwischendurch immer mal wieder deutlich, dass ein paar Alteingesessene des Printjournalismus sich wie der Vogel Strauß verhalten, wenn es um das Thema online geht. Die Hoffnung, so scheint es: Irgendwann wird dieser ganze neumodische Kram vorbei sein und die Leute werden zu ihnen zurück kommen.

Von Zumutungen und Schwierigkeiten

Dass sich die Zeiten geändert haben, zeigt sich jedoch auch in anderer Hinsicht: Es will niemand mehr diesen Beruf ausüben, zumindest nicht zu diesen Bedingungen. Die Bezahlung ist schlecht, manche Redaktion bezahlt nur noch 2000 Euro brutto. Die Arbeitszeiten sind oft eine Zumutung. Wochenenden? Die gibt es nur manchmal, schließlich muss ja jemand darüber berichten, was am Sonntag auf dem Fußballplatz los war. Damit einher gehen die bekannten Finanzierungsprobleme, wenn die Anzeigeneinnahmen im freien Fall sind. Ein wirklicher Ersatz ist nicht gefunden, auch online nicht. Die letzten Reporter zeigt eine Branche, bei der eigentlich niemand so genau weiß, wie es denn in Zukunft weitergehen soll. Und doch ist der Dokumentarfilm, der beim Filmfest Osnabrück 2020 Premiere feierte, kein direkter Abgesang. Da werden auch Wege aufgezeigt, wie sich gerade Print und Online verknüpfen ließen.

Eine gewisse Wehmut ist Regisseur Jean Boué dabei aber schon anzumerken. Sympathie sowieso: Die letzten Reporter versteht sich als Fürsprecher dieses Berufes, will die Ansprüche, Anforderungen und auch die Bedeutung des Journalismus mit Fokus Lokaljournalismus betonen. Verfehlungen, die es in diesem Bereich gibt, werden hingegen nicht angesprochen, gerade auch im Zusammenhang mit einer finanziellen Abhängigkeit. Wie unabhängig ist Journalismus heute noch? Was zeichnet ihn aus im Vergleich zu Bloggern? Und welche Anforderungen braucht er? Gerade die Passage, die davon erzählt, dass heute der Nachwuchs fehlt und Leute zu Praktika eingeladen werden, die überhaupt keine Berührungspunkte mit dem Journalismus haben, wirft zumindest Fragen auf, wer uns da eigentlich täglich Nachrichten vermittelt. Auch das wäre ein spannendes Thema gewesen. Aber selbst wenn am Ende diverse Fragen offen bleiben, ist der Film doch ein wichtiger Beitrag sowohl zu dem Beruf an sich wie auch dazu, wie wir uns innerhalb einer Gesellschaft aufstellen wollen.

Credits

OT: „Die letzten Reporter“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Jean Boué
Drehbuch: Jean Boué
Musik: Fredrik Kinbom, Hans-Jörn Brandenburg
Kamera: Anne Misselwitz

Bilder

Trailer

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„Die letzten Reporter“ zeigt anhand mehrerer Beispiele, was es heute bedeutet, im Lokaljournalismus zu arbeiten. Der Film zeigt dabei die Schwierigkeiten auf, gerade in Zeiten von Onlinedruck, betont aber auch die Wichtigkeit dieses Berufes. Dabei bleiben zwar ein paar Fragen offen. Dennoch ist die Dokumentation ein willkommener Anlass, um sich mit dieser zuletzt oft verschmähten Arbeit auseinanderzusetzen.