Elser - Er hätte die Welt verändert
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Elser – Er hätte die Welt verändert

Inhalt / Kritik

Elser DVD
„Elser – Er hätte die Welt verändert“ // Deutschland-Start: 9. April 2015 (Kino) // 22. Oktober 2015 (DVD/Blu-ray)

Am 8. November 1939 geschieht das schier unglaubliche, denn auf Adolf Hitler wird ein Attentat verübt. Zwar hat der Führer das Brauhaus, in dem seine Rede stattfand, schon längst verlassen, aber dennoch ist das Gebot der Stunde, die Drahtzieher des Anschlages so schnell es geht, festzunehmen. Insbesondere auf Arthur Nebe (Burghart Klaußner), Leiter des Reichskriminalamtes, sowie Heinrich Müller (Johann von Bülow), dem Leiter der Geheimen Staatspolizei, lastet der Druck schnell Ergebnisse zu produzieren, koste es, was es wolle. Die Erleichterung ist groß bei ihnen, als mit Georg Elser (Christian Friedel) bereits ein Täter in Gewahrsam genommen wurde, den man bei einem Fluchtversuch über die Grenze zu Schweiz ertappt hatte und bei dem sich belastendes Material befand. Nun soll in einer Serie von Verhören nicht nur der genaue Ablauf und die Planung, sondern auch die Helfer Elsers überführt werden. Parallel erzählt der Film davon, wie Elser in seine Heimat Königsbronn in Württemberg zurückkehrt, wo er seiner Familie helfen muss, den drohenden Bankrott zu verhindern und damit die Pfändung des Familienbesitzes. In der Dorfkneipe macht er Bekanntschaft mit Elsa (Katharina Schüttler), einer unglücklich verheirateten Frau, deren Mann Alkoholiker ist und sie zudem schlägt. Auch wenn das Gerede im Dorf unvermeidlich ist, beginnen die beiden eine Affäre und verlieben sich schließlich ineinander.

Geständnis eines Unpolitischen

Wenn es um das Thema des Widerstandes gegen das NS-Regime geht, fallen vielen meist die Namen der Geschwister Scholl und Ereignisse wie das Stauffenberg-Attentat ein, doch der Name des gelernten Schreiners Georg Elser fällt eher selten. Lange Zeit war die Person Elser wie auch sein knapp missglücktes Attentat auf Adolf Hitler nicht Teil der Erinnerungskultur Deutschlands, was sich im Laufe der 1990er Jahre langsam änderte. So trägt Oliver Hirschbiegels Elser – Er hätte die Welt verändert einen Teil dazu bei, dass man sich an den Widerstandskämpfer aber auch den Menschen Georg Elser erinnert, eines Unpolitischen, der sich zu einer Tat gezwungen sah, die für ihn unausweichlich erschien.

Wie in vielen anderen Historiendramen über wichtige Persönlichkeiten kennzeichnet auch Hirschbiegels Film die Unterteilung in zwei Erzählstränge. Während sich der erste vor allem auf die Verhöre Elsers durch die Gestapo und die politischen Folgen des missglückten Anschlags bezieht, zeichnet die andere das Leben der Hauptfigur nach, wie er zurück in seine Heimat kommt, wie er Else kennenlernt und wie er sich letztlich für die Planung eines Attentats entscheidet. Neben der historischen Relevanz der Person Elsers geht es also um auch um den Menschen sowie die Prinzipien, für die er einstand, nämlich in erster Linie eine Form persönlicher wie gesellschaftlicher Verantwortung, welche auf den zentralen Konflikt in der Handlung verweist, nämlich der Entscheidung für das private Glück oder die pazifistischen Werte, an die man glaubt.

Der aus Produktionen wie Das weiße Band und der Serie Babylon Berlin bekannte Christian Friedel spielt überzeugend beide Aspekte dieser Figur, die für den Zuschauer greifbar und verständlich wird, genauso wie seine Entscheidungen, selbst wenn sich deren Konsequenzen bereits abzeichnen. Es sind die Prinzipien eines „freien Menschen“, wie er sich selbst bezeichnet und im Verhör den Beamten an den Kopf wirft, und der einsieht, dass eben jene Prinzipien in Gefahr geraten sind.

Der Kontext des Anschlags und die Folgen

Ähnlich wie in Der Untergang oder Das Experiment zeigt sich Hirschbiegels Talent vor allem in der Raumdramaturgie, der Zuspitzung von Konflikten auf engstem Raume. Während das Verhör eine Konfrontation zweier Ideologien ist, widmen sich andere Szenen beispielsweise den unmittelbaren Folgen des Attentats, konzentrieren sich vor allem auf die von Burghart Klaußner und Johann von Bülow gespielten Persönlichkeiten in der Partei, an denen es nun liegt aufzuklären um jeden Preis. Das Insistieren Elsers, er habe alleine gehandelt, ist genauso inakzeptabel wie seine Weigerung überhaupt auszusagen, sieht das Regime doch eine Chance, aus dem Ereignis politisches Kapital zu schlagen und das eigene brutale Handeln zu legitimieren.

Abgesehen von der eigentlichen Planung und Durchführung des Attentats liegt hier der Reiz eines Filmes wie Elser, betont er die unmittelbare Bedeutung der Ereignisse wie auch der Person Elsers. Das Monströse und das Unmenschliche des NS-Regimes wird in keiner Szene klarer, als in der Anschuldigung, Elser sei für den Tod unschuldiger Menschen verantwortlich, während der Fragensteller seine Antwort beabsichtigt für die Verfolgung anderer zu instrumentalisieren und noch mehr Tode zu rechtfertigen.

Credits

OT: „Elser – Er hätte die Welt verändert“
Land: Deutschland
Jahr: 2015
Regie: Oliver Hirschbiegel
Drehbuch: Fred Breinersdorfer, Léonie-Claire Breinersdorfer
Musik: David Holmes
Kamera: Judith Kaufmann
Besetzung: Christian Friedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow, Felix Eitner, Simon Licht

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Deutscher Filmpreis 2015 Bester Hauptdarsteller Christian Friedel Nominierung
Bester Nebendarsteller Burghart Klaußner Nominierung
Beste Kamera Judith Kaufmann Nominierung
Bester Schnitt Alexander Dittner Nominierung
Bestes Szenenbild Benedikt Herforth, Thomas Stammer Nominierung
Bestes Kostümbild Bettina Marx Nominierung
Bestes Maskenbild Tatjana Krauskopf, Isabelle Neu Nominierung
Europäischer Filmpreis 2015 Bester Darsteller Christian Friedel Nominierung

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„Elser – Er hätte die Welt verändert“ ist ein dramaturgisch dichtes und gut gespieltes Historiendrama. Mögen auch Aspekte des Films berechenbar sein, so überzeugt Oliver Hirschbiegels Film nicht zuletzt wegen der Thematisierung der Stellung des Attentats und der Inszenierung der Verhöre, wobei sich abzeichnet, wie ein System ein Ereignis benutzt, um das eigene brutal-repressive Vorgehen zu rechtfertigen.
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von 10