Trumpet
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Trumpet

Kritik

Selbst für einen Muttersprachler ist die eigene Sprache ein oftmals gefährliches Terrain. Nicht nur wegen sprachlicher Regeln, sondern vor allem wegen der unterschiedlichen Nuancen, Dialekte und Betonungen kann es immer wieder zu Missverständnissen kommen. Hinzu kommt, dass jede Sprache für sich gewisse Aspekte in sich trägt, die bei genauem Hinsehen irritieren. Das fällt speziell dann auf, wenn man die Sprache lernt oder sich mit einem Sprecher dieser unterhält. Immer wieder gab es den Traum einer Universalsprache oder Bestrebungen ein Kommunikationssystem zu vereinfachen, doch auch, wenn die Bemühungen durchaus löblich waren und viel gebracht haben, wurde das eigentliche Zeil nie wirklich erreicht.

Doch vielleicht liegt die Lösung für dieses Problem sehr nahe und es fehlt unserem Verständnis für Sprache an sich nur eine gewisse Offenheit. Kann ein Satz missverstanden werden, so ist das Verständnis von Kunst, Musik oder Schauspiel doch universell, auch wenn die kulturelle Ausprägung oder die verstandene Nachricht bisweilen variiert. In seinem Kurzfilm Trumpet, der auf dem diesjährigen Filmfestival Max Ophüls gezeigt wird und im letzten Jahr auf der Shortlist für die BAFTA Student Film Awards stand, erzählt der Schweizer Regisseur Kevin Haefelin von einem Erlebnis, bei dem Musik tatsächlich die Möglichkeit bieten kann, aneinander zu verstehen. Dabei geht es um den japanischen Jazz-Trompeter Chioki (Mao Sone), der nach New York City reist, um einmal in der Geburtsstätte des Jazz zu spielen. Doch nach einer langen Taxifahrt in die Stadt, verirrt er sich in Brooklyn und versucht sich ohne Geld und Handy – beides hat er im Taxi vergessen – durchzuschlagen.

Verloren in Brooklyn

Bereits nach wenigen Minuten führt Haefelin in das zentrale Thema seines Filmes ein, nämlich die Kommunikation über Musik sowie die Wichtigkeit von Anpassung sowie Improvisation, wie man es aus der Jazzmusik kennt. Trotz Gerät zum Übersetzen gelingt kein Gespräch zwischen Chioki und dem redseligen Taxifahrer, der ebenso zu kämpfen hat mit dem Japanisch seines Gegenüber wie dieser mit seinem englischen Redeschwall. Verzweifelt bittet er darum, dass er langsamer sprechen solle, aber auch dies funktioniert nicht, bis das Gespräch sich schließlich dem Grund von Chiokis Reise nähert, der Fahrer die Musik im Auto aufdreht und die beiden, wenn auch in ihren jeweils eigenen Sprachen, sich über Jazz unterhalten. Eine Fotografie von Miles Davis lockert die Atmosphäre weiter, bis sich der Trompeter in Brooklyn wiederfindet und sich einer noch viel größeren Herausforderung stellen muss.

Mit einem großen Gespür für Situationskomik, aber auch für das Lokalkolorit des Handlungsortes erzählt der Film eigentlich durchaus von der Begegnung Chiokis mit dem „New York Jazz“, nur ist dieser andere als er es sich vorgestellt hat. Eine Kette von Missverständnissen fügt sich aneinander, mündet aber nicht immer in Katastrophen, scheint Chioki, gespielt von Schauspieler und Musiker Mao Sonne, doch vor allem eine Talent für Improvisation zu haben, welches er nun in der Praxis, außerhalb der eigenen Musik, anwenden kann. So wird Trumpet zu einem Film über die Kraft der Musik, der Verbindung von Musik und Leben, und wie diese Grenzen, nicht nur die der Sprache überwindet.

Credits

OT: „Trumpet“
Land: Schweiz
Jahr: 2020
Regie: Kevin Haefelin
Drehbuch: Kevin Haefelin
Musik: Mao Sone
Kamera: Leandro Monti
Besetzung: Mao Sone, Didier Flamand, Gerardo Garcia, Dwayne R. Grant

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„Trumpet“ ist ein unterhaltsamer Kurzfilm über Musik und Sprache. Mit großem Gefühl für den Handlungsort sowie die Komik der Geschichte schafft Kevin Haefelin ein kleines Wunder von einem Film, der bisweilen an die Independent-Produktionen eines Jim Jarmusch erinnert, der ebenfalls eine große Liebe zur Musik wie auch der Stadt und den Menschen New Yorks hat.
7
von 10